Trump-Wahl und geopolitische Spannung überschatten G20-Gipfel

Berlin/Rio de Janeiro (Reuters) - Der bevorstehende Amtsantritt von Donald Trump als US-Präsident und geopolitische Spannungen überschatten den am Montag beginnenden G20-Gipfel der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer.
Man erwarte sehr schwierigen Verhandlungen, sagte ein deutscher Regierungsvertreter in Berlin am Freitag. Bundeskanzler Olaf Scholz wird am Sonntag nach Rio de Janeiro fliegen und am Rande des G20-Gipfels in Brasilien nach Angaben aus Regierungskreisen auch mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping zusammenkommen. Während Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz mit Blick auf die Neuwahlen am 23. Februar von einer "kleinen, vielleicht ganz freundlichen Abschiedsreise" sprach, widersprach ein Regierungssprecher dem Eindruck, dass Scholz nach dem Bruch der Ampel-Regierung geschwächt zu G20 reise. Die rotgrüne Minderheitsregierung sei voll funktionsfähig.
In Rio werde sich unter brasilianischer G20-Präsidentschaft die Tendenz der vorangehenden Treffen auf der Südhalbkugel in Indonesien und Indien fortsetzen, dass die Ukraine-Krise immer weiter auf der Agenda zurückgedrängt werde, hieß es in Berlin. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sei vom Gastgeber Brasilien nicht eingeladen worden. Russland wird wahrscheinlich von Außenminister Sergej Lawrow vertreten. Etliche westliche Länder würden das Ukraine-Thema aber sehr deutlich ansprechen, hieß es in Regierungskreisen.
Brasilien will auf dem Gipfel eigene Akzente setzen rief am Freitag eine Allianz gegen Hunger und Armut ins Leben. Die zunächst 42 teilnehmenden Länder verpflichten sich, 500 Millionen Menschen durch Geldtransfers und Sozialversicherungssysteme aus der Armut zu holen. Deutschland sei der erste Staat gewesen, der der Allianz beigetreten sei, wurde in Berlin betont.
Auf dem Gipfel könnten wirtschaftliche Fragen wieder stärker im Vordergrund stehen - schon weil Donald Trump Strafzölle gegen Produkte aus aller Welt angekündigt hat. Man müsse allerdings sehen, dass schon die Regierung von US-Präsident Joe Biden kein einfacher Partner bei Handelsfragen sei, heißt es in Regierungskreisen in Berlin. "Das wird sicherlich mit einer Trump-Administration nicht einfacher werden, aber wir werden da in sehr intensive Gespräche eintreten", kündigte ein Regierungsvertreter an. Man werde die neuen US-Partner darauf hinweisen, "welcher hoher Schaden entstünde, wenn die WTO weiter beschädigt würde und wenn wir uns in eine Spirale von Zollanhebungen hineinbegeben würden".
Der Kanzler werde den chinesischen Präsidenten treffen, hieß es weiter. "Für Deutschland ist ein stabiles Verhältnis zu China von großer Bedeutung", sagte ein deutscher Regierungsvertreter. Dabei würden sicherheitspolitische Themen wie die Ukraine, aber auch wirtschaftliche Themen angesprochen. Der Bundeskanzler hatte Xi im April in Peking getroffen. Zuletzt war Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt nach Peking gereist. Im Sommer waren auch Wirtschaftsminister Robert Habeck und Verkehrsminister Volker Wissing in China, das einer der beiden größten Handelspartner Deutschlands ist.
Die Bundesregierung dringt seit längerem darauf, dass China Russland nicht beim Krieg gegen die Ukraine unterstützt. Dies sei auch Thema des Gesprächs von Schmidt in Peking gewesen. Dabei geht es vor allem um die Lieferung von Dual-Use-Gütern an Russland, die Moskau auch im Krieg verwenden kann. Man warte zudem bei der Schuldeninitiative für ärmere Entwicklungsländer immer noch darauf, dass China sich bewege. Die westlichen Staaten haben die mittlerweile zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt aufgefordert, ebenfalls etwa afrikanische Länder zu entschulden. Die Bundesregierung hofft, dass vom G20-Gipfel auch ein Signal für den Abschluss des Freihandelsabkommens zwischen der EU und den Mercosur-Staaten in Südamerika ausgeht.
(Bericht von Andreas Rinke, Lisandra Paraguassu; redigiert von Hans Busemann. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)