Scholz: EU ist gut gewappnet für „harten“ Brexit – „erhebliche Konsequenzen“ für britische Volkswirtschaft

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Nachdem die 8. Verhandlungsrunde zwischen Großbritannien und der EU mal wieder Ergebnislos verstrichen ist, rasseln jetzt beide Seiten erneut kräftig mit dem Säbel. In einem Gastbeitrag bei der britischen Zeitung „Telegraph“ erhebt Johnson schwere Vorwürfe gegen den Verhandlungspartener: Die EU plane, eine „Lebensmittel-Blockade“ zwischen Nordirland und dem Rest von Großbritannien zu errichten.

Die Europäische Union könnte aus Sicht von Bundesfinanzminister Olaf Scholz ein Scheitern der Brexit-Handelsgespräche mit Großbritannien gut verkraften. Darauf sei Europa „präzise und sorgfältig vorbereitet“, sagte der SPD-Politiker am Samstag in Berlin.

„Meine Einschätzung ist: Eine ungeregelte Situation würde sehr erhebliche Konsequenzen für die britische Volkswirtschaft haben“, fügte Scholz hinzu. „Europa wäre in der Lage, damit umzugehen. Und es wären auch keine besonders schweren Konsequenzen, nach den Vorbereitungen, die wir ja schon mal gemacht hatten.“

EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni hatte sich zuvor ähnlich geäußert. Mit Blick auf seine Zuständigkeit für die Zollunion sagte Gentiloni: „Wir sind vorbereitet, auch mit einem außergewöhnlich negativen Ergebnis dieser Diskussion umzugehen.“

Die EU arbeite weiter an einer Einigung mit London, sagte Gentiloni. Doch zerrinne die Zeit. Es bleibe nur ein Monat für einen Vertrag, der noch praktisch umzusetzen sei. Über die jüngste Entwicklung sei man sehr besorgt. Es sei nun an Großbritannien, das Vertrauen der EU wieder herzustellen.

Hintergrund sind Pläne der britischen Regierung, das bereits gültige EU-Austrittsabkommen mit einem britischen Gesetz zu ändern. Die EU sieht dies als Vertrauensbruch, pocht auf Vertragstreue und verlangt einen Stopp der Pläne bis 30. September. Das hat London bereits abgelehnt.

Auch die Fraktionsspitzen des Europaparlaments äußerten sich am Freitagabend sehr besorgt und betonten in einer Erklärung: „Sollten die britischen Behörden das Austrittsabkommen durch das britische Binnenmarktgesetz verletzen oder drohen, es zu verletzen, ob nun in jetziger Form oder anderer Form, wird das Europaparlament eine Vereinbarung zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich unter keinen Umständen ratifizieren.“

Diese Woche hatten beide Seiten bereits zum achten Mal über einen Handelsvertrag verhandelt, jedoch wieder ohne greifbare Ergebnisse. Er soll die wirtschaftlichen Beziehungen ab 2021 regeln. Dann endet die Brexit-Übergangsfrist, in der Großbritannien noch zu Binnenmarkt und Zollunion gehört. Ohne Vertrag drohen Zölle und große Handelshemmnisse.

Redaktion onvista / dpa-AFX

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