Wochenrückblick: Eine Apple-Billion macht noch keinen DAX-Sommer

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Eine ereignisreiche Börsenwoche neigt sich dem Ende zu.

Am deutschen Aktienmarkt kam es möglicherweise zum Trendentscheid. Neue Handelssorgen und durchwachsene Quartalszahlen machten dem DAX schwer zu schaffen. Unterm Strich stehen derzeit 12.607 Punkte, ein Minus von knapp 2 Prozent.  Durch den Kurseinbruch am Donnerstag wurde aber vor allem charttechnisch viel Porzellan zerschlagen. Eine vollendete Inselumkehr und der deutliche Rutsch unter die 200-Tage-Linie (derzeit bei 12.763 Punkten) lassen nichts Gutes erwarten, auch wenn der DAX sich heute etwas erholen konnte.

Auslöser für die schwache Performance war einmal mehr der Handelsstreit zwischen den USA und China. US-Präsident Donald Trump lässt derzeit eine Erhöhung der geplanten Zölle auf chinesische Waren im Wert von 200 im Wert von 200 Milliarden US-Dollar von 10 auf 25 Prozent prüfen. Chinas Regierung sprach von „Erpressung“ und drohte mit entsprechenden Gegenmaßnahmen. Nicht nur in China, weltweit gaben daraufhin die Aktienmärkte nach - mit einer Ausnahme:
Die großen US-Indizes wurden durch Apples Rekordlauf zu einer Marktkapitalisierung von 1 Billion US-Dollar mitgerissen und beendeten den Tag im Plus. Auf die Woche gesehen liegt der Dow Jones Industrial bei einem leichten Minus von 0,39 Prozent, der Nasdaq 100 konnte sogar um 1,2 Prozent zulegen.

Apple übertrifft alle Erwartungen

Apples Zahlen waren in der Tat beeindruckend: Der Umsatz stieg im abgelaufenen Quartal um 17 Prozent auf 53,3 Milliarden US-Dollar, der Gewinn sprang um 32 Prozent auf 11,5 Milliarden US-Dollar. Der wertvollste Konzern der Welt übertraf damit die Analystenschätzungen deutlich.

Diese Entwicklung ist um so bemerkenswerter, als die iPhone-Verkaufszahlen mit 41,3 Millionen Geräten und einem Plus von 1 Prozent nahezu stagnierten – Apple liegt bei der Zahl der verkauften Smartphones jetzt nur noch auf Platz 3 der Weltrangliste, hinter Samsung und Huawei. Mit einem durchschnittlichen Verkaufspreis pro Telefon von 724 US-Dollar ist Apple allerdings mehr denn je einsame Spitze. Im Vorjahr hatten Apple-Kunden im Schnitt nur gut 600 US-Dollar pro Gerät bezahlt, ein Anstieg des iPhone-Umsatzes von einem Fünftel. Dieser Zuwachs geht auf die starken Verkäufe des iPhone X zurück, laut Konzernchef Tim Cook war es erneut das populärste Modell.

Weitere Umsatzstützen waren ein besserer Absatz im wichtigen chinesischen Markt und vor allem sprudelnde Einnahmen aus App-Verkäufen, dem Musikdienst Apple Music und dem Cloud-Geschäft. Für das laufende Quartal prognostizierte Apple einen Umsatz von 60 bis 62 Milliarden Dollar und lag damit ebenfalls über den Schätzungen. Künftig will der US-Konzern noch stärker auf Video-Inhalte setzen und laut Cook noch in diesem Jahr den Bezahldienst Apple Pay nach Deutschland bringen.
An der Börse wurden diese Aussichten mit einem bisherigen Wochenplus von 8,5 Prozent honoriert.

Allerdings könnte Apple seine schiere Größe zunehmend zu schaffen machen. Apples Marktkapitalisierung steht nun bei 4,9 Prozent des US-BIP, ein Wert, den laut Bloomberg in den letzten Dekaden nur Microsoft (6 Prozent im Jahr 1999) und GE (5 Prozent im Jahr 2000) übertrafen.

9 von 10 Amerikanern besitzen bereits ein Mobiltelefon, die Steigerung der Hardware-Verkäufe wird damit immer schwieriger. Apple versucht seine Abhängigkeit vom iPhone durch den Verkauf von Services, vor allem an seine Basis von 1,3 Milliarden Apple-Geräten, zu verringern. Was diese Strategie angesichts der immer noch immensen Wachstumserwartungen im Markt für die Apple-Aktie bedeutet, bleibt abzuwarten.

