Wie ich in meinem Depot mit den möglichen Auswirkungen des Coronavirus umgehe

Bernd Schmid · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Ich tue mich etwas schwer mit diesem Thema. Es wird so viel gesagt und geschrieben. Darunter mehr Verwirrendes als Hilfreiches. Dazu versuche ich nicht beizutragen. Denn um eines vorwegzunehmen: Ich glaube nicht, dass man heute schon einschätzen kann, wie sich die Reaktionen von uns Menschen, unseren Unternehmen und unseren Regierungen auf die weitere Entwicklung der aktuellen Situation auswirken werden.

Aber ich denke, dass es Sinn machen kann, mögliche Szenarien durchzugehen und sich zu fragen, wie man selbst damit umgehen würde. Das mache ich hier aus Sicht eines Anlegers, der noch das eine oder andere Jahrzehnt vor sich hat.

Eine Standortbestimmung

Eines wird immer klarer. Die Weltwirtschaft war schon vor dem Ausbruch des Coronavirus in keiner guten Verfassung. Fügt man zu dieser Lage das Coronavirus und die Panik vor einer möglichen Pandemie hinzu, könnte es richtig düster werden. Warum sollten die Chinesen die einzigen bleiben, die ihre Wirtschaft temporär lahmlegen oder wenigstens stark dezimieren? Auszuschließen ist das nicht, was eine Rezession schon in diesem Jahr aus meiner Sicht nicht unwahrscheinlich macht.

Nun sind Rezessionen eigentlich überhaupt nichts Schlimmes. Sie sind mittelfristig sogar hilfreich, ich würde sogar sagen notwendig für eine gesunde Weltwirtschaft.

Eine gute Analogie sind Waldbrände. Was schlimm erscheint, hat eigentlich eine sehr wichtige ökologische Bedeutung. Waldbrände tragen dazu bei, totes Holz und andere Dinge zu beseitigen, deren Abbau ohne einen Brand viel länger gedauert hätte, und sie liefern wieder Bodennährstoffe für die nächste Generation von Bäumen und Pflanzen.

Ähnlich sorgt eine Rezession dafür, dass aufgrund der wirtschaftlich schwieriger werdenden Lage ungesund wirtschaftende Unternehmen nicht überleben und vom Markt verschwinden. Dadurch werden Arbeitskräfte und andere Ressourcen frei, die danach für eine bessere Verwendung eingesetzt werden können und dadurch für einen gesunden Aufschwung sorgen.

Trotzdem scheint man heutzutage alles zu versuchen, um eine Rezession zu vermeiden. Besonders die Zentralbanken scheinen extrem allergisch zu sein. Warum ist das so?

Nun, der Grund ist aus meiner Sicht, dass nicht nur einzelne Bäume in unserem Wirtschaftswald bereits tot sind, sondern riesige Flächen. Ich rede von den sogenannten Zombie-Unternehmen. Deren Anzahl schätzt die Bank für internationalen Zahlungsausgleich (man redet auch von der Zentralbank der Zentralbanken) auf eine zweistellige Prozentzahl aller Unternehmen. Man stelle sich vor, eines von zehn Unternehmen geht in der nächsten Rezession bankrott? Das wäre weit überdurchschnittlich und würde sicherlich für einen extremen Schock sorgen, auf den die meisten wohl weniger vorbereitet wären.

Klar versucht man, das zu vermeiden.

Hier kommt das Coronavirus wieder ins Spiel, bzw. die Reaktion von uns Menschen darauf. Das Einstellen von großen Teilen der wirtschaftlichen Tätigkeit in China, Europa und in wenigen Wochen bis Monaten möglicherweise auch in den USA könnte gleichermaßen zu einer Nachfrage- wie auch Angebotsverknappung führen, die es in sich haben. Eine Kettenreaktion, die das Umfallen eines Unternehmens nach dem anderen nach sich zieht, ist durchaus vorstellbar.

Wie würde sich das auf die Börsen auswirken? Wer weiß das schon. Die Bewertung der Märkte im Vergleich zum BIP sind zwar auf einem Allzeithoch. Auf der anderen Seite stehen die Druckerpressen der Notenbanken mit Sicherheit bereit. Zur Not drucken sie uns Bürgern das Geld direkt auf das Konto - oder finanzieren mehr oder weniger direkt alle notleidenden Unternehmen, um eine solche Kettenreaktion zu verhindern.

Unvorstellbar? Nun, in Hongkong wurde die eine Hälfte davon bereits getan. Ob das in der oben genannten Situation wirklich helfen würde, weiß ich nicht. Ich wage es zu bezweifeln. Alles was ich damit sagen möchte, ist, dass die Reaktion der Börse nicht der Reaktion der Wirtschaft entsprechen muss.

