Umfrage: Experten rechnen mit steigenden Immobilienpreisen und höheren Mieten

Berlin (Reuters) - Wohnimmobilien in Deutschland werden sich Experten zufolge in diesem Jahr nicht ganz so stark verteuern wie bislang angenommen.
Die Preise dürften um durchschnittlich drei Prozent im Vergleich zum Vorjahr zulegen, sagten die Immobilienanalysten von 15 Banken und Finanzinstituten im Schnitt am Mittwoch voraus. Die Umfrage wurde Ende Mai durchgeführt - im Februar war noch ein Plus von 3,5 Prozent erwartet worden. Auch 2026 soll es ein Plus von drei Prozent geben, wie die Experten erwarten.
Im Schlussquartal 2024 sind die Immobilienpreise um 1,9 Prozent zum Vorjahreszeitraum gestiegen und damit erstmals seit 2022. Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine waren die Energie- und Materialkosten in die Höhe geschnellt, worauf die Europäische Zentralbank (EZB) mit kräftigen Zinserhöhungen reagierte, um die Inflation zu dämpfen. Die Nachfrage nach Immobilien brach in der Folge ein und beendete einen jahrelangen Bauboom, weil die Kosten für den Kauf hochgeschossen waren.
"Da die Hauspreise voraussichtlich weiter steigen werden, dürfte sich das Angebot an erschwinglichen Wohnungen in diesem Jahr insgesamt verschlechtern", sagte ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski. Die steigende Arbeitslosigkeit, höhere Immobilienpreise und das Auf und Ab der Zinssätze dürften belasten. "Daher wird die Erholung des Immobilienmarktes gedämpft bleiben", so Brzeski.
MIETEN SOLLEN STÄRKER STEIGEN ALS KAUFPREISE
Neun der befragten 15 Immobilienexperten gehen davon aus, dass das Angebot an erschwinglichen Wohnungen in diesem Jahr geringer ausfallen wird. Zwei Experten meinen sogar, dass es deutlich geringer sein wird. Die durchschnittlichen Wohnungsmieten in den Städten dürften im kommenden Jahr zwischen vier und fünf Prozent steigen und damit stärker als die Kaufpreise. "Der massive Rückgang der Baugenehmigungen führt zu einer generellen Verschärfung der Wohnungsknappheit", sagte Analyst Sebastian Schnejdar von der BayernLB. "Hinzu kommt, dass potenzielle Immobilienkäufer, die aufgrund der gestiegenen Zinsen nicht mehr auf dem Käufermarkt aktiv sind, verstärkt nach Mietwohnungen suchen oder länger in diesen bleiben." Der Aufwärtsdruck auf die Mieten - insbesondere in den Metropolregionen - werde daher hoch bleiben, die Kaufnachfrage nach Wohnraum dagegen relativ gering.
13 der 15 befragten Experten erwarten, dass sich die Erschwinglichkeit für Erstkäufer von Wohneigentum im kommenden Jahr verschlechtern wird. Das deutet darauf hin, dass mehr Menschen auf den bereits überfüllten Mietmarkt strömen und die Mieten noch weiter steigen werden.
Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland nur 251.900 Neubauwohnungen fertiggestellt und damit 42.500 Einheiten oder 14,4 Prozent weniger als 2023, wie das Statistische Bundesamt ermittelte. "Das war der erste deutliche Rückgang, nachdem die Zahl fertiggestellter Wohnungen in den Jahren 2021 bis 2023 jeweils um 294.000 gelegen hatte", so die Behörde.
(Bericht von Indradip Ghosh und Rene Wagner, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)