Die Bereinigung der 2020er-Exzesse läuft!

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Und diese Bereinigung geht teilweise sehr schnell vonstatten. Die Blase im Wasserstoffsektor ist sogar regelrecht geplatzt. Plug Power halbierte sich innerhalb von sechs Wochen. Andere wie Nel ASA oder ITM Power verloren bis zu 40 %. Auch im Bereich der regenerativen Energien kam es zu signifikanten Einschnitten – siehe Jinko Solar, Vestas oder Ørsted. Der Tech-Sektor kam ebenso unter Druck. Während der Nasdaq 100 vom Top in kurzer Zeit über 11 % eingebüßt hat, kam es bei einzelnen Werten – insbesondere in der zweiten Reihe des Sektors – zu deutlich stärkeren Korrekturen. Auch hier gab es 2020 zahlreiche Exzesse. Einer von vielen war z. B. Palantir. Daraus resultierten in wenigen Wochen nun knapp – 40 %. Dagegen sieht das Bild bei den FAANGS gemischter aus.

Insbesondere die zweiten und dritten Reihen stehen unter Verkaufsdruck. Hier waren die Ausschweifungen seit dem Frühjahr 2020 besonders groß. Dass Titel wie Wallstreet:Online, Lang & Schwarz oder Energiekontor nach mehreren 100 % Kursgewinn schnell auch mal bis zu 30 % von oben verlieren, ist völlig normal. Hier geht es eben nicht mehr darum, die nächsten Kaufkurse zu timen, sondern den nächsten Abbau. Oder: Wenn PVA TePla ab Oktober 2020 von 10 € auf 26 € bis Februar 2021 steigt, dann darf eine 50-%-Korrektur auf den letzten Anstieg – also ca. 8 € – nicht verwundern, auch wenn das Ziel eher um 28 zu 30 € zu sehen ist. Gleiches gilt für BYD, Nio etc. Für viele neue Aktionäre mag diese Erkenntnis schmerzhaft, aber letztlich auch lehrreich sein. Jede Fahnenstange findet ihr Ende. Somit kehrt Normalität ein.

Um Normalität bemühte sich letzte Woche auch Jerome Powell, Chef der amerikanischen Notenbank. Sein Statement zur Geldpolitik wird inzwischen dahingehend interpretiert, ein Heißlaufen der Aktienmärkte nebst Exzessen zu verhindern. Zwischen den Zeilen ließ Powell erkennen, den laufenden Zinsanstieg zu tolerieren. Eine Kontrolle der Zinskurve ist damit erst mal vom Tisch und somit ist mit einem weiteren Renditeanstieg bei den 10-Jährigen bis 2 % zu rechnen. Wir gehen davon aus, dass Powell solange kein Problem damit haben wird, solange der Realzins negativ bleibt. Überbewertete Wachstumstitel haben es in diesem Szenario schwer. Im Tech-Sektor wird Differenzierung somit immer wichtiger.

Auf der anderen Seite der Normalität stehen die Zykliker- und Reopening-Gewinner. Deren Bewertungen lassen sich in der Regel rechnen. Der DAX schaffte einen neuen Rekord. Goldman Sachs geht davon aus, dass die gefährdeten Bevölkerungsschichten in den USA und Großbritannien zum größten Teil bereits geschützt sind.

Viele Bewertungsblasen lösen sich derzeit in Luft auf. Währenddessen schieben sich vernünftig bewertete Sektoren mehr und mehr in den Vordergrund. Dazu gehört ohne Zweifel die Old Economy. Gute Technologiewerte bekommen ihre wohlverdiente Pause. Das Restrisiko im Nasdaq kalkulieren wir auf ca. 5 bis 10 %. 60 bis 70 % der Bevölkerung in den entwickelten Ländern sollten im zweiten bis dritten Quartal geimpft sein. Die Normalität kehrt zurück.

Fazit: Geldverdienen an der Börse ist kein Selbstläufer mehr. Fundamentaldaten und Story müssen passen – nur „Story“ reicht nicht mehr.

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Oliver Kantimm / Der Aktionärsbrief

Foto: Who is Danny / Shutterstock

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