Die Börse interessiert sich nur noch für Notenbank-Präsidenten

Stefan Riße · Uhr

In einem waren sich die Börsianer einig. Kommt es zu einer Hängepartie nach den US-Präsidentschaftswahlen, ohne dass feststeht, wer der künftige US-Präsident wird, wäre dies das schlechteste Szenario für die Aktienmärkte. Die Historie legte diese Prognose auch nahe. Als nach der Präsidentschaftswahl im Jahr 2000 zunächst nicht klar war, ob George W. Bush oder Al Gore Präsident für die nächsten vier Jahre sein würde, verloren die Aktien zwölf Prozent in dieser Zeit. Doch die Erfahrung hat wieder mal gezeigt, dass das was alle erwarten, an der Börse nie eintrifft.

Hängepartie wird am Aktienmarkt gefeiert

Nun hatten wir ein sehr knappes Wahlergebnis mit unklarem Ausgang und einen nicht weichen wollenden Donald Trump, doch was machten die Aktien? Sie schossen in die Höhe. Von Verunsicherung war nichts zu spüren. Und warum auch, so viel wird sich am Ende nicht ändern. Die Republikaner werden wohl weiter die Mehrheit im Senat haben. Große Gesetzesvorhaben kann Joe Biden dann zunächst einmal vergessen. Doch auch das honoriert der Markt derzeit, denn große Steueranhebungen oder Antitrust-Gesetze gegen die großen Technologieunternehmen, die man Joe Biden eher zu getraut hätte, wird er so nicht durchsetzen können.

Parlamente und Präsidenten interessieren die Börse nicht

Das schnelle Ignorieren selbst der unsicheren Situation nach der US-Wahl zeigt einmal mehr, dass es in der heutigen Zeit für den Verlauf der Aktienmärkte viel wichtiger ist, was die Notenbanken machen als das was die Regierungen tun. Das liegt vor allem daran, dass Liquidität immer der erste Treiber für Aktien ist. Ohne sie kann der Aktienmarkt nicht steigen. Selbst dann nicht, wenn die Fundamentaldaten fantastisch aussehen. Unser Zeitalter ist von Notenbankpolitik geprägt und so sind die Notenbankpräsidenten und ihr Handeln entscheidender für die Aktienmarktentwicklung. Und diesbezüglich bleiben aus Sicht eines Börsianers ja keine Wünsche offen. Die Europäische Zentralbank (EZB) denkt erneut über Zinssenkungen nach, obwohl sich die Leitzinsen ja schon satt im Minus befinden und auch die amerikanische Zentralbank Federal Reserve (FED) hat aufgrund der zweiten Corona-Welle die Bereitschaft signalisiert, wieder unterstützend tätig zu werden. Solange dies erhalten bleibt, müssen wir uns als Investoren wenig darum kümmern, wer in den USA am Ende Präsident ist. Die ausgesprochen komfortable Liquiditätslage sollte sich auch in 2021 weiter positiv auf die Aktien und dann wahrscheinlich auch auf die Konjunktur auswirken. Aktien bleiben daher ein Muss in jedem Anlageportfolio.

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