US-Wahl: Trump warnt nach Briefwahl-Urteil vor „Gewalt in den Straßen“ – Richtung für die Aktienmärkte bleibt völlig offen

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Heute ist der Tag der Entscheidung in den USA und bisher zeigen die Aktienmärkte sich gefasst. Der Leitindex kann sich etwa eine Stunde nach Beginn mit einem Plus von knapp 1,5 Prozent wieder der Marke von 12.000 Punkten annähern.

Ein Börsianer führt diese Kursgewinne in erster Linie auf das Eindecken von jüngsten Leerverkäufen zurück: „Da haben Anleger wegen der Pandemie und der US-Wahl auf fallende Kurse gewettet“. Der Dax war in der Vorwoche um fast neun Prozent eingebrochen. Nun deckten diese kurzfristig agierenden Fonds ihre Short-Positionen ein, was den Markt nach oben treibe. Fundamental entscheidend sei nun jedoch der Wahlausgang. Daher würden „die Karten komplett neu gemischt“.

Analyst Stephen Innes vom Handelshaus Axi schrieb mit Blick auf die steigenden Börsenkurse an der Wall Street von einer „besseren Stimmung“ am Vorabend der Wahl, weil die jüngsten Umfragen unverändert auf einen Sieg des Demokraten Joe Biden hindeuteten. In den wahlentscheidenden Bundesstaaten seien es aber enge Rennen, mahnte er.  Auch das Konflikt-Potenzial nach der Wahl ist enorm hoch.

Nach der Entscheidung des Obersten Gerichts zu den Briefwahlfristen im US-Bundesstaat Pennsylvania hat Präsident Donald Trump vor „Gewalt in den Straßen“ gewarnt. Die „sehr gefährliche“ Entscheidung des Gerichts, die Auszählung bestimmter Briefwahlunterlagen noch Tage nach der Wahl zu erlauben, werde zu „ungezügeltem und unkontrolliertem Betrug“ führen, behauptete Trump am Montagabend (Ortszeit) auf Twitter. „Es wird zu Gewalt in den Straßen führen. Es muss etwas getan werden“, schrieb er weiter. Twitter versteckte die Nachricht umgehend hinter einem Warnhinweis und schränkte die Möglichkeit der Weiterverbreitung des Tweets ein.

Endgültiges Ergebnis erst am Freitag?

Das Oberste Gericht widersprach vergangene Woche der örtlichen Regelung nicht, wonach Briefwahlunterlagen auch noch bei einem Eintreffen drei Tage nach der Wahl an diesem Dienstag normal gezählt werden können. Die Richter behielten es sich allerdings vor, den Fall nach der Wahl nochmals im Detail zu prüfen. Pennsylvania ist bei der Wahl einer der besonders umkämpften Bundesstaaten. Umfragen sehen dort den Demokraten Joe Biden in Führung, aber nur sehr knapp vor Präsident Donald Trump, der den Staat 2016 gewonnen hatte.

Wegen der Corona-Pandemie haben viel mehr Menschen per Briefwahl abgestimmt. Die Auszählung dieser Stimmen ist komplizierter als die der regulären Stimmen aus den Wahllokalen. Die Verantwortlichen in Pennsylvania haben daher gewarnt, dass sich die Auszählung bis Freitag hinziehen könnte. Trump hat signalisiert, dass er sich vor Gericht gegen eine Verzögerung wehren könnte. Umfragen vor der Wahl legten nahe, dass die in den Wahllokalen abgegebenen Stimmen eher zugunsten Trumps ausfallen würden, Briefwahlstimmen eher für Biden.

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Was passiert, falls der Verlierer die Wahl nicht anerkennt?

In diesem Fall wird es kompliziert. Falls Biden verlieren sollte, könnte er zum Beispiel die Ergebnisse in einzelnen Bundesstaaten juristisch anfechten – zum Beispiel, wenn das Ergebnis äußerst knapp oder fragwürdig wäre. Dann müssten die Gerichte entscheiden. Ähnlich lief es 2000, als die Wahl erst gut einen Monat nach der Abstimmung und mehreren Gerichtsverfahren entschieden wurde. Der Demokrat Al Gore räumte damals letztlich seine Niederlage gegen George W. Bush ein.

Noch komplizierter würde es, falls sich Amtsinhaber Trump weigern sollte, eine Niederlage einzuräumen. Auch ihm würde der Rechtsweg offenstehen. Sollte er sich aber auch nach juristischer Niederlage noch weigern abzutreten, würde dies die vorgesehene Amtsübergabe wahrscheinlich deutlich erschweren. Und spätestens am 20. Januar könnte eine Verfassungskrise drohen: Was passiert, wenn ein neuer Präsident vereidigt wird und sich der alte im Weißen Haus einbunkert?

Trump hatte im Wahlkampf mehrfach offengelassen, ob er eine Niederlage akzeptieren würde. Es gibt in der jüngeren US-Geschichte kein Vorbild für ein solches Szenario. Sollte es dazu kommen, dürfte sich die Spaltung des Landes in gegnerische politische Lager gefährlich zuspitzen. Manche Experten warnen, dass es dann auch zu Massenprotesten und Gewalt kommen könnte.

onvista/dpa-AFX

Titelfoto: Stuart Miles / Shutterstock.com

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