Tesla: Zahlen pfui, Ausblick hui

Das andere Großereignis unter den US-Quartalszahlen der Woche waren die Tesla-Zahlen: Der amerikanische Autobauer verdoppelte seinen Verlust, aber die Anleger feierten Musks Versprechen. Die schwierige Produktion des Hoffnungsträgers „Model 3“ solle endlich richtig Fahrt aufnehmen und Gewinne abwerfen, verkündete Musk am Mittwoch. Tesla stehe kurz davor, „nachhaltig profitabel“ zu werden. Das kam am Markt gut an – die Aktie stieg nachbörslich zeitweise um über neun Prozent.

Musk gab sich bei der Präsentation harmonisch und ließ seinen Charme spielen. Dies war ja bekanntlich nicht immer der Fall, Überzeugungsarbeit war bei den Investoren aber durchaus angebracht. Denn noch ist das Model 3 ein finanzieller Kraftakt, der Tesla im Frühjahr tiefer als erwartet in die roten Zahlen drückte. Im zweiten Quartal schlug ein auf die Aktionäre entfallender Verlust von 718 Millionen Dollar (615 Milliarden Euro) zu Buche. Im Vorjahr hatte der Fehlbetrag bei 336 Millionen Dollar gelegen. Eine positive Überraschung: Tesla verbrennt mit „nur“ 742 Millionen US-Dollar etwas weniger Cash im Quartal, als erwartet. Der Umsatz stieg um mehr als 40 Prozent auf 4,0 Milliarden Dollar.

Tesla geht davon aus, bis Ende August eine wöchentliche Fertigungsrate von 6000 Stück beim Model 3, seinem ersten günstigeren Auto für den Massenmarkt, zu erreichen. Danach soll das Tempo rasch weiter erhöht werden. „Wir streben an, die Produktion so schnell wir können auf 10 000 Stück pro Woche auszuweiten“, hieß es im Brief an die Aktionäre. Ab einer Rate von 7000 Stück meint Tesla-Chef Musk, dauerhaft profitabel wirtschaften zu können. Im dritten Quartal will Tesla 50.000 bis 55.000 Model 3 produzieren.

Durchwachsene Quartalsergebnisse im DAX

In Deutschland fielen die Quartalsergebnisse weniger schillernd und eher durchwachsen aus.

Die Lufthansa sieht sich auf Kurs und hatte am Dienstag Grund zur Freude. Das größte Luftverkehrsunternehmen Europas hat die teure Air-Berlin-Integration sowie gestiegene Kerosinpreise dank höherer Ticket-Preise gut verschmerzt. Der operative Gewinn lag trotz zahlreicher Probleme durch Unwetter und Fluglotsenstreiks mit 982 Millionen Euro nur etwa drei Prozent niedriger als ein Jahr zuvor. Das ist etwas mehr als von Analysten im Schnitt erwartet. Für das laufende Jahr rechnet Vorstandschef Carsten Spohr weiterhin damit, dass der operative Gewinn nur leicht hinter den fast 3 Milliarden Euro aus dem Rekordjahr 2017 zurückbleibt.

Nicht ganz so positiv lief es bei dem Medizinkonzern Fresenius und seiner Dialysetochter Fresenius Medical Care (FMC). Der starke Euro macht den beiden Unternehmen weiterhin zu schaffen. Fresenius und FMC hatten zwar bessere Ergebnisse ausgewiesen, als von den Analysten erwartet, ihren Aktienkursen half dies aber nicht. Die Papiere rutschten am Dienstag nach der Bekanntgabe der Quartalsbilanzen an das Dax-Ende.

Eine Warnung vor einem geschäftlichen Durchhänger wegen neuer Abgasprüfverfahren sprach am Donnerstag Autozulieferer und Reifenhersteller Continental aus. Das laufende dritte Quartal sei geprägt von den Werksferien der Automobilhersteller sowie dem am 1. September in Kraft tretenden Prüfzyklus WLTP, sagte Finanzchef Wolfgang Schäfer am Donnerstag in Hannover. Der Dax-Konzern erwarte derzeit aber ein starkes Schlussquartal und bestätige daher den Jahresausblick.

