Wirecard: Es wird immer chaotischer – Ex-Vorstand Marsalek wird gesucht – Banken verlängern kurzfristig die Galgenfrist – Bank of America ruft Kursziel 1 Euro aus

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Die Lage bei Wirecard wird immer chaotischer und undurchsichtiger. Neben den 1,9 Milliarden Euro ist jetzt anscheinend auch das ehemalige Vorstandsmitglied Jan Marsalek verschwunden – ebenfalls auf den Philippinen. Der Inselstaat hat Geldwäsche-Ermittlungen im Zusammenhang mit dem Bilanzskandal beim Dax -Konzern Wirecard eingeleitet – und eine Suche nach Ex-Vorstand Jan Marsalek. Justizminister Menardo Guevarra sagte am Mittwoch, er habe die Einwanderungsbehörde angewiesen, die Möglichkeit zu prüfen, ob Marsalek im Land sein könnte.

Die Aufzeichnungen des Büros zeigten, dass Marsalek am 3. März in Manila war, aber zwei Tage später abreiste, sagte Guevarra Reportern. „Es gibt jedoch einige Hinweise darauf, dass er kürzlich zurückgekehrt ist und möglicherweise noch dort ist“, fügte er hinzu. Auf den Philippinen scheit so einiges zu verschwinden. Wenn es nicht so traurig wäre, dann könnte man schon fast darüber lachen.

Banken geben kurzfristige Schonzeit

Laut Insidern hat Wirecard bei den auslaufenden Kreditlinien vorerst einen Aufschub von den Banken erhalten. Die Institute hätten sich entschieden, zunächst die langfristige Überlebensfähigkeit des Unternehmens zu prüfen, bevor sie die ausstehende Summe von 1,75 Milliarden Euro zurückfordern, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg am Mittwoch unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen. Der Aufschub dürfte aber nur für kurze Zeit gelten, hieß es.

Dem Bericht zufolge prüft die Beratungsfirma FTI derzeit, ob Wirecard die Kreditbedingungen eingehalten hat. Die Banken selbst sprächen mit Wirecards Geschäftspartnern wie den Kreditkartenanbietern Visa und Mastercard um herauszufinden, wie sie sich die Rückzahlung einer möglichst hohen Summe sichern könnten. FTI und Wirecard wollten sich dazu nicht äußern.

Für die Banken geht es jetzt wohl auch um die größtmögliche Begrenzung der Verlustrisiken. Jetzt wird sich zeigen, wie viel das Geschäftsmodell von Wirecard wirklich wert ist. Es darf jedoch angezweifelt werden, dass der Bezahldienstleister aus Aschheim tatsächlich zu profitabel ist, wie die Quartalszahlen bislang angezeigt haben. Sollten die Banken nach dem kurzfristigen Aufschub die Kreditlinie fällig stellen, dann dürfte es für Wirecard wohl das Ende bedeuten.

Bank of America hat Wirecard schon abgeschrieben

Die US-Investmentbank Bank of America (BofA) räumt der Wirecard-Aktie kaum noch einen Wert ein. Auf die fundamentale Bewertung der Aktie habe er einen Abschlag von 90 Prozent vorgenommen, schrieb der zuständige Analyst in einer am Mittwoch vorliegenden Studie. Entsprechend stutzte die BofA das Kursziel für die Papiere des Zahlungsabwicklers von 14 auf 1 Euro zusammen und beließ die Einstufung auf „Underperform“. Nach der scharfen Talfahrt seit vergangenem Mittwoch liegt der Kurs derzeit bei 14,41 Euro.

Der massive Kursabschlag spiegele folgende Risiken wider: Den Verlust von Kunden und Lizenzen, die Streichung bestehender Kreditlinien sowie die generelle Unsicherheit rund um den Bezahldienstleister, die noch eine Weile fortdauern dürfte, heißt es in der Studie. Für das laufende Jahr rechnet die BofA zwar noch mit einem Gewinnwachstum (EPS) von knapp 50 Prozent, für 2021 jedoch mit einem leichten Rückgang.

Jüngste Nachrichten zu Wirecard ließen darauf schließen, dass Kunden bereits begonnen hätten, sich von dem Unternehmen abzuwenden und Kreditgeber Kreditlinien stoppen könnten. Die Geschäfte könnten dann nicht mehr fortgeführt werden.

Gemäß der Einstufung „Underperform“ schätzt die Bank of America die Aktie als einen der am wenigsten attraktiven Werte in dem Beobachtungsuniversum ein.

Aktie nähert sich dem einstelligen Bereich

Nachdem sich die Papiere am Dienstag etwas erholen konnten und auch heute zu Handelsbeginn im Plus lagen, ist der Kurs mittlerweile schon wieder kräftig unter Druck. Gut eine Stunde vor Handelsende verzeichnet die Aktie ein Minus von fast 30 Prozent und hält sich so gerade über der Marke von 12 Euro. Anleger sollten jetzt einen ganz weiten Bogen um die Wirecard-Papiere machen.

Von Markus Weingra / dpa-AFX

Foto: Anton Garin / Shutterstock.com

Keine Folge mehr verpassen? Einfach den onvista YouTube-Kanal abonnieren!

PS: Das Musterdepot und die Watchlisten von Redaktionsleiter Markus Weingran können Sie auch kostenlos abonnieren und haben Sie damit noch besser im Blick – auch mobil. Legen Sie noch heute gratis Ihren my.onvista-Account an und probieren Sie es aus! >> my.onvista.de

Neueste exklusive Artikel