Warum es besser sein könnte, seine Aktien nicht zu eng zu verfolgen

Bernd Schmid · Uhr

Vor Kurzem wurde Warren Buffett darauf angesprochen, wie eng er das Unternehmen Apple verfolge, in dessen Aktie er 45 Mrd. US-Dollar investiert hat. Seine Antwort:

„Nun, wenn du einem Unternehmen eng folgen musst, dann solltest du seine Aktien nicht besitzen!“

Diese Aussage gilt nicht für jeden Investor. Zum Beispiel nicht für kurz- und mittelfristig orientierte Investoren. Beispielsweise jene, die in eine Aktie investieren, weil sie einen bestimmten Auslöser erwarten, der die Aktie bewegen sollte und der vom Markt nicht eingepreist scheint.

Auf das langfristige unternehmensorientierte (= Foolishe) Investieren trifft das jedoch zu. Ein von mir gerade erst entdeckter, aber offensichtlich sehr Foolisher Bloggergeht noch einen Schritt weiter:

Investieren erfordert Geduld. Und die Fähigkeit, Vervielfacher im Portfolio zu haben, ist von der Fähigkeit abhängig, für viele Jahre an einer Aktie festzuhalten. Das alleine ist schon schwierig. Und es ist noch schwieriger, wenn du dem Unternehmen zu eng folgst.

Warum das so ist, zeigen zwei der erfolgreichsten Aktien der letzten zwei Jahrzehnte: Amazon und Netflix. Beide Unternehmen stehen heute komplett anders da als in den ersten Jahren ihrer (auch schon erfolgreichen) Börsengeschichte.

Amazon war ein reiner Onlinebuchhändler. Heute verdient das Unternehmen sein Geld mit etwas ganz anderem, nämlich seinen Cloud Services. Ähnlich bei Netflix, dessen Geschäftsmodell zum Börsengang auf dem Onlineverleih von DVDs beruhte. Heute ist es der weltweit größte Stream Service und produziert sehr erfolgreiche eigene Filme und Serien.

Im Nachhinein erscheint es offensichtlich, dass die Aktien damals eine gute Investition waren. Das war aber nicht während der ganzen Zeit von damals bis heute so. Der Umbruch bei Netflix von seinem alten Geschäftsmodell (DVD-Verleih) zum neuen (Streaming Service) hat die Börse damals sehr verunsichert, unter anderem aufgrund temporär rückläufiger Abonnentenzahlen. Damals war noch nicht klar, dass das kein neuer Trend werden würde. Es war keineswegs in Stein gemeißelt, dass das Unternehmen dort hinkommen würde, wo es heute steht.

Wenn man in die richtigen Unternehmen investiert, dann kann man die Chancen allerdings zu seinen eigenen Gunsten verzerren. Unternehmen mit einer hohen Qualität, einem großartigen Management, loyalen Mitarbeitern und zufriedenen Kunden zum Beispiel. Und wie wir am Beispiel Netflix gesehen haben, müssen nicht einmal all diese Punkte gleichzeitig zutreffen.

Es ist trotzdem sehr schwierig, in solchen Situationen als Aktionär treu zu bleiben. Auch wenn man diese Unternehmen vorher als qualitativ hochwertig eingeschätzt hat. Mir fallen im Moment drei Unternehmen aus meinem persönlichen Portfolio ein, die ich so einschätze und die gleichzeitig großen Herausforderungen gegenüberstehen:Trivago,zooplusundKrones.

Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Unternehmen ihre Herausforderungen meistern, liegt definitiv bei unter 100 %, wahrscheinlich sogar deutlich darunter. Sie ist aber größer als 0 %. Und weil ich glaube, dass es sich bei allen dreien um qualitativ hochwertige Unternehmen handelt, schätze ich die Wahrscheinlichkeit sogar deutlich höher als 0 % ein.

Folgt man diesen Unternehmen sehr eng, dann kann man dies jedoch leicht vergessen, da der Markt (und damit die Mehrheit) aktuell sehr pessimistisch ist. In solchen Situationen erinnere mich an die Zeit, als Netflix bei der Umstellung des Geschäftsmodells anfing, Abonnenten zu verlieren.

Es ist trotzdem sehr schwer, weiter an den positiven Ausgang zu glauben, wenn die meisten es nicht tun. Daher ist es wahrscheinlich besser, wenn man seine eigenen Unternehmen (als langfristig orientierter Investor) gar nicht zu eng verfolgt.

Aber was ist, wenn diese Aktien zu Portfolioleichen werden?

Das kann durchaus passieren. Wenn man entsprechend investiert, das heißt mit einer gewissen Streuung, dann ist das allerdings wahrscheinlich gar nicht schlimm. Im Gegenteil, Studien zeigen eher, dass Investoren (sowohl professionelle als auch private) sehr schlechte Verkaufsentscheidungen treffen.

Bei mir persönlich ist das auch so. Mein Newsletter hat aktuell gerade einmal eine durchschnittliche Performance. Hätte ich keine meiner einmal empfohlenen Aktien später zum Verkauf empfohlen (aktuell ist es rund eine Handvoll, die ich zum Verkauf empfohlen habe), wäre meine Performance überdurchschnittlich. Der Grund ist vor allem eine Aktie, die ich aufgrund einer vermeintlichen Überbewertung mit einem Gewinn von fast 150 % nach gerade mal einem halben Jahr zum Verkauf empfohlen habe. Das hat die Aktie jedoch nicht daran gehindert, sich seitdem noch einmal zu verdoppeln …

Es wird oft gesagt, dass der Gewinn an den Finanzmärkten nicht mit den richtigen Käufen, sondern den richtigen Verkäufen erzielt wird. Ich sehe das anders. Mit Verkäufen – zumindest mit nicht notwendigen, zum Beispiel aus Risiko- oder Liquiditätssicht – machen die meisten von uns eher ein schlechtes Geschäft.

Offenlegung: Bernd Schmid besitzt Aktien von Amazon, Krones, Netflix, Trivago und zooplus. John Mackey, CEO von Whole Foods Market, einer Amazon-Tochtergesellschaft, ist Mitglied des Vorstands von The Motley Fool. The Motley Fool besitzt und empfiehlt Aktien von Amazon und Netflix. The Motley Fool empfiehlt Krones, Trivago und zooplus.

Foto: Elnur / Shutterstock.com

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