ROUNDUP: Deutschland stellt der EU mehr Geld in Aussicht

dpa-AFX · Uhr

BRÜSSEL/BERLIN (dpa-AFX) - Deutschland sieht sich in besonderer Verantwortung bei der Überwindung der Corona-Krise und stellt der Europäischen Union mehr Geld in Aussicht. Dies machten Außenminister Heiko Maas und Europa-Staatsminister Michael Roth am Mittwoch deutlich. Die 27 EU-Länder sind allerdings im Streit über gemeinsame Schulden so weit auseinander, dass vom EU-Gipfel am Donnerstag noch keine Lösung erwartet wird. Ratschef Charles Michel schlug vor, zunächst ein Konsensmodell für eine gemeinsame Antwort auf die Wirtschaftskrise ausarbeiten zu lassen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und die übrigen Staats- und Regierungschefs beraten am Donnerstagnachmittag (15.00 Uhr) schon zum vierten Mal seit Ausbruch der Covid-19-Pandemie. Es wird erwartet, dass sie ein von den Finanzministern ausgehandeltes Hilfspaket im Umfang von 540 Milliarden Euro zur Unterstützung von Arbeitsplätzen, Firmen und verschuldeten Staaten billigen. Umstritten ist indes der Plan für einen sogenannten Recovery Fund, einen Fonds zur Finanzierung der wirtschaftlichen Erholung nach der Krise. Knackpunkt ist die gemeinsame Aufnahme von Schulden über Corona-Bonds oder andere Anleihe-Formen.

Eine Lösung werde nicht binnen zwei Tagen zu finden sein, sagte ein EU-Vertreter mit Einblick in die Verhandlungen. "Das wird seine Zeit brauchen." Zu hoffen sei auf Fortschritte bis Juni oder Juli. Dass es einen Wiederaufbaufonds in Verbindung mit dem nächsten mehrjährigen EU-Budget geben soll, sei Konsens im Kreis der 27 Länder. Doch gingen die Vorstellungen über die Ausgestaltung weit auseinander. Das betrifft auch die Summe. Im Gespräch sind bis zu 1,5 Billionen Euro.

Außenminister Maas sagte der Deutschen Presse-Agentur, Solidarität gehöre zum Wertefundament der EU. "Aber als exportorientierte Volkswirtschaft ist Solidarität auch in unserem eigenen Interesse: Wenn weite Teile der EU tief in der Krise stecken - wer kauft dann unsere Produkte?"

Sein für Europa zuständiger Staatsminister Roth stellte klar, dass dies zusätzliche Zahlungen für Deutschland an die Gemeinschaft bedeute. In den Verhandlungen über den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen sei Deutschland bereit, "deutlich mehr Finanzmittel zur Verfügung zu stellen".

Über sogenannte Corona-Bonds war zuletzt erbittert gestritten worden. Italien, Spanien und Frankreich fordern eine gemeinsame Schuldenaufnahme für den Wiederaufbau. Deutschland, die Niederlande und andere Staaten lehnen jedoch eine gemeinsame Haftung ab. Inzwischen gibt es mehrere Kompromissvorschläge unter anderem von Frankreich und Spanien. Auch die EU-Kommission hat ein Modell erarbeitet, das auf eine Begrenzung der gemeinsamen Haftung abzielt.

Erwogen wird demnach, dass die Kommission mit Hilfe von Garantien aus dem EU-Budget selbst über Anleihen Geld am Kapitalmarkt leiht, um die wirtschaftliche Erholung in den am stärksten von der Pandemie getroffenen Staaten zu unterstützen. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen will den Plan beim Videogipfel am Donnerstag vorstellen. Vorab sagte ein EU-Vertreter allerdings, auch die Ideen der Kommission hätten nicht die Unterstützung aller EU-Länder.

Der Grünen-Finanzexperte Sven Giegold, ein erklärter Befürworter von Coronabonds, begrüßte die Ideen der EU-Kommission als "interessanten Ausweg aus den Blockaden". Entscheidend sei dabei, dass das Geld nicht nur über Kredite ausgegeben werde, sondern auch über direkte Zuschüsse. Auch das trifft aber bei einigen EU-Staaten auf Widerstand.

EU-Vertreter betonten den guten Willen zur Kompromisssuche. Die Atmosphäre sei konstruktiv. Zuvor hatten der französische Präsident Emmanuel Macron und andere Politiker den Streit über die Antwort auf die Krise zur Schicksalsfrage für die EU erklärt.

Papst Franziskus betete am Mittwoch für den Zusammenhalt der Gemeinschaft. Er wünsche, "dass es Europa schafft, diese geschwisterliche Einheit zu erreichen, von der die Gründerväter der Europäischen Union geträumt haben"./vsr/DP/jha

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