Exporte mit größtem Rückgang seit Ende 2023 - "Echte Krise"

Berlin (Reuters) - Die deutschen Exporte sind im Oktober wegen der stark nachlassenden Nachfrage aus den USA und China so kräftig gefallen wie seit fast einem Jahr nicht mehr.
Sie sanken um 2,8 Prozent zum Vormonat auf 124,6 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Einen größeren Rückgang gab es zuletzt im Dezember 2023. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einem Minus von 2,0 Prozent gerechnet. Die Importe gaben ebenfalls nach, allerdings nur um 0,1 Prozent auf 111,2 Milliarden Euro. "Unsere Exporte sind nicht wettbewerbsfähig und für Importe fehlt die Nachfrage", sagte der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Dirk Jandura. "Wir haben in Deutschland eine echte Krise." Diese sei nicht vorübergehend, sondern strukturell.
Ähnlich sehen das Ökonomen. "Dieser Rückgang ist heftig", sagte der Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank, Cyrus de la Rubia zur Exportentwicklung. Das werde die deutsche Konjunktur am Jahresende stark belasten. "Somit ist es wahrscheinlich, dass im vierten Quartal die Wirtschaftsleistung insgesamt schrumpfen wird", sagte der Ökonom. Im Sommerquartal hatte es noch zu einem Mini-Wachstum von 0,1 Prozent gereicht.
"VORGESCHMACK AUF ZOLLSTREIT MIT USA"
Die meisten deutschen Exporte gingen zwar erneut in die USA, doch brach das Geschäft um 14,2 Prozent auf 12,2 Milliarden Euro ein. "Auch wenn der deutliche Exportrückgang in die USA von Großaufträgen geprägt sein dürfte, gibt das Minus einen Vorgeschmack, was im Falle von handfesten Zollstreitigkeiten mit den USA drohen könnte", sagte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel. Die Lieferungen nach China sanken um 3,8 Prozent auf 6,9 Milliarden Euro, während die Ausfuhren in das Vereinigte Königreich um 2,1 Prozent auf 6,5 Milliarden Euro zunahmen. In die EU-Staaten wurden im Oktober Waren im Wert von 68,9 Milliarden Euro exportiert, das ist ein Rückgang von 0,7 Prozent zum Vormonat.
Bessere Zeiten sind der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) zufolge vorerst nicht in Sicht. "In diesem Jahr wird es kein Exportwachstum geben", sagte DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier. "Für das kommende Jahr ist allenfalls mit einer Stagnation zu rechnen." Wachstumsimpulse aus dem Ausland blieben aufgrund mangelnder Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen im internationalen Vergleich aus.
Immerhin: Die Exporterwartungen der deutschen Industrieunternehmen haben sich nach dem Wahlsieg des mit heftigen Zöllen drohenden künftigen US-Präsidenten Donald Trump etwas aufgehellt. Das entsprechende Barometer stieg im November auf minus 5,9 Punkte von minus 6,5 Punkten im Oktober, wie das Münchner Ifo-Institut bei seiner Firmenumfrage ermittelte. Das ist der erste Anstieg seit einem halben Jahr. "Die Unternehmen sind verunsichert, warten aber noch ab, welche Handelspolitik Trump letztendlich umsetzen wird", sagte dazu der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe. "Zudem hat der Dollar nach der Wahl kräftig aufgewertet, wovon die Exporteure profitieren können."
(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Hans Busemann - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)