Zahl der Beschäftigten mit überlanger Arbeitszeit auf Rekordtief

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Berlin (Reuters) - Die Zahl der Beschäftigten in Deutschland mit überlanger Arbeitszeit ist auf den tiefsten Stand seit der Wiedervereinigung gefallen.

2022 arbeiteten 8,3 Prozent der rund 30 Millionen Vollzeiterwerbstätigen gewöhnlich mehr als 48 Stunden pro Woche, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Dies gilt als überlange Arbeitszeit. Das sei der niedrigste Anteil seit der deutschen Vereinigung 1991; 2021 lag er noch bei 8,9 Prozent. Im Durchschnitt arbeiten Vollzeiterwerbstätige 40,4 Stunden in der Woche.

Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) hält die Arbeitszeitentwicklung insgesamt für bedenklich. "Noch nie haben die Deutschen so wenig gearbeitet wie derzeit", sagte IW-Arbeitsmarktökonom Holger Schäfer der Nachrichtenagentur Reuters. Das sei im Einzelfall nachvollziehbar, der Wunsch nach Work-life-Balance, mehr Zeit für Familie und Co. verständlich. "Allerdings schadet diese Tendenz der deutschen Wirtschaft nachhaltig, weil sie bestehende Probleme wie den Fachkräftemangel weiter verschärft", sagte der Experte. Restaurants müssten bereits mehr Ruhetage einlegen, Freibäder schließen früher, während mancher Industriebetrieb weniger Aufträge annehme. "Wir müssen mehr arbeiten, nicht weniger, sonst werden wir in den nächsten Jahren spürbar Wohlstand verlieren", sagte Schäfer.

Ein Grund für den Tiefststand der überlangen Arbeitszeiten ist die Entwicklung bei den Selbstständigen, erklärten die Statistiker. Mehr als ein Drittel (38,6 Prozent) von ihnen war zwar im vergangenen Jahr von überlangen Arbeitszeiten betroffen. "Der Anteil ist jedoch auf den tiefsten Stand seit 1991 gesunken", wie die Statistiker herausfanden. Unter den Selbstständigen mit Beschäftigten arbeitete allerdings noch fast die Hälfte (48,2 Prozent) besonders lang.

Selbstständige mit Beschäftigten haben auch häufiger später Feierabend als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer: 31,9 Prozent arbeiten regelmäßig wischen 18 und 23 Uhr. Bei den Arbeitnehmern war es hingegen nur knapp jede siebte Person (14,0 Prozent). Bei der Nachtarbeit von 23 bis 6 Uhr ist das Verhältnis ausgeglichener: Nur 5,2 Prozent der Selbstständigen mit Beschäftigten und 4,6 Prozent der Arbeitnehmer verdienten ihr Geld, während andere schliefen.

"Wie eine überlange Tätigkeit können auch zu geringe Arbeitszeiten zur Belastung werden", so die Statistiker. "Und das nicht nur, weil sie meist zu Gehaltseinbußen führen." Teilweise werde auch kürzer gearbeitet, weil gerade keine Tätigkeit mit höherer Stundenzahl zu finden ist: 5,7 Prozent aller rund 12,5 Millionen Teilzeiterwerbstätigen betrachteten dies als Notlösung. Sie gaben als Grund dafür an, keine Vollzeitstelle gefunden zu haben. Im Vergleich zu 2021 (6,7 Prozent) ging der Anteil damit leicht zurück, im Zehn-Jahres-Vergleich hat er sich mehr als halbiert (2012: 15,4 Prozent). 2022 waren 7,4 Prozent der teilzeitbeschäftigten Männer und 5,2 Prozent der Frauen eigentlich auf der Suche nach einem Vollzeitjob.

(Bericht von Rene Wagner; Redigiert von Hans Busemann, Kerstin Dörr; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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