EU-Parlament plädiert für neues Gesetz "Recht auf Reparatur"

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Brüssel/Berlin (Reuters) - Das EU-Parlament hat sich auf Maßnahmen geeinigt, um die Reparatur von Waren wie Waschmaschinen, Fernsehern oder Smartphones zu verbessern.

Damit soll auch Müll vermieden werden. Die Abgeordneten stimmten am Dienstag mit 590 zu 15 Stimmen für ein Recht auf Reparatur und einen Gesetzentwurf, wonach die gesetzliche Garantie um ein weiteres Jahr verlängert wird. Zudem sollen EU-Länder ermutigt werden, Anreize für Reparaturen zu schaffen. Die Parlamentarier müssen sich noch mit dem Europäischen Rat - also den Vertretern der EU-Länder - auf eine endgültige Fassung einigen, damit das Gesetz womöglich noch vor der EU-Wahl im Juni 2024 in Kraft treten kann.

Die EU-Kommission hat im März das neue Gesetz vorgeschlagen. Dieses soll Verkäufer verpflichten, ein Produkt innerhalb der zweijährigen gesetzlichen Garantiezeit kostenlos zu reparieren, wenn die Kosten nicht höher sind als die eines Ersatzprodukts. Zudem müssen Reparaturen für Waren zwischen fünf und zehn Jahren nach dem Verkauf angeboten werden. "Die Menschen wollen die Lebensdauer ihrer Geräte verlängern, aber das ist oft zu kostspielig oder schwierig", sagte der Verhandlungsführer des Parlaments und verbraucherschutzpolitische Sprecher der Europa-SPD, Rene Repasi.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke sprach von einer wegweisenden Entscheidung des Europäischen Parlaments. "Viele Menschen können sich heute gar nicht mehr vorstellen, wie viele Konsumartikel man relativ einfach reparieren kann", sagte die Grünen-Politikerin. Die Lebens- und Nutzungsdauer von Produkten nehme immer weiter ab. "Wenn wir mehr von den Ressourcen, die bereits im Umlauf sind, so lange wie möglich nutzen, dann macht das Deutschland auch unabhängiger von fragilen Lieferketten." Lemke kündigte an, 2024 ein Reparaturgesetz für Deutschland vorzulegen und eine Förderung für Reparatur-Initiativen zu starten.

SCHLUPFLOCH ONLINE-MARKTPLATZ?

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) in Deutschland begrüßte das Votum des Parlaments zu dem Paket von Maßnahmen. "Denn es dürfte uns europaweit einen großen Schritt voranbringen hinsichtlich der Vermeidung von Abfällen, aber auch, was den Verbraucherschutz angeht", sagte VKU-Vizepräsident Patrick Hasenkamp. "Es kann nicht sein, dass Handys jedes Jahr ersetzt werden müssen, weil der Akku nicht austauschbar ist oder ein Haartrockner und Toaster nicht reparabel sind." Es gehe um Konsumgüter, die jeder zuhause habe und bei deren Herstellung jeweils tonnenweise Elektroschrott angefallen sei. "Wer konsumiert, muss auch das Recht und die Möglichkeit haben, seine Konsumgüter reparieren zu lassen." Nur dann könne man Abfälle vermeiden, sagte Hasenkamp, der Leiter der Abfallwirtschaftsbetriebe Münster ist.

Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) erklärte, das Vorhaben könne nur erfolgreich sein, wenn Handwerksbetriebe ihre Reparaturtätigkeit weiter ausbauen könnten. "Dafür bedarf es nicht nur ausreichender Fachkräfte, sondern Hersteller müssen auch dazu verpflichtet werden, Ersatzteile und Reparaturinformationen zu fairen Preisen bereitzustellen", sagte ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke. "In den anstehenden Trilogverhandlungen gilt es nun sicherzustellen, dass die Gewährleistungsfristen nach einer Reparatur nicht unverhältnismäßig verlängert werden."

Kritiker sprachen von einem Schlupfloch bei der Frage der Verantwortung von Online-Marktplätzen. "Das Recht auf Reparatur gibt keine Antwort darauf, wer für die Reparatur verantwortlich wäre, wenn Online-Marktplätze keinen wirtschaftlich Verantwortlichen benennen können", mahnte die Bundestagsabgeordnete Tabea Rößner (Grüne). Hier müsse auf EU-Ebene dringend nachgebessert werden.

(Bericht von Phil Blenkinsop in Brüssel und Klaus Lauer in Berlin; - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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