ROUNDUP: Austauschprogramm mit Wirtschaft soll Schwung in Ministerien bringen
BERLIN (dpa-AFX) - Ein neues Austauschprogramm mit der Privatwirtschaft soll helfen, Abläufe in Bundesministerien zu verbessern. Der erste Jahrgang mit zehn Nachwuchsführungskräften hat Anfang Juni mit der Arbeit begonnen, wie die Initiative Work4Germany (übersetzt: Arbeite für Deutschland) am Montag mitteilte. Schirmherr ist Kanzleramtschef Helge Braun (CDU). Für die Dauer ihrer Mitarbeit werden die Teilnehmer von Work4Germany bezahlt. Die Initiative wiederum wird vom Bundesinnenministerium getragen.
In den Ministerien sollen die Teilnehmer in interdisziplinären Teams Projekte vorantreiben. "Die Arbeitsweisen in innovativen Unternehmen einerseits und traditionellen, hierarchischen Organisationen wie der öffentlichen Verwaltung andererseits gehen derzeit stark auseinander", erklärte Geschäftsführerin Christina Lang. "Wir sind der Meinung: Beide Welten können viel voneinander lernen."
Insgesamt 123 Bewerberinnen und Bewerber hatten sich um eine Teilnahme bemüht. Die Zuteilung der erfolgreichen Kandidaten nahm eine Jury unter anderem aus Wissenschaftlern, Verwaltungsfachleuten und Wirtschaftsvertretern vor. "Dabei wird darauf geachtet, dass jemand nicht bei einem Ministerium oder einer Behörde aus der eigenen Branche arbeitet. Jemand aus der Pharmaindustrie würde also nicht im Gesundheitsministerium eingesetzt", sagte Lang der Deutschen Presse-Agentur. "Sowohl die Ministerien als auch die Unternehmen prüfen zusätzlich auch selbst, ob es Interessenkonflikte geben könnte. Die Kriterien wurden in Abstimmung mit den Ministerien und angelehnt an Kriterien von Lobby Control entwickelt."
Teilnehmer am Pilotjahrgang sind das Auswärtige Amt sowie die Ministerien für Inneres, Umwelt, Wirtschaft, Verkehr, Gesundheit, Familie, Bildung und Arbeit. Es gehe um übertragbare Fertigkeiten, sagte Lang. "Im Auswahlprozess haben sich Leute durchgesetzt, die in ihrem Arbeitsleben Veränderungsprozesse begleitet und verkrustete Strukturen aufgebrochen haben."
So soll im kommenden halben Jahr beispielsweise eine Mitarbeiterin von SAP beim Aufbau des Bundesamts für auswärtige Angelegenheiten mithelfen, das die Visavergabe effizienter gestalten soll. Im Verkehrsministerium soll eine Datenspezialistin ein Projekt zu digitalen Verkehrsdaten entwickeln helfen. Im Gesundheitsministerium soll eine Digitalexpertin vom Deutschen Roten Kreuz bei der Umstellung von Verwaltungsvorgängen auf elektronische Varianten helfen. Einen Interessenkonflikt sieht die Initiative darin nicht, weil die Teilnehmerin nicht Gesundheitspolitik mit entwickeln sondern an Prozessen und Strukturen arbeiten soll.
Work4Germany ist aus der ursprünglich studentischen Initiative Tech4Germany (ungefähr: Technologie für Deutschland) hervorgegangen, das Lang mit gegründet hat. Das Programm vermittelt seit 2018 Digitalexperten für drei Monate an Bundesministerien und ist mittlerweile in der dritten Runde. Den Beteiligten sei klar geworden, dass es auch einen Bedarf gebe, "die Arbeitsmethodik der Ministerien neu zu denken", sagte Lang. "So ist Work4Germany entstanden." Für das laufende Jahr sind für beide Initiativen zusammen Kosten von 1,7 Millionen Euro veranschlagt./hrz/DP/zb