Thyssenkrupp: Quartalszahlen zeigen die düstere Lage ungeschönt – Umbaupläne und Aufzugsparten-IPO geben Anlegern aber Hoffnung

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Der Industriekonzern Thyssenkrupp treibt seinen Umbau voran, mit dem der Konzern profitabler und wettbewerbsfähiger werden will. Dabei stellen die Essener weitere Geschäfte auf den Prüfstand, die derzeit Geld verbrennen. Beim geplanten Börsengang für die Aufzugssparte fährt das Management um Konzernchef Guido Kerkhoff zweigleisig und prüft auch Kaufangebote von möglichen Interessenten. Nach einem schwachen dritten Quartal senkte der kriselnde Konzern zudem seine Prognose für das laufende Geschäftsjahr.

Es soll kein Geld mehr verbrannt werden

Die Steigerung der Leistungsfähigkeit habe für Thyssenkrupp oberste Priorität, erklärte das Unternehmen am Donnerstag bei der Vorlage des Quartalsberichts in Essen. „Dass Geschäfte ohne klare Perspektive dauerhaft Geld verbrennen und damit Wert vernichten, den andere Bereiche erwirtschaftet haben, wird es jedenfalls in Zukunft nicht mehr geben“, betonte Kerkhoff. Zur Disposition stellte der Konzern das Geschäft mit Federn und Stabilisatoren für die Automobilindustrie sowie mit Grobblechen. Ebenfalls auf der Liste steht der Bau von Produktionsanlagen für die Automobilindustrie. Die drei Bereiche stünden für vier Prozent des Konzernumsatzes, aber für ein Viertel des im laufenden Geschäftsjahr zu erwartenden Kapitalabflusses.

Für die Geschäfte soll nun ein Sanierungskonzept erstellt werden. Sollte eine Restrukturierung nicht gelingen oder möglich sein, würden andere strategische Optionen geprüft. „Für eine Weiterentwicklung sehen wir durchaus Chancen, aber nicht notwendigerweise unter dem Dach von Thyssenkrupp“, so Kerkhoff.

Gleichzeitig treibt das Management die Restrukturierung voran – die Zentrale soll verschlankt werden, Kosten gesenkt und die übrigen Geschäfte mehr Freiraum erhalten. Für die Automotive-Geschäfte sei dabei Größe entscheidend, wenn es um die Transformation in Richtung E-Mobilität und autonomes Fahren gehe. Im Anlagenbau stelle sich angesichts des zunehmenden Wettbewerbsdrucks vor allem aus Asien die Frage, ob sich die Geschäfte durch Partnerschaften oder Zusammenschlüsse besser entwickeln können. Kerkhoff hatte bereits zu einem früheren Zeitpunkt signalisiert, in den beiden Bereichen nicht unbedingt die Mehrheit behalten zu müssen. In den Materialgeschäften sieht der Konzern weiter Konsolidierungsoptionen.

IPO-Vorbereitungen laufen nach Plan

Ein wichtiger Baustein ist zudem ein Börsengang der Aufzugsparte, des wertvollsten Teils von Thyssenkrupp. Die Vorbereitungen liefen nach Plan. Je nach Marktlage strebe Thyssenkrupp eine Börsennotierung im Laufe des kommenden Geschäftsjahres 2019/20 an. Gleichzeitig prüfe der Konzern aber auch „die vorliegenden Interessensbekundungen potenzieller Interessenten“, erklärte Kerkhoff. Nach der Sparte sollen früheren Medienberichten zufolge sowohl Konkurrenten als auch Finanzinvestoren ihre Fühler ausgestreckt haben.

Preisdruck im Stahlgeschäft belastet Thyssenkrupp

Probleme bereitet Thyssenkrupp derzeit das Stahlgeschäft. Dieses schnitt im dritten Quartal besonders schwach ab und leidet unter Überkapazitäten, Preisdruck und hohen Rohstoffkosten. Nachdem die Fusion mit dem europäischen Geschäft von Tata Steel geplatzt ist, arbeitet das Management an einem Restrukturierungsplan, der auch den Abbau von 2000 Stellen vorsieht. Insgesamt will Thyssenkrupp im Zuge des Umbaus 6000 Stellen streichen. Details zum neuen Stahlkonzept, dem Stellenabbau sowie den Ergebnissen aus der Überprüfung der zur Disposition stehenden Bereiche will Thyssenkrupp bis Ende des Kalenderjahres veröffentlichen.

