Federal Reserve: Heute Abend wird die erste Zinsanhebung erwartet – was das für Wirtschaft und Aktienmärkte bedeutet

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Bereits Ende des letzten Jahres hat die US-Notenbank Federal Reserve mit wachsender Deutlichkeit formuliert, dass spätestens im März die Zinswende kommen wird. An den Märkten – besonders im Technologie-Sektor – hatte das eine langanhaltende Verkaufswelle ausgelöst. Steigende Zinsen können die Refinanzierung von Unternehmen verteuern und zulasten der Gewinne gehen. Außerdem verlieren Aktien bei steigenden Renditen an den Anleihemärkten an Attraktivität. Besonders Wachstumstitel, die viel Kapital für den Wachstum benötigen und oft noch Jahre von der Gewinnschwelle entfernt sind, leiden in diesem Umfeld.

Anhebung um 0,5 Prozent dürfte vom Tisch sein

Trotz des Ausbruchs des Ukraine-Krieges und der damit einhergehenden neuen Unsicherheiten dürfte die Fed sich nun nicht mehr von ihrem Kurs abbringen lassen. Und heute eine erste Zinserhöhung ankündigen. Man rechnet am Markt mit einer Anhebung um 0,25 Prozentpunkte auf eine Spanne von 0,25 bis 0,50 Prozent. Vor zwei Jahren hatte die Fed zu Beginn der Corona-Krise den Leitzins auf fast Null gesenkt. Der Abbau der wegen Corona-Hilfsprogrammen stark angestiegenen Bilanz der Fed dürfte nach ersten Zinserhöhungen später im Jahr beginnen.

US-Notenbankchef Jerome Powell hatte Anfang März vor dem Kongress deutlich gemacht, dass der Krieg in der Ukraine wohl keine wesentliche Änderung im geldpolitischen Kurs nach sich ziehen wird. Es sei „angemessen“ auf der nächsten Sitzung den Leitzins zu erhöhen. „Allerdings sorgte der Krieg in der Ukraine dafür, dass Spekulationen über einen großen Zinsschritt mit 0,50 Prozentpunkten vom Tisch sind“, schreiben die Experten der Dekabank. Ungeachtet dessen wird an den Finanzmärkten im Jahresverlauf eine Reihe von Zinserhöhungen erwartet.

Tatsächlich hat der Krieg in der Ukraine die Ausgangslage verändert. So haben die Kriegshandlungen die Preise für Energie- und viele Rohstoffe noch weiter nach oben getrieben. Dies dürfte auf die bereits sehr hohe Inflation durchschlagen. Die USA haben zudem ein Embargo für russisches Rohöl und Erdgas beschlossen. Andererseits dürfte das Wirtschaftswachstum, beispielsweise durch zusätzliche Probleme in den Lieferketten, merklich gedämpft werden.

Hohe Inflationsrate zwingt zum Handeln

Laut Ökonomen dürfte für die Fed die Inflation das größere Problem sein. Der hohe Preisauftrieb in den USA hatte sich im Februar weiter beschleunigt. Die Verbraucherpreise stiegen im Jahresvergleich um 7,9 Prozent. Das ist die höchste Inflationsrate seit dem Jahr 1982. Die Fed strebt auf mittlere Sicht eine Rate von zwei Prozent an.

„Aus der temporären Spitze der Inflationsraten, die man noch auf die durch die Corona-Pandemie verursachten Verwerfungen zurückführen konnte, ist eine breite Bergkuppe geworden“, kommentierte Experte Bernd Weidensteiner von der Commerzbank. Laut Powell sei es das Ziel der Fed, einen „langen Aufschwung“ zu ermöglichen, der weiter für einen starken Arbeitsmarkt sorgen werde. „Und das ist nur möglich in einem Umfeld von Preisstabilität.“

Mit dem Zinsentscheid werden auch die Projektionen der Notenbank aktualisiert. „Die Fed dürfte daher einmal mehr die Projektionen für die Inflationsrate deutlich anheben“, erwartet Weidensteiner. Die Dekabank sieht in den anstehenden Prognosen nur eine Momentaufnahme: „Aktuell verändert sich insbesondere der zeitnahe Inflationsausblick aufgrund der globalen Energie- und Nahrungsmittelpreise rasch.“ Auch Powell hat zuletzt die große Unsicherheit betont, die mit dem Krieg verbunden sei.

Wie geht es für Wirtschaft und Aktienmärkte weiter?

Unklar bleibt jedoch weiterhin, ob und wie man die ausufernde Inflation mit den geplanten Zinsanhebungen wieder in den Griff bekommt. Die Hoffnung, dass sich die Lieferkettenprobleme und der Druck auf die Wirtschaft mit einer Abschwächung der Pandemie wieder auflösen, bleibt weiterhin vage. Der Ukraine-Krieg und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Energiemärkte und neue Lieferkettenprobleme im europäischen Raum sorgen hier eher noch für eine Verschärfung des Problems.

Eine drastische Zinsanhebung auf das Niveau der derzeitigen Inflation, wie die US-Notenbank sie in den 80ern unter dem damaligen Chef Paul Volcker durch erhebliche Interventionen herbeigeführt hatte, ist heute jedoch nicht mehr denkbar, da die weltweite Verschuldung und die enge Verzweigung des globalen Handels mit dem US-Dollar die Stabilität des Systems gefährden würde.

Unmittelbar dürfte es die Aktienmärkte jedoch kalt lassen, sollte heute die erwartete Anhebung um 0,25 Prozentpunkte kommen, denn die Zinswende wurde in den letzten Monaten bereits deutlich eingepreist. Steigende Zinsen werden sich eher langfristig auf Unternehmensgewinne auswirken, sodass die Effekte an den Aktienmärkten erst in zukünftigen Quartalen bemerkbar sein werden. Vorerst dürfte der Ukraine-Krieg die Märkte weiter komplett in seinen Bann ziehen.

onvista-Redaktion mit Material von dpa-AFX

Titelfoto: tlegend / Shutterstock.com

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