Was den Chip-Hersteller ARM so besonders macht und wie Softbank und Nvidia in dem Deal aussehen

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Der Chip-Designer ARM, ein Schlüssel-Unternehmen für die gesamte Smartphone-Branche, steht derzeit im Fokus des gesamten Sektors, denn Grafikkartenhersteller Nvidia will den Konzern von seinem bisherigen Eigentümer Softbank abkaufen. Der Deal soll rund 40 Milliarden Dollar schwer werden und könnte die Chip-Welt aufwirbeln. Die Übernahme erfordert noch die Zustimmung von Wettbewerbshütern rund um die Welt – und da könnte es angesichts der Bedeutung von Arm Widerstände geben.

Was macht ARM so besonders?

Von ARM stammt die Grund-Architektur der Chips, die in praktisch allen Smartphones und den weitaus meisten Tablet-Computern verwendet werden. Auf Basis der Arm-Designs entwickeln unter anderem Apple und Samsung die Prozessoren für ihre Smartphones. Auch der Chipkonzern Qualcomm, dessen Prozessoren in vielen Android-Telefonen stecken, greift darauf zurück. Die ARM-Architekturen setzten sich in Smartphones gegen Chip-Systeme des Halbleiter-Riesen Intel durch – unter anderem weil sie deutlich stromsparender arbeiten. Jetzt steht die Technologie auch vor dem Sprung in den PC-Markt: Apple stellt seine Mac-Computer auf ARM-Technologie um, ein erstes Modell wird noch in diesem Jahr erwartet.

Schlüssel wird sein, ob die Neutralität bewahrt wird

Die Industrie konnte über die Jahre gut mit ARM als neutralem Technologie-Anbieter leben, der sich aus den Konflikten zwischen einzelnen Playern der Branche heraushielt. Für die Zukunft könnte entscheidend sein, dass Nvidia diese Neutralität trotz der eigenen Interessen im Chipgeschäft beibehält. Nvidia-Chef Jensen Huang versicherte, dass das Lizenzmodell von Arm bleiben werde. Zugleich wolle Nvidia auch seine Grafik-Technologie über die Arm-Plattform anbieten.

Nvidia betonte auch, das Hauptquartier von Arm solle in Großbritannien bleiben – und um Forschung für Robotik, autonomes Fahren und das Gesundheitswesen ausgebaut werden.Der Deal benötigt die Zustimmung der Wettbewerbshüter in den USA, der Europäischen Union, China und Großbritannien. Die Unternehmen rechnen dafür einen Zeitraum von 18 Monaten ein.

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Ein lohnender Deal für Softbank?

Softbank hatte ARM vor vier Jahren für rund 32 Milliarden Dollar gekauft und von der Börse genommen. Jetzt bekommt der japanische Konzern Nvidia-Aktien im Wert von 21,5 Milliarden Dollar sowie 12 Milliarden Dollar in bar. Später kann Softbank noch weitere fünf Milliarden Dollar in bar oder Aktien bekommen, wenn bestimmte Ergebnisziele erreicht werden. Außerdem gibt Nvidia noch Aktien im Wert von 1,5 Milliarden Dollar an die Arm-Belegschaft aus.

Für Softbank stellt der Deal also langfristig einen Gewinn dar, allerdings kann man den Verkauf auch nicht als großen Wurf bewerten. Der japanische Technologie-Investor steht in seiner derzeitigen Lage jedoch stark unter Druck, da er diverse fehlgeschlagene Investments aus der jüngeren Vergangenheit wieder ausgleichen muss, darunter WeWork und Uber. Der Verkauf passt also in den angestrebten Verschlankungskurs, um diese Altlasten auszugleichen.

Der ARM-Deal könnte Insidern zufolge auch Gespräche über einen Rückzug von der Börse neuen Schub geben. Erst im Frühjahr hatte der Investor seine US-Mobilfunktochter Sprint an die Deutsche Telekom und ihre Sparte T-Mobile US abgegeben.

Zuletzt war Softbank bereits in den Fokus gerückt, da der Konzern ungewöhnlich hohe Engagements im Derivate-Markt eingegangen war und einige Marktbeobachter die These aufgestellt haben, dass damit die Rally der Nasdaq-Tech-Werte befeuert worden ist.

War Softbank einer der Haupttreiber der Tech-Rally?

Für Nvidia dürfte es sich lohnen

Für Nvidia ist der Kauf eine sinnvolle Ergänzung für das eigene Portfolio und passt zu den Wachstumsambitionen. Der Konzern wurde mit Grafikkarten für PCs groß – vor einigen Jahren stellte sich jedoch heraus, dass die Technologie der Firma sehr gut für maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz eingesetzt werden kann. Das brachte dem Nvidia-Geschäft einen neuen Schub. Die Firma entwickelt inzwischen auch Computer für Fahrassistenz-Systeme im Auto und autonomes Fahren. Die Übernahme werde sein Unternehmen im Geschäft mit Chips für Rechenzentren und den Wettbewerb insgesamt stärken, sagte Nvidia-Chef Jensen Huang am Montag. Es sei das erste Mal in der Geschichte der Branche, dass es eine echte Alternative zu der Dominanz von Intel gebe.

ARM-Mitbegründer Hermann Hauser kritisierte den geplanten Verkauf scharf. „Es ist eine Katastrophe für Cambridge, Großbritannien und Europa“, sagte er in einem Reuters-Interview. „Es ist das letzte europäische Technologieunternehmen mit globaler Bedeutung, und es wird an die Amerikaner verkauft.“ Er forderte die britische Regierung auf, eine Zustimmung an drei Bedingungen zu knüpfen: eine Garantie für Arbeitsplätze in Großbritannien, eine Garantie für das offene Geschäftsmodell und eine Ausnahme von der US-Sicherheitsüberprüfung der Kundenbeziehungen.

onvista/dpa-AFX/reuters

Titelfoto: bestfoto77 / Shutterstock.com

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