Union will in Koalition niedrigere Stromsteuer für alle durchsetzen

- von Christian Krämer und Andreas Rinke
Berlin (Reuters) - Die Union pocht innerhalb der schwarz-roten Koalition darauf, anders als derzeit vorgesehen die Stromsteuer nicht nur für einzelne Wirtschaftsbereiche abzusenken.
Gefordert wurde am Mittwoch, dass alle Unternehmen und auch private Haushalte davon profitieren müssten. So ist es eigentlich im Koalitionsvertrag von Union und SPD auch vorgesehen. Wirtschaftsministerium Katherina Reiche (CDU) sagte im Bundestag, Verbraucher würde an anderer Stelle entlastet.
Die Regierung hatte am Dienstag bei der Vorstellung der Haushaltspläne eingeräumt, dass zunächst nur die Industrie sowie die Land- und Forstwirtschaft entlastet werden sollen. Andere Wirtschaftsbereiche und Verbraucher wurden aus Finanznöten nicht mehr mit einbezogen. "Wir tun das, was wir im Haushalt können", sagte Reiche. Die jetzt geplante Senkung der Stromsteuer habe ein Entlastungsvolumen von rund drei Milliarden Euro. "Das ist viel." Eine Absenkung für private Haushalte hätte rund zwei Milliarden Euro gekostet. Es gebe aber noch die Abschaffung der Gasspeicherumlage im Volumen von 3,4 Milliarden Euro sowie eine Absenkung der Netzentgelte, was um 6,5 Milliarden entlaste. Die Pläne sind der Teil der Maßnahmen, um die seit Jahren brachliegende Wirtschaft wieder anzuschieben.
Im Koalitionsvertrag wurde zu den Strompreisen zugesagt, dass Unternehmen und Verbraucher um mindestens fünf Cent pro Kilowattstunde entlastet werden sollen. "Dafür werden wir als Sofortmaßnahme die Stromsteuer für alle auf das europäische Mindestmaß senken und Umlagen und Netzentgelte reduzieren." Das europäische Mindestmaß liegt bei 0,05 Cent pro Kilowattstunde. Deutsche Verbraucher zahlen 2,05 Cent.
UNION WILL SCHNELL NACHVERHANDELN
"Die Senkung der Stromkosten für alle bleibt unser Ziel", sagte Sepp Müller, stellvertretender CDU/CSU-Fraktionschef, der Nachrichtenagentur Reuters. "Wir müssen jetzt schnellstmöglich beraten, wann wir das realisieren können." Auch Reiche bekannte sich zum Ziel im Koalitionsvertrag. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann betonte gegenüber "Bild", dass die Absenkung als Kompensation für den CO2-Preis gedacht gewesen sei. Die Reduzierung der Stromsteuer sei "gerade mit Blick auf die Akzeptanz der Energiewende dringend notwendig". Der CDU-Wirtschaftspolitiker Tilman Kuban plädierte im "Stern" für eine geringere Wärmepumpenförderung. Die Regierung müsse den entsprechenden Topf um fünf Milliarden Euro verkleinern.
Die Summe der geplanten Maßnahmen führt nach Angaben der Regierung bereits zu einer Entlastung von zwei bis drei Cent pro Kilowattstunde auch für Bürger. "Wir werden prüfen im Laufe der Zeit, wann weitere Maßnahmen folgen können", sagte ein Sprecher des Finanzministeriums. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Dirk Wiese, sagte, die Positionierung der Bundesregierung für den Haushalt 2025 "heißt ja nicht, dass es in der gesamten Wahlperiode nicht kommt".
SCHARFE KRITIK AUS DER WIRTSCHAFT
Der Einzelhandel kritisierte, es dürften nicht nur ausgewählte Branchen profitieren. "Mit einem solchen Bruch des Koalitionsvertrages verspielt die Regierung das Vertrauen des Handels und reißt den Unternehmen den Boden unter den Füßen weg", sagte der Präsident des Branchenverbands HDE, Alexander von Preen. Kritisch äußerte sich auch die Deutsche Industrie- und Handelskammer. DIHK-Präsident Peter Adrian sprach von einem Schlag ins Gesicht für viele Unternehmen. Die Regierung habe dies ausdrücklich als Sofortmaßnahme verkauft. "Niemand versteht, warum trotz der geplanten Rekord-Verschuldung diese ohnehin recht kleine, aber sehr wichtige Entlastung nicht möglich sein soll." Nun werde die Entlastung nur bei einem Bruchteil der Unternehmen in Deutschland ankommen.
Die Verbraucherzentrale Bundesverband betonte, Haushalte in Deutschland zahlten im europäischen Vergleich die höchsten Strompreise. "Die Entlastung der Menschen bei den Energiepreisen war eines der zentralen Wahlversprechen der Koalitionsparteien." Es dürfe keine Abkehr davon geben. "Der Vertrauensverlust wäre immens."
(Mitarbeit von Markus Wacket, redigiert von Christian Rüttger. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)