Harris hofft auf genügend Stimmen als Biden-Nachfolgerin bis Mittwoch

(stellt im vierten Absatz das Alter von Donald Trump klar. Trump ist 78 Jahre alt (nicht 79).)
Washington/Berlin (Reuters) - Nach dem Verzicht von US-Präsident Joe Biden auf eine Kandidatur für eine weitere Amtszeit will sich Vizepräsidentin Kamala Harris sehr schnell die Nachfolge sichern.
Harris wolle ihre Nominierung bereits bis Mittwochabend festzurren, sagten Insider am Montag. Bis dahin wolle sie sich die Unterstützung von genügend Delegierten gesichert haben. Ausreichend wäre beim Parteitag in rund vier Wochen eine einfache Mehrheit der 3936 Delegierten, also 1969 Stimmen. Schon zuvor hatte es geheißen, Wahlkampfhelfer und Verbündete hätten Hunderte Aufrufe getätigt, um Harris' Unterstützung zu sichern. Biden empfiehlt Harris, die Delegierten sind in ihrer Entscheidung aber frei.
Die US-Präsidentenwahl selbst ist am 5. November. Für die Republikaner tritt Ex-Präsident Donald Trump an. Ob sich noch andere Demokraten bewerben werden, ist offen. Vergangene Woche hatte es auch die Forderung gegeben, es dürfe nicht automatisch auf Vizepräsidentin Harris zulaufen. Solche Stimmen gab es am Montag aber nicht.
Der 81-jährige Biden war zuletzt immer offener zum Rückzug aufgefordert worden, auch nachdem er in dem TV-Duell mit Trump verschiedene Aussetzer hatte. Viele Abgeordnete hatten befürchtet, die Demokraten könnten bei der Wahl nicht nur die Präsidentschaft, sondern auch beide Kammern des Kongresses verlieren - denn am 5. November werden auch die Abgeordneten des Repräsentantenhauses und ein Teil der Senatoren neu gewählt.
Am Sonntag dann hatte Biden erklärt, er glaube, es sei im besten Interesse der Partei und des Landes, dass er zurücktrete und sich nur noch auf Präsidentenamt für den Rest seiner Amtszeit konzentriere. Damit bekommt es der 78-jährige Trump nun wahrscheinlich mit einem jüngeren Gegner zu tun. Harris ist 59.
Harris lobte Biden am Montag bei ihrem ersten Auftritt nach dessen Rückzug. "Joe Bidens Vermächtnis der letzten drei Jahre ist in der modernen Geschichte unübertroffen", sagte sie bei einer Veranstaltung des Weißen Hauses zur Ehrung von Sportlern. Zu ihrem neuen Status sagte sie nichts. Bereits am Sonntag hatte sie aber erklärt, sie wolle sich ihre Nominierung verdienen und gewinnen: "Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um die Demokratische Partei zu vereinen - und unsere Nation zu vereinen - um Donald Trump zu besiegen."
Wichtige Hilfe erhielt Harris von der einflussreichen und landesweit bekannten Ex-Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi. Sie habe volles Vertrauen, dass Harris die Demokraten im November zum Sieg führen werde, teilte Pelosi mit. Ähnlich äußerten sich Spitzenpolitiker, die zuvor als mögliche Rivalen von Harris genannt worden waren: die Gouverneurin von Michigan, Gretchen Whitmer, der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom und der Gouverneur von Kentucky, Andy Beshear. Ex-Präsident Barack Obama gab keine Unterstützungsbekundung ab. Der Chef des Demokratischen Nationalkomitees, Jaime Harrison, sagte, die Partei werde in Kürze die nächsten Schritte im Prozess der Nominierung bekanntgeben.
Der Milliardär Michael Bloomberg, ein wichtiger Spender für die Partei, schrieb auf X, die Demokraten sollten vor einer Entscheidung "den Puls der Wähler fühlen". Die Harris-Kampagne sammelte nach eigenen Angaben in den ersten 24 Stunden die vergleichsweise hohe Summe von 81 Millionen Dollar ein.
Bundeskanzler Olaf Scholz erklärte, er setze darauf, dass es auch nach Bidens Amtszeit enge transatlantische Beziehungen gebe. Eine Sprecherin der Bundesregierung hatte auf die Frage, ob Scholz Harris unterstütze, gesagt, der Kanzler wolle sich nicht in den US-Wahlkampf einmischen. Die Bundesregierung bereite sich auf alle "denkbaren Möglichkeiten vor.
(Bericht von Trevor Hunnicutt, Nandita Bose, Jeff Mason, Jarrett Renshaw, Steve Holland, Susan Heavey, Doina Chiacu, Kat Stafford und Andreas Rinke. Geschrieben von Ralf Bode, redigiert von Birgit Mittwollen. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)