Siemens-Aktie: Dax-Schwergewicht enttäuscht mit sinkenden Gewinnen – Fokus für 2019 auf Digitalisierung

onvista · Uhr

Siemens ist eher durchwachsen ins neue Geschäftsjahr gestartet und hat die Anleger am Mittwoch mit seinen Quartalszahlen enttäuscht. Starken Auftragseingängen standen im ersten Quartal sinkende Gewinne gegenüber. Anhaltende Ergebnisrückgänge im Kraftwerksgeschäft belasteten dabei ebenso wie sinkende Gewinne im Energiemanagement.

Der Kurs der Aktie gereit am Mittwoch nach der Veröffentlichung der Zahlen um gut 2 Prozent ins Minus und rutschte auf einen Wert von 98,44 Euro ab.

In den zurückliegenden zwölf Monaten hat der Siemens-Kurs fast doppelt so viel verloren wie der europäischen Industriesektor. Nach starken Kursverlusten von Anfang August bis Ende Dezember hatten sich die Papiere im neuen Jahr oberhalb von 95 Euro stabilisiert. Im August hatten schwache Quartalsergebnisse den Kurs belastet, Anfang Oktober hatten immer mehr negative Kommentare von Analysten den Abwärtsdruck noch verschärft.

Seit Sommer 2018 hat das Siemens-Wertpapier beständig an Wert verloren.

Durchwachsene Werte im Industriegeschäft

Siemens-Chef Joe Kaeser sprach von einem „gemischten Bild“, das Siemens im ersten Quartal abgegeben habe. Das bereinigte operative Ergebnis (Ebita) im Industriegeschäft sank in den drei Monaten per Ende Dezember im Jahresvergleich um 6 Prozent auf knapp 2,1 Milliarden Euro, wie das Unternehmen am Mittwoch in München mitteilte. Dies war etwas weniger als Analysten erwartet hatten. Auch Kaeser räumte ein, das Ergebnis sei „eher am unteren Rand unserer Planungen“ ausgefallen.

Das schwächelnde Kraftwerksgeschäft leidet weiter unter sinkenden Gewinnen, die Marge verschlechterte sich nochmals deutlich und liegt mit 4,2 Prozent weit unter dem Zielkorridor von 11 bis 15 Prozent. Dennoch konnten wieder mehr Aufträge eingeworben werden. Siemens will mit Einsparungen und einem breiten Stellenabbau auf den weiter durch Überkapazitäten und Preisdruck geprägten Markt reagieren.

Margen-Entwicklung deutlich unter den Markt-Erwartungen

Am Markt haben Analysten mit einer Marge rund 6,5 Prozent gerechnet. Der Grund hierfür könnte in der Umsetzung von Projekten bei der Steuerung von Stromnetzen liegen, vermutete Mittermaier. Auch ein ungünstiger Produktmix in dieser Sparte könne belastet haben.

„Alle Segmente bis auf eines weisen niedrigere Margen aus als vor einem Jahr“, sagte Analyst Gael de-Bray von der Deutschen Bank. Nur die Sparte Prozessindustrie & Antriebe sei profitabler gewesen als erwartet, und das gleich deutlich: Der Markterwartung einer bereinigten Marge von 7,3 Prozent stehe ein Wert von 10 Prozent gegenüber. Doch das habe die mangelnde Profitabilität im Energie-Management nicht ausgleichen können, wo der bereinigte Gewinn um 44 Prozent unter der Marktprognose liege.

Zugsparte als Lichtblick

Ein Lichtblick für Siemens war das Neugeschäft. Vor allem dank einer starken Entwicklung in der Zugsparte stiegen die Auftragseingänge um 12 Prozent auf fast 25,2 Milliarden Euro – deutlich mehr, als Analysten erwartet hatten. Mit dem Auftragswachstum sieht sich der Siemens-Chef auch für einen möglichen wirtschaftlichen Abschwung gerüstet. Die Jahresprognose bekräftigte Siemens.

In der Schwebe steht noch die Fusion des Zuggeschäfts mit dem französischen Alstom-Konzern. Die Teams hätten ein „sehr ausgewogenes Konzept“ vorgelegt, hieß es. Nun müssten die Wettbewerbsbehörden entscheiden. Es sei für alle Beteiligten gut, wenn die Fusion gelänge. „Wir werden sie aber nicht um jeden Preis suchen“, sagte Kaeser. Die eigene Zugsparte sei wettbewerbsfähig. Und Siemens habe Optionen. Wie diese aussehen, sagte er nicht. Laut Unternehmenskreisen erwägt der Konzern, die bereits ausgegliederte Siemens Mobility dann allein an die Börse zu bringen.

Vorstand Roland busch sieht Fusions-Zustimmung als unwahrscheinlich an

Die EU-Kommission steht der geplanten Fusion äußerst kritisch gegenüber. Siemens und Alstom hatten Ende vergangener Woche ihre Zugeständnisse nochmals angepasst, um ihr Vorhaben doch noch durchzubringen. Inhaltlich gab es jedoch keine neuen Zusagen. Allerdings verlautete aus Brüsseler Kreisen, dass dies der Wettbewerbsbehörde wohl nicht ausreicht.

Die Wirtschaftsminister Deutschlands und Frankreichs, Peter Altmaier und Bruno Le Maire, hatten sich für die Fusion stark gemacht. Die EU-Entscheidung soll bis 18. Februar fallen. Kaeser erklärte, Siemens habe „Optionen“ für die Zug-Sparte. Ein neuer Anlauf, die neue Kommission nach der Europawahl zu überzeugen, sei „unwahrscheinlich“, sagte der für die Sparte zuständige Siemens-Vorstand Roland Busch. Das Wettbewerbsrecht ändere sich dadurch nicht.

Nettogewinn halbiert

Unter dem Strich verdiente Siemens deutlich weniger. Netto verblieben gut eine Milliarde Euro und damit die Hälfte weniger als ein Jahr zuvor. Allerdings hatten die Münchner im Vorjahr von Sondergewinnen aus dem Verkauf der restlichen Osram -Anteile sowie von einem Sonderertrag im Zusammenhang mit der US-Steuerreform profitiert.

Fokus für 2019 liegt auf der Neuaufstellung – Schwerpunkt Digitalisierung

Ansonsten stand das erste Quartal im Zeichen der Neuaufstellung. Hier liege man zeitlich etwas vor den Planungen, so Kaeser. Der Vorstandschef will Geschäfte zusammenlegen und sich künftig auf drei operative Bereiche mit Schwerpunkt auf die Digitalisierung konzentrieren. So soll mittelfristig das Wachstum angekurbelt und die Profitabilität weiter gesteigert werden. Den einzelnen Geschäften soll künftig ebenfalls mehr unternehmerische Freiheit unter der Marke Siemens gegeben werden. Zum 1. April soll die neue Struktur starten.

(ama/dpa-AFX/rtr)

DAS WICHTIGSTE DER BÖRSENWOCHE – IMMER FREITAGS PER E-MAIL

Zum Wochenende die Top Nachrichten und Analysen der Börsenwoche!

Hier anmelden >>

Titelfoto: AR Pictures / Shutterstock.com

Meistgelesene Artikel