Marktausblick Woche 21: Geopolitisches Knirschen

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Das Update zur Woche mit Dr. Martin Lück, Leiter Kapitalmarktstrategie bei BlackRock






BlackRock Marktausblick 1. Juni 2021



Der Neustart des gesellschaftlichen Lebens in der DACH-Region, und damit auch großer Teile des Wirtschaftsgeschehens, rückt näher. Die dritte Welle der Covid-Infektionen schwächt sich deutlich ab, dank Lockdowns und fortschreitender Impfungen. Auch das zuletzt endlich wärmere Wetter mag eine Rolle spielen, Forscher schätzen nach der Erfahrung des Vorjahres dessen Einfluss auf den R-Wert auf 10-20%. So steht Anfang dieser Woche die Siebentagesinzidenz bei nur noch 35,1 in Deutschland, 35,6 in Österreich und 65,5 in der Schweiz. Das sind erfreuliche, auch im europäischen Vergleich gute Werte. Auch die Impfkampagne nimmt Fahrt auf, mit 42,8% Erstgeimpften in Deutschland, 39,9% in Österreich und 33,6% in der Schweiz. Mit der Öffnung der Gastronomie und dem Ausblick auf eine weitgehend ungestörte Feriensaison zumindest innerhalb von Europa dürften vor allem viele Dienstleister wieder Wasser unter den Kiel bekommen. Für Anleger, die derzeit auf das weitere Ertragspotenzial vieler Unternehmen schauen, sind dies erfreuliche Nachrichten.

Gleichzeitig ist es notwendig, ein wenig Wasser in den Wein zu gießen. Denn derzeit verbreitet sich, ausgehend von Indien, die Virusvariante B1.617, die nicht nur leichter übertragbar ist als der Sars-Cov 2-Wildtyp, sondern auch die Fähigkeit einer gewissen Immunumgehung besitzt, mit anderen Worten die Impfwirkung abschwächen kann. Studien aus Großbritannien legen nahe, dass dies vor allem Menschen betreffen kann, die bisher nur erstgeimpft sind. Die Gefahr einer vierten Welle steht also im Raum, zumindest so lange, bis ein erheblicher Teil der Bevölkerung vollständig immunisiert ist. Für Kapitalmarktteilnehmer, die derzeit nach neuen Treibern für eher seitwärts orientierte Aktienmärkte suchen, erhöht sich damit die Unsicherheit bezüglich der Umsatz- und Gewinnentwicklung der Unternehmen in der zweiten Jahreshälfte und darüber hinaus. Zwar hat sich die Binsenweisheit des „Sell in May and go away“, also einer markanten Marktkorrektur nach der Frühjahrsrally, diesmal nicht bewahrheitet. Aber mit Blick auf die Möglichkeit weiterer Virusmutationen, der Ungewissheit über die Dauerhaftigkeit des Impfschutzes und der noch weiten Strecke bis zur Herdenimmunität gibt es noch eine ganze Reihe zumindest potenzieller Stolpersteine auf dem Weg zur Normalität.

Europa im Sandwich und mit sich selbst im Unreinen

Zu den Unwägbarkeiten im Zusammenhang mit Covid kommt ein erneuter Fokus auf geopolitische Risiken hinzu, die während des letzten Jahres oft von der Pandemieberichterstattung überlagert wurden. So wird immer offensichtlicher, wie schwierig Europas Position zwischen Amerika einerseits und großen Autokratien im Osten andererseits geworden ist. So möchte Europa - und vor allem Deutschland - sehr gern ein konstruktives Verhältnis zu Russland haben, allein die Verfügbarkeit von Energie ist wichtig und der Streit um die Pipeline Nord Stream 2 Ausdruck dieser Wichtigkeit. Andererseits limitieren gerade diese ökonomischen Interessen die Möglichkeiten, auf Aggressionen seitens Russlands (Krim, Ostukraine, Wahlmanipulation etc.) bzw. seiner Vasallen (Staatsterrorismus in Belarus) angemessen zu reagieren. Noch dramatischer ist dieser Zwiespalt im Verhältnis zu China. Europa wird sich entscheiden müssen, ob es weiter gut an China verdienen oder zu seinen Werten stehen will. Im Zweifel gibt es keine gute Lösung. Im Zweifel wird es teuer.

Aber nicht nur in dieser Zwangslage steht sich Europa selbst im Wege. Auch innerhalb des alten Kontinents gibt es kein Zeichen des Zusammenstehens, des gemeinsamen Aufbruchs. Zuletzt hat sich die Schweiz aus den seit sieben Jahren währenden Gesprächen über ein institutionelles Rahmenabkommen mit der EU verabschiedet. Die EU wird als Antwort auslaufende bilaterale Abkommen nicht mehr automatisch verlängern, wie man das bisher mit Blick auf das erhoffte Rahmenabkommen getan hat. Allein die Tatsache, dass die Schweiz nun unter Inkaufnahme wirtschaftlicher Nachteile die Gespräche abgebrochen hat zeigt, wie gering der Stellenwert der EU innerhalb der Schweizer Wählerschaft inzwischen wahrgenommen wird. Für die Zukunft sind also, auch mit Blick auf die relative Attraktivität Europas als Investitionsstandort, die anstehenden Wahlen in EU-Ländern von großer Bedeutung. Auf dem Weg zur deutschen Bundestagswahl am 26. September steht nun, am kommenden Sonntag, mit der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt eine Standortbestimmung auf der Agenda. Wie werden sich die europafreundlichen Kräfte gegenüber der in ostdeutschen Ländern verbreiteten Deutschtümelei behaupten? Schaffen es die Kräfte der politischen Mitte, dem aggressiv antieuropäischen Populismus zu trotzen und an der Regierung zu bleiben? Und wird dies im nächsten Frühjahr auch Frankreichs Präsident gelingen? Die Relevanz derartiger Fragen, Europas Position im Innenverhältnis ebenso wie im globalen Spiel der Kräfte, dürfte mit dem Abklingen der Covid-Pandemie machtvoll zurück ins Bewusstsein globaler Investoren kommen. Sie betrifft nicht weniger als die Frage, wie attraktiv, fortschrittlich und wirtschaftlich erfolgreich der alte Kontinent in den nächsten Jahrzehnten sein kann.


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