Nun ist das Obige aber nur das schrecklichste Szenario. Sicherlich ist es möglich, dass es so weit kommt.  Es kann aber genauso gut sein, dass sich doch nicht so viel Panik breitmachen wird. Wärmer werdendes Wetter könnte die Ausbreitung des Virus verhindern und zu einer zeitnahen Normalisierung der Lage beitragen.

Dann wird es immer noch Effekte geben, die sich durch die teilweise noch immer stillstehenden Lieferketten von China nach Europa ausbreiten werden. Auch dann wäre eine Rezession weiterhin möglich, vielleicht sogar wahrscheinlich. Mit einer desaströsen Kettenreaktion würde ich dann aber nicht unbedingt mehr rechnen.

Was das für den Anleger bedeutet

Wie geht man nun als Anleger mit der Situation um? Das Wichtigste ist, sich klarzumachen, dass die oben beschriebenen Dinge immer passieren können. Ich gehe sogar einen Schritt weiter. Jeder von uns wird sie in seinem Leben als Anleger wahrscheinlich erleben. Der eine in einem größeren Ausmaß, der andere in einem kleineren.

Gleichzeitig wird es auch an der Börse immer auf und ab gehen. Meist schneller ab denn auf. Die Frage ist, wie man damit umgehen möchte. Ich persönlich möchte in einer solchen Situation lieber die Gunst der Stunde nutzen können und genau dann kaufen, wenn Panik an den Märkten herrscht. Aus diesem Grund halte ich im Moment ein relativ großes, doch gut zweistelliges im Verhältnis zum Gesamtportfolio Cashpolster bereit.

Der Nachteil dessen ist, dass man im Falle des Nichteintretens eines solchen Szenarios in der nahen Zukunft nicht von den steigenden Aktienkursen profitiert. Die Frage ist, wann steigt man ein? Diese Frage würde ich nicht aufgrund der Wirtschafts- oder Börsenlage beantworten. Ich würde nicht explizit sagen: Jetzt ist die Börse um 20 % gefallen, ich investiere nun ein Drittel meines Cashpolsters.

Im Gegensatz dazu treffe ich diese Entscheidung in Abhängigkeit der Bewertung der Unternehmen, die ich gerne kaufen möchte. Für jedes dieser Unternehmen habe ich mir einen Kurs aufgeschrieben, bei dem ich bereit bin einzusteigen.

Wer noch keine solche Liste hat, dem würde ich nahelegen darüber nachzudenken, eine solche Liste anzulegen. Und auch zu überlegen, wie viel Kapital in das einzelne Unternehmen investiert wird. Dazu muss man sich fest vornehmen, das am Ende auch durchzuziehen. Das ist wahrscheinlich das Schwierigste an der Sache - weil man genau dann kauft, wenn alle anderen verkaufen und die Aktienkurse wie letzte Woche möglicherweise Tag für Tag und vielleicht sogar über einen längeren Zeitraum fallen.

Aus diesem Grund ist es wichtig, dass man die „Kursziele“ nicht beliebig wählt. Stattdessen sollte man sich vorher überlegt haben, welche Renditen der entsprechende Kurs über die nächsten fünf bis zehn Jahre unter realistischen Annahmen bringen würde.

Die Grundvoraussetzung für den Erfolg dieser Strategie

Die Grundvoraussetzung für den Erfolg dieser Strategie ist, dass man optimistisch bleibt. Das heißt, dass man von der Wirtschaft erwartet, in fünf oder zehn Jahren mindestens so gut dazustehen wie heute. Unter Anbetracht all der Zombie-Unternehmen ist das aus meiner Sicht gar keine so weit hergeholte Vision.

Der Weg dorthin könnte steinig werden. Vermutlich wird er es auch. Aber nur wer diesen Weg am Ende mitgeht, kann davon auch profitieren. Trotz all der teilweise sehr unangenehmen Szenarien möchte ich den einzelnen Anlegern daher raten, nicht den Mut zu verlieren, sollte es in den kommenden Wochen, Monaten oder sogar Quartalen deutlich unangenehmer werden.

Dabei hilft, sich darauf einzustellen, was passieren kann. Und sich entsprechend darauf vorzubereiten, sich einen Plan zurechtzulegen, wie man damit umgeht. Ich hoffe, dabei hat mein Artikel etwas geholfen, auch wenn der Plan eines jeden Anlegers am Ende anders aussehen wird. Gleichzeitig muss man sich bewusst machen, dass nicht alles passieren wird, nur weil es passieren kann.

Offenlegung: Bernd besitzt Aktien von Starbucks. The Motley Fool empfiehlt und besitzt Aktien von Starbucks. The Motley Fool empfiehlt die Dunkin’ Brands Group.

Foto: Fred Ho / Shutterstock.com

Neueste exklusive Artikel