Wirecard: Wer trägt die Schuld? – Olaf Scholz als Chef der Bafin oder Peter Altmaier als Chef der Apas?

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Im Fall Wirecard wird weiter geforscht, wer einen der größten Betrugsfälle in der Bundesrepublik als erster hätte erkennen müssen. In einem Wahljahr will sich natürlich keiner den Schuh einer größeren Versäumnis anziehen. Somit stehen wohl auch nach der heutigen Anhörung zwei Kandidaten zur Auswahl: SPD Finanzminister Olaf Scholz, der die Aufsicht über die Bafin hat und CDU Wirtschaftsminister Peter Altmaier, als Chef der Wirtschaftsprüfungsaufsicht Apas. Hier gehen die Meinungen dann parteigebunden auseinander.

Opposition und SPD sehen bei der Aufklärung des Wirecard-Skandals die politische Verantwortung auch bei Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Der SPD-Obmann im Untersuchungsausschusses, Jens Zimmermann, sagte am Dienstag, die Wirtschaftsprüferaufsicht Apas sei durch das Wirtschaftsministerium ungefähr so gut organisiert wie die Suche nach einem Kanzlerkandidaten bei der Union: „Chaos ohne Ende“.

Altmaier sollte am Dienstag als Zeuge gehört werden. Am späten Nachmittag begann zunächst die Befragung von Digitalstaatsministerin Dorothee Bär (CSU).

Zimmermann sagte, Finanzminister Olaf Scholz (SPD) habe sich bei der Aufklärung des Wirecard-Skandals an die Spitze der Aufklärung gesetzt. Im Wirtschaftsministerium habe man dagegen stets ein „kleines Profil“ gesucht.

Das Wirtschaftsministerium hat die Rechtsaufsicht über die Apas. Dieser werden im Skandal um den mutmaßlichen Milliardenbetrug von Wirecard Versäumnisse vorgeworfen. Von Altmaier wollten die Abgeordneten nun wissen, warum sich das Wirtschaftsministerium bei dem Thema nicht stärker engagierte.

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Dagegen sagte Unions-Obmann Matthias Hauer, die Strategie der SPD sei offensichtlich: „Hier werden Nebelkerzen um den Finanzminister herumgeworfen.“ Dies diene nur einem Sinn, nämlich von der Hauptperson in diesem Thema abzulenken – dies sei Finanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Scholz. Das Finanzministerium hat die Aufsicht über die Finanzaufsicht Bafin, gegen die im Zusammenhang mit dem Skandal schwere Vorwürfe erhoben werden.

Die Grünen-Abgeordnete Lisa Paus sagte, bei der Apas habe die kritische Grundhaltung gegenüber Wirecard gefehlt. Altmaier sei in der politischen Verantwortung.

Digitalstaatsministerin Bär stellte eine versuchte Terminvermittlung zwischen dem damaligen Dax-Unternehmen Wirecard und dem Kanzleramt als normalen Vorgang dar. Der frühere Chef des Skandalkonzerns, Markus Braun, habe bei einer Betriebsbesichtigung 2018 fallen gelassen, dass er Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gerne einmal kennenlernen würde, berichtete die CSU-Politikerin im Ausschuss. Das sei ihr gerade für den Chef eines Dax-Unternehmens nicht ungewöhnlich vorgekommen. Dass sie ein solches Anliegen weitergebe, sei „nachvollziehbar“, sagte Bär.

Sie habe die Kanzlerin dann „zwischen Tür und Angel“ auf den Terminwunsch Brauns angesprochen. Merkel habe ihr gesagt, der Gesprächswunsch solle ans Kanzleramt weitergegeben werden. Der Termin kam danach allerdings nicht zustande. Braun gilt als einer der Drahtzieher des mutmaßlichen Milliardenbetrugs bei dem inzwischen insolventen Digitalunternehmen. Im vergangenen Sommer hatte Wirecard ein Bilanzloch von 1,9 Milliarden Euro eingeräumt.

Die Zeugenbefragungen am Dienstag begannen verspätet, weil sich der Ausschuss in einer nicht-öffentlichen Sitzung lange mit dem sogenannten Wambach-Bericht befasst hatte. Dabei ging es um die Arbeit der Wirtschaftsprüfer von EY. Zimmermann sagte, der geheime Bericht lege schonungslos das Versagen der Wirtschaftsprüfer offen. Im Fall Wirecard hatten Prüfer von EY jahrelang Bilanzen abgesegnet und sind mit dem Vorwurf konfrontiert, nicht genau genug hingeschaut zu haben.

Im Laufe der Woche werden im Untersuchungsausschusses weitere hochkarätige Zeugen erwartet, darunter am Donnerstag Scholz und am Freitag Merkel.

Redaktion onvista / dpa-AFX

Foto: Rico Markus / shutterstock.com

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