Türkei: Notenbank hat ihre Souveränität wohl verloren – Staatschef Erdogan will die Leitzinsen senken

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Da kann der US-Notenbank-Chef Jerome Powell ja froh sein, dass ihm nur Donald Trump im Nacken sitzt. Der soll zwar angeblich auch schon geprüft haben, ob er das Oberhaut der amerikanischen Notenbank vor die Tür setzen kann, aber hat in diese Richtung nichts unternommen. Der US-Präsident beschränkt sich darauf via Twitter den Kurs der US-Notenbank zu kritisieren und stellt Jerome Powell auf diesem Weg ein schlechtes Arbeitszeugnis aus.

Hätte in den USA Tayypip Recep Erdogan das sagen, dann wäre Jerome Powell wahrscheinlich schon längst von seinen Pflichten entbunden. Der türkische Präsident hat es zwar auch erst mit Kritik an der heimischen Notenbank versucht, als deren Chef aber nicht auf die Kritik eingegangen ist, hat Erdogan den Chef der Zentralbank unter Protest von Opposition und Wirtschaftsexperten  einfach kurzer Hand vor die Tür gesetzt. Ein entsprechender Erlass war vor gut einer Woche im Staatsanzeiger veröffentlicht worden. Murat Cetinkaya, der den Posten seit April 2016 innehatte, werde durch seinen bisherigen Stellvertreter Murat Uysal ersetzt, hieß es darin. Und der neue Mann bekommt den Kurs jetzt vom Präsidenten vorgegeben. Möchte Uysal im Amt bleiben, dann muss er wohl auf die Vorgaben von Erdogan eingehen oder ihn dürfte das gleiche Schicksal ereilen wie seinem Vorgänger. Damit ist die Souveränität der Notenbank wohl Geschichte.

Leitzinsen sollen runter!

Nach Worten von Präsident Tayypip Recep Erdogan werden die Leitzinsen in der Türkei  deutlich sinken. Das Land wolle die Inflation bis Ende des Jahres von über 15 Prozent auf einen prozentual einstelligen Wert reduzieren, zitierte der Sender Habertürk den Staatschef am Sonntag. Erdogan habe auch ein bestimmtes Ziel für den Schlüsselzins für den gleichen Zeitraum. Sobald der Zins niedriger liege, werde auch die Preisbeschleunigung deutlich zurückgehen, fügte er hinzu.

Der neue höchste Währungshüter Uysal gilt als Befürworter einer lockeren Geldpolitik. Analysten halten es für möglich, dass die Währungshüter nun unter neuer Führung auf ihrem Treffen am 25. Juli eine Zinssenkungsrunde einleiten. Von Reuters befragte Volkswirte rechnen mit einer Senkung um zwei Prozentpunkte.

Erdogan hatte wiederholt Druck auf die Notenbank ausgeübt und sie immer wieder ohne Erfolg zu einer Lockerung ihrer Geldpolitik aufgefordert. Die Leitzinsen liegen bereits seit September 2018 bei 24 Prozent. Der Präsident verlangt niedrigere Zinsen, um die inzwischen in einer Rezession steckende Wirtschaft anzukurbeln. Im ersten Quartal war die Wirtschaftsleistung der Türkei um 2,6 Prozent geschrumpft.

Von Markus Weingran / Reuters

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Foto: Sasa Dzambic Photography / Shutterstock.com

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