Konjunktur

Weiterhin nur Stagnation: Ökonomen drängen zu Reformen

Reuters · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Die Wirtschaftsweisen erwarten nach zwei Rezessionsjahren eine Stagnation und dringen auf Reformen als Ausweg aus der Misere.

Quelle: Natanael Ginting/Shutterstock.com

Der Sachverständigenrat kassierte am Mittwoch in seinem Frühjahrsgutachten die frühere Prognose von einem leichten Wachstum und erwartet nunmehr, dass die Wirtschaft auf der Stelle tritt: "Die deutsche Wirtschaft befindet sich weiter in einer ausgeprägten Schwächephase", sagte Monika Schnitzer, die Chefin der Wirtschaftsweisen. Im November hatten die Top-Ökonomen noch ein Plus beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 0,4 Prozent veranschlagt. Neben dem Zollkonflikt bremse auch die Bürokratie. Diese müsse "konsequenter als bisher" abgebaut werden. Zudem fordern die Regierungsberater eine gezielte regionale Wirtschaftspolitik, um dem Strukturwandel zu begegnen.

Erst nächstes Jahr winkt nach Ansicht der Regierungsberater konjunkturelle Besserung: Für 2026 rechnen sie mit einem BIP-Zuwachs von 1,0 Prozent. Das Finanzpaket biete Chancen für eine Modernisierung der Infrastruktur und eine Rückkehr auf einen höheren Wachstumspfad. Es erweitere die fiskalischen Spielräume erheblich, sagte der Wirtschaftsweise Achim Truger. Es winkten "erhebliche positive Wachstumseffekte".

Dafür müsse das Paket jedoch konsequent auf Investitionen ausgerichtet werden. Die bislang getroffenen Vorkehrungen reichen aus Sicht der Weisen nicht aus, um zu verhindern, dass bisher geplante Investitionen aus dem Kernhaushalt einfach verschoben und die freigewordenen Mittel konsumtiv eingesetzt werden. "Stichwort: Mütterrente, Agrardiesel-Subventionen, Gastrosteuersenkung", erläuterte die Wirtschaftsweise Ulrike Malmendier.

Ein erneuter Weckruf - Unternehmen pochen auf schnelle Maßnahmen

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) sieht den Expertenbericht als Weckruf: "Die Lage der deutschen Wirtschaft ist nach wie vor ernst – das Frühjahrsgutachten der Wirtschaftsweisen unterstreicht das eindrücklich", sagte DIHK-Hauptgeschäftsführerin Helena Melnikov. Die Unternehmen erwarteten schnelle und spürbare Maßnahmen. Der Koalitionsvertrag enthalte wichtige Ansatzpunkte – sie müssten jetzt zügig und konsequent auf den Weg gebracht werden.

"Die Wirtschaft wieder in Fahrt zu bringen, hat für uns als Union oberste Priorität", erklärte Sepp Müller, Unions-Fraktionsvize für Wirtschaft. Man werde schnellstmöglich mehrere Maßnahmen wie die Senkung der Stromsteuer und Netzentgelte sowie die Abschaffung der Gasspeicherumlage in den Bundestag einbringen.

Der für kommende Woche geplante Koalitionsausschuss soll nach Angaben des SPD-Politikers Dirk Wiese einen klaren Fahrplan bis zur Sommerpause aufstellen. Wiese betonte, dass etwa die Verlängerung der Mietpreisbremse noch vor der Sommerpause kommen müsse. Zudem sei das verabredete Tariftreuegesetz für die SPD prioritär, die Stromkosten müssten schnell gesenkt werden. Im Baubereich sollten die anvisierten Vereinfachungen beim Bau schnell umgesetzt werden.

Rat uneins: Bürokratie nur verschlanken, oder Regulierungen massiv abbauen?

Die Ökonomen mahnen die Regierung in ihrem Gutachten, den Bürokratieabbau beherzt anzugehen. Um endlich Fortschritte zu erzielen, sollten Informations- und Genehmigungspflichten vereinfacht und digitalisiert werden. Was bisher getan wurde, ziele in die richtige Richtung, sei aber oft zu punktuell: "Nur mit wirksamen Reformen können wir einen spürbaren Effekt auf das Wirtschaftswachstum erreichen", sagte Ökonom Martin Werding.

Seine Ratskollegin Veronika Grimm teilt zwar die Einschätzung, dass der Bürokratieaufwand deutlich reduziert werden sollte, hält aber den Ansatz der Ratsmehrheit für nicht zielführend: Echte Entlastung dürfte es ihrer Ansicht nach nur mit einem Abbau von Regulierung geben. Zudem könnten nur durch den Abbau von Regulierung Hemmnisse für Wachstum und Innovation wirksam beseitigt werden.

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Werding sagte, die Weisen hätten noch in der Zeit vor dem Koalitionsvertrag ein Kapitel zum Bürokratieabbau vorbereitet, in dem auch das Lieferkettengesetz zur Sprache kam. "Da hat uns die Koalition jetzt überholt", fügte der Experte hinzu. "Die Empfehlung, dass sie sich weiter in die Richtung bewegt, also die Regelung auszusetzen, bis wir eine europäische Regelung haben und zu schauen, was da sinnvoll ist, was zu den erreichbaren Zielen einer solchen Regelung passt: Also die Empfehlung würden wir weiter geben."

Bundeskanzler Friedrich Merz hat sich für eine Abschaffung der EU-Regelung eingesetzt, obwohl CDU, CSU und SPD im gerade unterzeichneten Koalitionsvertrag etwas anderes vereinbart hatten. Dort ist zwar die Abschaffung des nationalen Gesetzes festgehalten, aber nur eine Reform der EU-Richtlinie, die dann wiederum Vorbild für eine neue nationale Regelung werden soll. Das Lieferkettengesetz gilt manchen in der Union als Symbol für zu viele bürokratische Auflagen für Firmen.

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