Prognose deutlich gesenkt

Nach einem schwachen dritten Quartal und schlechter Geschäfte im Stahl senkte Thyssenkrupp die Prognose für das Geschäftsjahr 2018/19 deutlich. Das Unternehmen erwartet für das am 30. September endende Geschäftsjahr nunmehr ein bereinigtes operatives Ergebnis von rund 800 Millionen Euro, wie Thyssenkrupp weiter mitteilte. Zuvor war der Konzern von 1,1 bis 1,2 Milliarden Euro ausgegangen.

Zudem geht Thyssenkrupp nun von einem höheren freien Kapitalabfluss (negativer freier Cashflow) vor Zu- und Verkäufen aus. Bei dieser von Analysten stark beachteten Kennziffer erwartet das Unternehmen nun einen Abfluss von mehr als einer Milliarde Euro. Zuvor wurde ein negativer freier Cashflow im hohen dreistelligen Millionen-Euro-Bereich prognostiziert. Unter dem Strich dürfte Thyssenkrupp rote Zahlen schreiben, bekräftigte der Konzern frühere Aussagen. Die Mittelfristprognose wurde bestätigt.

Unterm Strich steht ein Minus von fast 100 Millionen Euro

„Mit der Geschäftsentwicklung in den ersten 9 Monaten können wir insgesamt nicht zufrieden sein“, kommentierte Kerkhoff. Im dritten Quartal brach das bereinigte Ebit (Gewinn vor Steuern und Zinsen) um fast ein Drittel auf 226 Millionen Euro ein. Das lag in etwa im Rahmen der Erwartungen der Analysten, die mit 229,5 Millionen gerechnet hatten. Für den Rückgang waren maßgeblich das Stahlgeschäft und der Stahlhandel verantwortlich. Der Stahlbereich litt unter einer schwächeren Nachfrage als Folge der sich abschwächenden Konjunktur, niedrigeren Preisen sowie hohen Rohstoffkosten insbesondere für Eisenerz. Deutliche Rückgänge gab es auch im Komponentengeschäft, das unter der schwachen Automobilindustrie litt.

Getragen wurde das Ebit vom Aufzugsgeschäft, in dem Thyssenkrupp mit bereinigt 239 Millionen Euro mehr verdiente als der ganze Konzern zusammengenommen. Das Anlagengeschäft konnte seine Verluste dagegen fast halbieren, das im Vorjahr ebenfalls rote Zahlen schreibende Marinegeschäft erreichte eine schwarze Null.

Unter dem Strich musste Thyssenkrupp einen Fehlbetrag von 94 Millionen Euro hinnehmen, was jedoch eine Verbesserung von knapp 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum darstellte. Der Umsatz stagnierte bei 10,8 Milliarden Euro.

Aktie steigt

Von den Aktionären wurden die forcierten Umbaupläne und der Hoffnungsschimmer durch die nach Plan laufende IPO-Vorbereitung honoriert. Das Papier konnte in den ersten Handelsstunden um 2,7 Prozent steigen, auf einen Wert von derzeit 10,79 Euro.


Im Langzeit-Chart sieht es für die Aktie nicht gut aus


Goldman-Sachs-Analyst Eugene King wertete das Zahlenwerk des Unternehmens in einer ersten Reaktion als negativ. Sein Kollege Christian Obst von der Baader Bank kritisierte den verdüsterten Ausblick der Essener. Zudem werfe der geplante Umbau weitere Fragen zur künftigen Konzernstruktur auf. Mit dem geplanten Börsengang scheine Thyssenkrupp aber auf gutem Weg zu sein, so Obst.

(onvista/dpa-AFX)

Titelfoto: ricochet64 / Shutterstock.com

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