Bund kommt Ländern bei Entlastung für Steuerausfälle entgegen

- von Andreas Rinke und Christian Krämer
Berlin (Reuters) - Die Länder haben sich im Ringen mit dem Bund um einen finanziellen Ausgleich für Steuerausfälle durch den sogenannten Investitions-Booster durchgesetzt.
"Wir sind uns einig darüber, dass die Gemeinden vor allem eine Kompensation, einen Ausgleich brauchen für die Steuerausfälle, die möglicherweise mit diesem Investitionsprogramm einhergehen", sagte Kanzler Friedrich Merz am Mittwoch nach einer langen Beratung mit den 16 Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten im Kanzleramt. Über das Wochenende soll nun eine Arbeitsgruppe einen Vorschlag erarbeiten, wie Länder und Kommunen "kurzfristig durch befristete, unmittelbare Kompensationsmaßnahmen entlastet werden" können, heißt es in dem beschlossenen gemeinsamen Papier.
Die Ministerpräsidenten Olaf Lies (SPD, Niedersachsen) und Michael Kretschmer (CDU, Sachsen) betonten, dass dies notwendig für die Zustimmung des Bundesrates am 11. Juli zum Investitions-Booster-Paket sei. Dieses enthält stark verbesserte Abschreibungsregeln für Investitionen von Unternehmen und eine Körperschaftssteuersenkung ab 2028. Damit sollen Investitionen in der lahmenden Wirtschaft angekurbelt werden.
Länder und Kommunen müssten aber den Großteil der erwarteten Steuerausfälle von mehr als 45 Milliarden Euro in den kommenden Jahren übernehmen. Deshalb pochen sie auf eine Entlastung, weil die Finanzprobleme von Ländern und Kommunen ansonsten den Wunsch nach Investitionen und einem wirtschaftlichen Aufbruch sofort wieder bremsen würden. Merz räumte ein, dass sich viele Kommunen in einer desolaten finanziellen Lage befänden.
Details der Kompensationsmaßnahmen sollen nun "zügig" in einer Arbeitsgruppe festgelegt werden. Dabei gehe es um einen Vorschlag auch unter Berücksichtigung der Umsatzsteuerverteilung, heißt es. Unklar ist, ob der gesamte Betrag an Steuerausfällen vom Bund ersetzt werden soll - und was dies an zusätzlicher Belastung für den Bundeshaushalt bedeute. Merz sagte, dass das Wort Kompensation eigentlich falsch sei, weil Länder und Kommunen von den erhöhten Steuereinnahmen nach dem angestrebten anziehenden Wachstum profitieren würden.
Lies und Kretschmer betonten, dass auch die Länder keinen Vermittlungsausschuss für das Investitions-Booster-Paket wollten. Weil die Kommunen aber bereits jetzt jährlich mit 25 Milliarden Euro in den Miesen seien, brauche man einen fairen Ausgleich, um einen Vermittlungsausschuss zu vermeiden, sagte Kretschmer. Außerdem müsse man über die Sozialausgaben reden, die in den vergangenen Jahren gerade für die Kommunen sehr stark gestiegen seien.
GRUNDSÄTZLICHE REGELUNG ZUR FINANZIERUNG BUNDESAUFLAGEN
Die Bundesregierung sagte den Ländern zudem zu, dass sie den im Koalitionsvertrag verankerten Grundsatz umsetzen wird, dass Mehrausgaben oder Mindereinnahmen von Ländern und Kommunen durch Bundes-Entscheidungen ausgeglichen werden sollen (Veranlassungskonnexität). Länder und Kommunen würden dann einen finanziellen Ausgleich über Umsatzsteuerpunkte oder -festbeträge bekommen, heißt es in dem gemeinsamen Beschluss. Auch dazu soll eine Arbeitsgruppe "bis nach der Sommerpause" Vorschläge vorlegen.
Der Bund sichert Ländern und Kommunen zudem den festen Anteil von 100 Milliarden Euro an Krediten aus dem Sondervermögen Infrastruktur zu. Der Bund übernimmt dabei die fälligen Zinsen und die Tilgung. "Die Verteilung der Mittel des Sondervermögens auf die Länder erfolgt jeweils hälftig nach dem festgestellten Königsteiner Schlüssel 2019 und dem fortgeschriebenen Schlüssel 2024", heißt es mit Blick auf die Verteilung zwischen den Ländern.
Investitionen aus dem Sondervermögen sollten "schnell, sichtbar und für die Bürgerinnen und Bürger sowie die Wirtschaft spürbar" auf den Weg gebracht werden. Dabei sollten einfache und bürokratiearme Verfahren gewählt werden. "Es sollen keine Genehmigungen von Einzelprojekten erfolgen, sondern pauschale Zuweisungen", halten Bund und Länder fest - das war den Ministerpräsidenten besonders wichtig. Sie wollen einerseits eine frühere Abstimmung mit den Investitionen von 400 Milliarden Euro durch die Bundesebene - andererseits aber völlige Freiheit für die Verwendung der ihnen zustehenden Kredite.
Der Bund sollte die 100 Milliarden Euro dabei kurzfristig und für die gesamte Laufzeit im Voraus anbieten, damit Länder und Kommunen das Geld nach Bedarf abrufen können. Der Auszahlungszeitraum soll zudem über den bisher geplanten Bewilligungszeitraum von zwölf Jahren hinausreichen können.
In Bezug auf die Altschulden der Kommunen, die ebenfalls eine Investitionsbremse sind, sagte Kanzler Merz, dass darüber nicht gesprochen worden sei. "Gegebenenfalls" werde man im Herbst "im Zuge einer größeren Steuerreform" darüber sprechen. Die Lage bei den Altschulden sei sehr komplex und betreffe vor allem drei Bundesländer. Landesregierungen, die das Problem bereits gelöst haben, fordern einen Ausgleich für sich, wenn der Bund anderen noch notleidenden Ländern unter die Arme greifen sollte.
(redigiert von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)