Qiagen: Aktie bisher kaum vom 20-Prozent-Absturz erholt – Kann das Biotech-Unternehmen seine Probleme überhaupt noch alleine lösen?

onvista · Uhr

Der Absturz von über 20 Prozent, der vor gut einer Woche die Qiagen-Aktie erschüttert hat, steckt dem Biotech-Unternehmen immer noch in den Knochen. Von knapp 30 Euro auf unter 23 Euro ging es runter für die Aktie, nachdem eine Reihe von schlechten Nachrichten die Anleger vergrault hatte. Seitdem konnte der Kurs sich zwar wieder zu einer aufwärtsgerichteten Bewegung aufraffen, die Verluste sind aber noch lange nicht wieder eingeholt.

Nach dem Schock, der bei der Verkündung der vorläufigen Quartalszahlen eingetreten ist, werden mittlerweile immer mehr Zweifel laut, ob Qiagen die lange angekündigten Wachstumsziele jemals wirklich wird erfüllen können, oder ob vielleicht nicht sogar eine Übernahme durch einen Konkurrenten die Lösung sein könnte.

Wo brennt es bei Qiagen?

Weniger Wachstum als angepeilt: Sorgen bereitet Qiagen derzeit vor allem das China-Geschäft. Dieses habe sich über eine bereits aufgekündigte Partnerschaft in dem Land hinaus schlechter entwickelt als erwartet. Das ist auch ein Grund dafür, dass das Umsatzwachstum währungsbereinigt vorläufigen Schätzungen zufolge rund 3 Prozent betragen hat, anstelle der avisierten 4 bis 5 Prozent. Ohne das China-Geschäft hätte Qiagen ein Wachstum von währungsbereinigt etwa 6 Prozent erreicht, hieß es. Bereits bei der Vorlage der Zahlen zum zweiten Quartal hatte der Konzern im Zusammenhang mit der aufgekündigten China-Partnerschaft die Ziele für das Gesamtjahr gesenkt.

Restrukturierung: Um Ressourcen freizusetzen und Kosten zu sparen, will Qiagen die Fertigung von einer globalen auf eine regionale Struktur umstellen und die Aufgabenbereiche der Qiagen Business Services Centers in Wroclaw (Polen) und Manila (Philippinen) ausbauen. Die Initiativen sollen zum Jahresende abgeschlossen sein.

Neue Technologieausrichtung: Dazu kündigte Qiagen eine neue Ausrichtung bei ihrer DNA-Sequenzierungstechnologie (Next Generation Sequencing, kurz NGS) an. Diese steht im Zusammenhang mit der neuen strategischen Partnerschaft mit dem US-Konzern Illumina in dem Bereich. Die Entwicklungsaktivitäten bei NGS sollen nun ganz auf diese Partnerschaft konzentriert werden, erklärte Qiagen. Der Konzern werde weiterhin bestehende Kunden seines Komplettlösungssystems GeneReader NGS unterstützen. Das Unternehmen werde jedoch die laufenden Aktivitäten zur Entwicklung von NGS-bezogenen Instrumenten aussetzen.

Vakuum in der Chef-Etage: Qiagen kündigte ebenfalls den Rücktritt von Konzernchef Schatz an. Gründe wurden nicht genannt. Schatz werde weiter als Berater des Aufsichtsrat zur Verfügung stehen, hieß es. Bis ein Nachfolger gefunden ist, soll Thierry Bernard, derzeit verantwortlich für die Molekulardiagnostik, den Konzern übergangsweise leiten. Schatz war der Hauptantreiber der Expansionsstrategie des Konzerns.

Kosten: Qiagen sieht den Restrukturierungsaufwand für all diese Maßnahmen bei etwa 260 bis 265 Millionen Dollar vor Steuern, die überwiegend im dritten Quartal verbucht werden sollen. Aufgrund dessen könnten am Ende sogar rote Zahlen stehen. Dabei könnte es auch zu einem Stellenabbau kommen. Über eine mögliche Höhe ist nichts bekannt, jedoch erklärte das Unternehmen, dass ein solcher sozialverträglich ablaufen werde.

Das sagen die Analysten

Die US-Bank JPMorgan hat Qiagen nach vorläufigen Zahlen für das dritte Quartal und dem Rücktritt des Vorstandschefs von „Neutral“ auf „Underweight“ abgestuft. Die vom Gendiagnostik- und Biotech-Unternehmen präsentierten Kennziffern seien enttäuschend, schrieb Analyst Tycho Peterson. Der Weggang des Konzernchefs komme überraschend und sorge kurz- und mittelfristig für mehr Unsicherheit. Die schwache Entwicklung in China werfe die Frage auf, in welcher Verfassung sich der Markt im Reich der Mitte befinde. Qiagen komme aus eigener Kraft langsamer voran als gedacht und die Bewertung liefere kaum Unterstützung, begründete der Experte die Abstufung.

Die Commerzbank hatte Qiagen zunächst auf „Hold“ belassen. Der angekündigte Deal mit Illumina sei positiv, schrieb Analyst Daniel Wendorff. Eine weniger angenehme Überraschung sei allerdings die in diesem Jahr nun schon zweite Umsatzwarnung des Biotech- und Gendiagnostik-Unternehmens wegen einer schwachen Nachfrage in China gewesen. Wendorff glaubt, dass Qiagen Ende Oktober mit den Zahlen für das dritte Quartal nun auch die Gesamtjahresziele anpassen wird. Der sofortige Rücktritt von Konzernchef Peer Schatz markiere das Ende einer Ära. Wendorff kündigte an, sein Bewertungsmodell zu überarbeiten.

Das „Handelsblatt“ berichtet zudem, dass sich die Spekulationen mehren, dass Qiagen aufgrund der anhaltenden Schwierigkeiten zu einem Übernahmekandidaten werden könnte. Als potenzieller Interessent wird das US-Unternehmen Thermo Fisher genannt, das mit einer Übernahme seine Position im Diagnostikgeschäft stärken könnte, sowie  mit seinem großen Sortiment an Instrumenten und Reagenzien im Forschungsbereich ein ähnliches Kundschafts-Segment hat wie Qiagen.

onvista-Redaktion/dpa-AFX

Titelfoto:CA-SSIS / Shutterstock.com

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