Stimmung in Wirtschaft besser als die Lage: "Prinzip Hoffnung wieder da"

Reuters · Uhr
Quelle: (c) Copyright Thomson Reuters 2025. Click For Restrictions - https://agency.reuters.com/en/copyright.html

- von Reinhard Becker und Klaus Lauer und Alexander Hübner

Berlin/München/Nürnberg (Reuters) - Trotz weiterhin mauer Konjunktur bessert sich die Stimmung in den Chefetagen der Firmen in Deutschland zusehends.

Der Ifo-Geschäftsklimaindex stieg im Mai auf 87,5 Punkte, nach 86,9 Zählern im April und damit das fünfte Mal in Folge, wie das Münchner Ifo-Institut am Donnerstag zu seiner Umfrage unter rund 9000 Führungskräften mitteilte. "Die deutsche Wirtschaft fasst langsam wieder Tritt", resümierte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Geprägt wurde das aufgehellte Stimmungsbild von mehr Zuversicht mit Blick auf die Geschäftsaussichten. Doch die Lage sehen die Führungskräfte skeptischer als noch im April.

Dazu passt, dass ein anderes an den Finanzmärkten viel beachtetes Stimmungsbarometer für die Konjunktur im Mai eine leichte Talfahrt der Wirtschaft anzeigt. Der vom Finanzdienstleister S&P Global erstellte Einkaufsmanagerindex (PMI) sank auf 48,6 Punkte, von 50,1 Zählern im April. Er rutschte damit unter die Wachstumsschwelle von 50 Stellen ab.

Für einen Lichtblick sorgte dabei die Industrie, die ihre Talfahrt bremste: "Der PMI im Verarbeitenden Gewerbe befindet sich zwar weiterhin im roten Bereich, steigt aber seit fünf Monaten sukzessive an", erklärte Chefökonom Cyrus de la Rubia von der Hamburg Commercial Bank (HCOB). Helaba-Experte Ralf Umlauf geht davon aus, dass die Deeskalation im Zollstreit mit den USA für den Anstieg verantwortlich sein dürfte: "Zudem hoffen die Unternehmenslenker auf wirtschaftliche Impulse der neuen Bundesregierung."

"ZWISCHEN HOFFEN UND BANGEN"

Die deutschen Wirtschaftsweisen um die Münchner Top-Ökonomin Monika Schnitzer rechnen dieses Jahr allerdings noch mit einer Stagnation. Sie sehen die Wirtschaft "weiter in einer ausgeprägten Schwächephase" und zugleich in einem Zustand zwischen "Hoffen und Bangen". Das Ifo-Institut ist für die Konjunktur etwas optimistischer als die Regierungsberater. "Wir werden in diesem Jahr eine leicht positive Wachstumsrate sehen", sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe der Nachrichtenagentur Reuters. Er verwies darauf, dass der Ifo-Konjunkturindex seit Jahresbeginn nach oben zeige.

Auch für das laufende zweite Quartal erwartet Wohlrabe ein mit 0,1 Prozent leicht steigendes Bruttoinlandsprodukt, nachdem der Zollkonflikt vorläufig deeskaliert. "Das Prinzip Hoffnung ist wieder da, man ist aber noch immer vorsichtig", sagte er. Mit einem schnellen Aufschwung sei jedoch nicht zu rechnen.

Dies sieht die Bundesbank ähnlich: Die hiesige Wirtschaft wird laut der deutschen Zentralbank auch als Folge der US-Zollpolitik voraussichtlich im laufenden zweiten Quartal in etwa stagnieren. Vielfältige Belastungsfaktoren bestünden fort, und mit der verschärften Zollpolitik der US-Regierung komme zusätzlicher Gegenwind hinzu, heißt es im Monatsbericht der Bundesbank. Dies treffe insbesondere die Exportwirtschaft, die ohnehin mit einer schwierigen Wettbewerbsposition und schwacher Nachfrage zu kämpfen habe.

Die Bundesbank geht davon aus, dass positive Effekte für die Konjunktur durch die expansive Haushaltspolitik der Bundesregierung kurzfristig nicht zu erwarten sind. Sie rechnet damit, dass vor allem die höheren Infrastruktur- und Verteidigungsausgaben die Wirtschaft mit zeitlicher Verzögerung anschieben werden.

"ALLEIN GELD WIRD ES NICHT SEIN"

Finanzstaatssekretär Michael Schrodi plädiert neben den anstehenden öffentlichen Investitionen auch für privates Kapital. Dies sei unerlässlich, um den Standort Deutschland wieder nach vorn zu bringen, sagte Schrodi (SPD) auf dem Deutschen Sparkassentag in Nürnberg. "Wir brauchen mehr öffentliche Investitionen." Man wolle aber auch zügig Impulse für mehr Wirtschaftswachstum setzen: "Allein Geld wird es nicht sein." So seien Strukturreformen geplant, etwa zur Fachkräftesicherung und zum Bürokratieabbau, betonte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium. Insbesondere den konsequenten Abbau "unnötiger Bürokratie" hatten die Wirtschaftsweisen der schwarz-roten Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) ins Stammbuch geschrieben.

(Mitarbeit Frank Siebelt, redigiert von Reinhard Becker und Hans Busemann. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

onvista Premium-Artikel

onvista-Bilanzanalyse
Profiteur eines Mega-Trends? Börsenneuling Pfisterer im Checkgestern, 15:30 Uhr · onvista
Ein Arbeiter an einem Umspannwerk
Chartzeit Eilmeldung
Robinhood - nimm es von den Reichen20. Mai · onvista
Robinhood - nimm es von den Reichen
Kolumne von Stefan Riße
Europa hat den Weckruf gehört. Steht es auch auf?18. Mai · Acatis
Flaggen der EU-Länder sind zu sehen