Türkei: Bis Mitte 2019 werden 153 Milliarden Euro fällig
Es ist zwar ruhiger um die Türkei-Krise geworden, aber die Sorgen bleiben immer noch groß. Bis Mitte nächsten Jahres werden am Bosporus umgerechnet rund 153 Milliarden Euro an Auslandsschulden fällig.
Das entspricht fast einem Viertel der jährlichen Wirtschaftsleistung des Landes. Wie die Analysten der US-Investmentbank J.P. Morgan in einer Studie ausführten. Dabei entfällt der Großteil der Summe auf den Privatsektor – insbesondere auf Banken. Nur umgerechnet 3,7 Milliarden Euro seien Schulden von öffentlichen Stellen.
„Der Finanzierungsbedarf in den nächsten Monaten ist groß und der Zugang zu den Märkten ist problematisch geworden“, warnten die Experten. Umgerechnet rund 27 Milliarden Euro müssen nach Berechnungen von J.P. Morgan bereits bis zum Ende dieses Jahres zurückgezahlt werden. Bei Verbindlichkeiten von etwa 93 Milliarden Euro, die bis Juli 2019 beglichen werden müssten, bestehe ein Finanzierungsrisiko.
Türkische Lira macht das Problem nicht einfacher
Die Landeswährung befindet sich auch diese Woche auf Talfahrt. Bis zum Mittag verlor die Währung sowohl zum US-Dollar als auch zum Euro circa zwei Prozent an Wert. Für einen Euro wurden zuletzt 7,48 Lira gezahlt. Zu Beginn der Woche mussten noch weniger als 7 Lira hingeblättert werden.
Zur Wochenmitte hatten unter anderem schwache Konjunkturdaten aus der Türkei den Kurs der Währung belastet. Heute wurde außerdem bekannt, dass die Notenbank der Türkei den Zugriff der heimischen Banken auf liquide Mittel wieder etwas begrenzt hat. Mit ihrem aktuellen Schritt nimmt die Zentralbank einen Teil ihrer Mitte August ergriffenen Krisenmaßnahmen wieder zurück.
Türkischer Finanzminister spielt die Lage runter
In einem Bericht der türkischen Zeitung „Hürriyet“ sieht Finanzminister Berat Albayrak die Lage als gar nicht so dramatisch: „Wir sehen kein großes Risiko für die türkische Wirtschaft und ihr Finanzsystem.“ Die Investoren beurteilen die Lage am Bosporus anders. Schon seit geraumer Zeit ziehen sie ihr Geld aus der Türkei ab, was der türkischen Lira das Leben nicht gerade leicht macht.
Seit Januar büßte sie zum Dollar fast 40 Prozent an Wert. Hinter dem Lira-Verfall steht unter anderem ein Streit zwischen den Regierungen in Ankara und Washington wegen der Inhaftierung eines US-Pastors in der Türkei. Zudem sehen Investoren zunehmend die Unabhängigkeit der türkischen Notenbank in Gefahr.
Von Markus Weingran