Israel greift Atomanlagen im Iran an - Iranische Drohnen abgefangen

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- von Maayan Lubell und Parisa Hafezi und Steve Holland

Jerusalem/Dubai (Reuters) - Israel hat Atom- und Militäranlagen im Iran angegriffen und damit für eine weitere Eskalation im Nahen Osten gesorgt.

Der Iran warf am Freitag Israel einen "feigen Angriff" vor. Er reagierte mit dem Start von Drohnen gen Israel, um Vergeltung auch für den Tod des Kommandeurs der mächtigen Revolutionsgarde, Hossein Salami, und von sechs Atomwissenschaftlern bei den Angriffen zu üben. Israels Militär zufolge waren es mehr als hundert iranische Drohnen, die aber zum großen Teil bereits abgefangen wurden. Es begründete seinen in der Nacht zu Freitag gestarteten Einsatz "Rising Lion" damit, dass der Iran nicht in den Besitz von Atomwaffen kommen dürfe. International löste die Verschärfung des seit Jahrzehnten schwelenden Konflikts große Besorgnis aus. US-Präsident Donald Trump drängte den Iran abermals, ein Atomabkommen mit den USA abzuschließen, das die - auch für den Bau von Atombomben notwendige - Urananreicherung beschränkt. "Der Iran muss einen Deal machen, bevor nichts mehr übrig ist."

In israelischen Sicherheitskreisen hieß es, Sonderkommandos des Geheimdienstes Mossad seien vor dem großangelegten Angriff tief im Inneren der Islamischen Republik im Einsatz gewesen. Der Geheimdienst und das Militär hätten eine Reihe verdeckter Einsätze gegen das strategische Raketenabwehrsystem des Irans unternommen. Bei dem Großangriff auf die iranische Luftabwehr seien Dutzende Radaranlagen und Boden-Luft-Raketenwerfer zerstört worden, teilte das israelische Militär mit.

An den Angriffen waren dem israelischen Militär zufolge rund 200 Kampfjets beteiligt, die mehr als 100 Ziele im Iran trafen. Israel habe bestätigen können, dass der Stabschef der iranischen Streitkräfte, der Kommandeur der Revolutionsgarde und der Kommandeur des iranischen Notstandskommandos bei den Angriffen getötet worden seien.

US-Außenminister Marco Rubio betonte, die USA seien an den Angriffen nicht beteiligt gewesen. Die israelische Regierung habe einseitig zur Selbstverteidigung gehandelt.

IRAN: SCHÄDEN AN ATOMANLAGE NATANS - KEINE KONTAMINATION

Iranische Medien und Zeugen berichteten von Explosionen, unter anderem in der wichtigsten Urananreicherungsanlage in Natans. Dort entstanden nach Angaben der iranischen Atombehörde durch den israelischen Angriff Schäden. Bislang gebe es aber keine Berichte über mögliche Opfer. Es gebe derzeit auch keine Hinweise auf eine radioaktive oder chemische Kontamination außerhalb der Anlage.

Das geistliche und politische Oberhaupt des Irans, Ajatollah Ali Chamenei, erklärte, Israel habe bei einem Verbrechen gegen den Iran "seine böse und blutige Hand entfesselt" und werde "ein bitteres Schicksal" erleiden. Die iranische Regierung warf Israel einen "feigen Angriff" vor. Dieser zeige, warum die Führung in Teheran auf die Anreicherung von Uran, die Atomtechnologie insgesamt und das Raketenprogramm bestehe.

Die USA und andere westliche Staaten werfen dem Iran vor, unter dem Vorwand einer zivilen Nutzung der Kernenergie nach Atomwaffen zu streben. Der Iran weist dies zurück. Die Anreicherung von Uran ist einer der größten Streitpunkte bei den Gesprächen zwischen den USA und dem Iran über ein neues Atomabkommen. Aus der internationalen Vereinbarung von 2015 waren die USA 2018 in Trumps erster Amtszeit ausgestiegen und hatten neue Sanktionen gegen den Iran verhängt.

AUFRUFE ZUR ZURÜCKHALTUNG UND SCHARFE KRITIK AN ISRAEL

Die Internationale Atomenergie-Behörde IAEA rief alle Seiten zu größter Zurückhaltung auf. Jede weitere Eskalation müsse vermieden werden, erklärte der Chef der UN-Behörde, Rafael Grossi. Auch die Nato sowie zahlreiche Staaten - darunter Großbritannien und Frankreich - appellierten an die Parteien, den Konflikt nicht weiter eskalieren zu lassen.

Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas nannte die Lage gefährlich. Sie stehe bereit, um diplomatische Initiativen zu unterstützen. Russland, das im Zuge des Ukraine-Kriegs seine Zusammenarbeit mit dem Iran verstärkt hat, verurteilte den israelischen Angriff. Dass er so kurz vor den für Sonntag geplanten Gesprächen zwischen dem Iran und den USA über ein neues Atomabkommen stattfinde, sei "besonders zynisch". Es könne beim iranischen Atomprogramm keine militärische Lösung geben, sondern nur eine diplomatische. Die Türkei, ein wichtiger Nato-Staat, erklärte, der Angriff zeige, dass Israel das Thema nicht durch diplomatische Mittel lösen wolle. Katar sprach von einer "eklatanten Verletzung" der Souveränität und Sicherheit des Irans. China, das vom Iran Öl bezieht, äußerte sich zutiefst besorgt über die schwerwiegenden Folgen, die der israelische Angriff auf den Iran haben könnte. Die plötzliche Eskalation diene den Interessen keiner Partei.

Bundeskanzler Friedrich Merz, der von Netanjahu am frühen Morgen über den Militäreinsatz informiert wurde, bekräftigte Israels Recht, seine Existenz und die Sicherheit seiner Bevölkerung zu verteidigen. Zugleich rief Merz "beide Seiten auf, von Schritten abzusehen, die zu einer weiteren Eskalation führen und die gesamte Region destabilisieren können".

Wegen der Furcht vor weiterer Eskalation und Instabilität in der Ölförderregion stieg der Rohölpreis sprunghaft an, gab dann aber wieder etwas nach. Auch die Aktienmärkte gerieten unter Druck.

(Geschrieben von Sabine Ehrhardt, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)

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