Hebel-ETFs – Jahrhundertprodukt oder gefährliches Spielzeug?

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Quelle: wan wei / Shutterstock.com

Seit dem ETF-Boom der letzten Jahre kommen immer mehr verschiedene Produkte an den Markt. So auch die sogenannten Leverage-ETFs, also Fonds, welche mit einem Kredithebel arbeiten. Ist das vielleicht die neue Möglichkeit für Privatanleger, schneller und einfacher Vermögen aufzubauen?

2x, 3x und Invers

Im Bereich der Exchanged-Traded-Funds ist und bleibt die Blackrock-Tochter iShares Vorreiter der Branche. Doch da auch immer mehr Privatanleger auf die breit-streuenden Produkte setzen, strömten auch immer mehr Anbieter mit immer spezielleren Produkten in die Märkte.

So gibt es seit einiger Zeit die Leverage-ETFs, also Fonds, die es Anlegern ermöglichen, mit einem Kredithebel, der während der Handelszeiten aufgenommen wird, im höheren Maße an den Kursbewegungen von Indizes zu partizipieren. Beispielsweise werden Produkte mit den Multiplikatoren 2 und 3, sowie inverse ETFs angeboten, mit denen es sogar möglich ist zu shorten.

Die aktuell neueste Entwicklung in diesem Markt sind jetzt ETFs auf einzelne Aktien mit Hebeln, da diese vorwiegend Anlegern in Amerika Vorteile bei Steuer und Bilanzierung bieten.

Risiko: Pfadabhängigkeit

Doch so viele Möglichkeiten diese Produkte auch bieten mögen, gibt es bei dem langfristigen Halten einige Probleme. Das erste Risiko für Privatanleger besteht darin, was Mathematiker Pfadabhängigkeit nennen. Dies entsteht dadurch, dass wie bereits erwähnt zu Handelsschluss die kreditfinanzierten Positionen des ETF automatisch glattgestellt werden. Dies kann bei längeren Bärenphasen sehr problematisch werden. Ein anschauliches Beispiel:

 Nehmen wir einen 2x ETF auf einen Index wie den S&P500 an. Fällt dieser an Tag 1 um 2 %, dann macht der ETF 4 % Verlust und steht am Ende des Tages mit 96 % verbliebenen Eigenkapital da. Wird am nächsten Tag wieder ein 100 % Hebel aufgenommen, so sind es anstatt der 200 %, die der ETF vom Kapital am Tag 1 abgebildet hatte, nur noch 192 % an Tag 2.

Dieses mathematische Phänomen hat zur Folge, dass trotz des Kredithebels solche Produkte den Markt meist nicht genau mit dem Multiplikator abbilden können, der im Namen steht.

Risiko: Nächtliche Bewegungen

Ein weiterer Grund für die Underperformance solcher Produkte zu ihrem Index liegt bei den nächtlichen Bewegungen. Über Nacht bleibt in den Fondsvermögen der ETFs nur der Eigenkapitalteil in Aktien angelegt, während der Kredithebel aus Kostengründen nicht bemüht wird.

Doch ist es tatsächlich so, dass die meisten Bewegungen an den Börsen entstehen, während die Anleger selig schlafen. Grund dafür sind die Future-Kontrakte und die Quartalszahlen, die nachbörslich für Bewegung an den Märkten sorgen und an denen die Leverage-ETFs nicht im vollen Umfang profitieren.

Fazit: Keine Alternative zum normalen ETF

Deswegen bleiben Hebel-ETFs nichts für langfristige Anleger, da diese von der eigentlichen Intension zur Partizipation an kurzfristigen Kursbewegungen ausgelegt sind. Wer wirklich gehebelt am Markt agieren will, sollte sich auch vor Augen führen, dass hier das Risiko eines Totalverlustes enorm hoch ist, da bei einem Hebel von 2 im Corona-Crash hier schon einige dieser ETFs liquidiert werden mussten. Um Leveraging im eigenen Portfolio zu betreiben, bleibt hier also der Privatkredit von der Bank auch aus Kostengründen gegenüber den anderen Produkten am Markt weit überlegen.

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