EZB: Christine Lagarde soll Mario Draghi ablösen – Das bewegte Leben der Grande Dame der Finanzwelt

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Christine Lagarde soll künftig die Europäische Zentralbank (EZB) führen. Für die Französin bedeutet dies eine Rückkehr nach Europa unter neuen Vorzeichen. Die 63-Jährige gilt als Grande Dame der Finanzwelt. Seit 2011 ist sie – nach dem unrühmlichen Abgang ihres Landsmannes Dominique Strauss-Kahn – die erste Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) mit Sitz in Washington. Ihr Amt trat sie inmitten der Euro-Schuldenkrise an.

In Griechenland weckt ihr Name einige Antipathien. Das pleitebedrohte Land wurde zwischen 2010 und 2018 mit milliardenschweren internationalen Krediten gestützt, an denen auch der IWF beteiligt war. Viele Menschen in dem Land warfen Lagarde allerdings vor, dafür zu strenge Auflagen und Bedingungen diktiert zu haben.

Bevor sie 2005 in die Politik ging, leitete die frühere Synchronschwimmerin eine der größten Kanzleien der Welt mit rund 4000 Anwälten. Für den Job pendelte Lagarde zwischen Büros in Hongkong, Chicago und Paris. Ihre zwei Kinder sah sie oft nur am Wochenende. Die Ehe wurde geschieden.

In die Politik kam sie 2005 zunächst als beigeordnete Ministerin für Außenhandel. 2007 machte der damalige französische Präsident Nicolas Sarkozy die gelernte Juristin und Amerikanistin zur Wirtschafts- und Finanzministerin. Lagarde galt dabei als gut vernetzte, geschickte Verhandlerin. Sie selbst bezeichnete sich einmal als „Arbeitstier“.

In der Vergangenheit musste sie sich allerdings auch mit unschönen Schlagzeilen herumschlagen. Ein Pariser Gericht urteilte 2016, dass sie in ihrer Zeit als französische Finanzministerin fahrlässig im Amt gehandelt habe. Der Gerichtshof der Republik sprach sie schuldig, verhängte aber keine Strafe. Lagarde habe eine Veruntreuung öffentlicher Gelder ermöglicht. Sie selbst hatte beteuert, nach bestem Gewissen gehandelt zu haben.

In der jüngeren Vergangenheit äußerte sich Lagarde immer wieder zur Wirtschafts- und Finanzpolitik von US-Präsident Donald Trump. So zeigte sie sich im April besorgt über die Unabhängigkeit von Notenbanken. Trump hat sich in die Geldpolitik der US-Notenbank Federal Reserve eingemischt.

EU-Ratspräsident Donald Tusk sagte, er sei absolut sicher, dass sie eine „sehr unabhängige“ EZB-Präsidentin werde. Der Präsident des Münchener Ifo-Instituts, Clemens Fuest, sagte, Lagarde sei „sicherlich in der Lage, die unterschiedlichen nationalen Interessen und Perspektiven in der Währungsunion auszubalancieren“. Lagarde habe außerdem „genug politisches Gewicht, um die Unabhängigkeit der EZB gegen politische Übergriffe zu verteidigen“, sagte Fuest dem „Handelsblatt“.

Die endgültige Entscheidung für die Amtsübernahme ab 1. November ist aber noch nicht gefallen. Die EU-Staats- und Regierungschefs müssen unter anderem noch mit dem Europaparlament beraten, bevor sie abschließend abstimmen.

onvista/dpa-AFX

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Foto: Alexandros Michailidis/shutterstock.com

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