Schröder blieb dabei, dass im zweiten Halbjahr auch beim Konzernumsatz nur noch wenig Gegenwind vom starken Euro komme. Im Gesamtjahr rechnet Continental mit rund einer Milliarde weniger Erlös als im Fall konstanter Wechselkurse. Auf dieser Basis wurden im Gesamtjahr 47 Milliarden Euro angepeilt – herauskommen könnten am Ende also auch knapp 46 Milliarden. Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern lag zwischen April und Juni bei 1,16 Milliarden Euro und damit knapp unter dem Vorjahreswert, die Marge ging auf 10,2 Prozent zurück. Unter dem Strich legte der Gewinn aber um 10,3 Prozent auf 822 Millionen Euro zu. Das lag vor allem an einer geringeren Steuerlast.

Auch bei BMW fielen die Zahlen durchwachsen aus. Der Bayerische Autobauer hat im ersten Halbjahr mehr Autos verkauft – der Gewinn des zuletzt so profitablen Herstellers ist trotzdem leicht gesunken. Insgesamt nahm das Ergebnis um etwa zwei Prozent auf 2,83 Milliarden Euro ab. Gründe dafür seien die sehr hohen Investitionen in Elektromobilität, autonomes Fahren und neue Modelle sowie die gestiegenen Rohstoffpreise und der stärkere Euro, sagte Finanzvorstand Nicolas Peter am Donnerstag in München. BMW gab allein für Forschung und Entwicklung in der ersten Jahreshälfte bereits 300 Millionen Euro mehr aus als im Vorjahreszeitraum, im Gesamtjahr rechnet der Konzern mit einem Anstieg von 6,1 auf 7 Milliarden Euro. Der Umsatz sank um vier Prozent auf 47,4 Milliarden Euro. Hier wirkte der starke Euro negativ: Währungsbereinigt wäre der Umsatz parallel zum Absatz um zwei Prozent gestiegen, sagte Peter. Ein starker Euro kann Exporte außerhalb der EU verteuern und so die Nachfrage dämpfen.

Konkurrent Mercedes-Benz hatte im ersten Halbjahr mehr Autos verkauft und seinen Vorsprung vor BMW sogar noch vergrößert - musste aber ebenfalls ein schwächeres Ergebnis in Kauf nehmen. Die neuen Modelle von BMW dürften jedoch schon im zweiten Halbjahr für neuen Schwung sorgen. Im Gesamtjahr erwartet der Autobauer mehr Umsatz und ein Ergebnis auf dem Vorjahresniveau.

Beim Volkswagen-Konzern stellt man sich trotz eines guten Laufs im Tagesgeschäft auf ein schwieriges zweites Halbjahr ein. VW verdiente im zweiten Quartal vor Sondereinflüssen, Zinsen und Steuern mit 5,6 Milliarden Euro 22,7 Prozent mehr als im letzten Jahr. Die ursprünglich angepeilte operative Rendite von 6,5 bis 7,5 Prozent vom Umsatz wird VW 2018 demnach nur noch unter Ausklammerung von Sonderbelastungen erreichen. Inklusive Sonderbelastungen werde das Unternehmen moderat unter dem Korridor landen. Hier stand im ersten Halbjahr ein Wert von 6,8 Prozent zu Buche.

Das zweite Quartal stand für die Wolfsburger für die Bewältigung der Dieselaffäre, dadurch entstanden weitere 1,6 Milliarden Euro an Belastungen. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hatte den Konzern im Juni mit einer Geldbuße von einer Milliarde Euro belegt. Die Sonderkosten sorgten dafür, dass VW unter dem Strich mit 3,3 Milliarden Euro nur 6,8 Prozent mehr verdiente als im Vorjahreszeitraum. Der Umsatz kletterte um 3,4 Prozent auf 61,1 Milliarden Euro.

US-Staatsanleihen wieder über 3 Prozent, Euro verliert

An den Bondmärkten litten 10-jähirge US-Staatsanleihen unter einer Ankündigung des US-Finanzministeriums, das explodierenden Staats-Defizits durch größere öffentliche Anleihenauktionen zu finanzieren, und rentierten teilweise deutlich über 3 Prozent. Zu dieser Entwicklung trugen auch Signale der Fed vom Mittwoch bei, die auf eine weitere Anhebung der Fed Funds Rate schon im September schließen lassen. Marktteilnehmer erwarten einen solchen Schritt inzwischen mit einer Wahrscheinlichkeit von 93%

In der Folge kam auch der Euro unter Druck, auf die Woche gesehen liegt er derzeit mit 0,6 Prozent im Minus, bei 1,1591.

Der erste ETF zum Nulltarif

Zum Schluss noch ein Meilenstein in der Entwicklung der Fonds-Produkte: Waren ETFs mit ihren vergleichsweise geringen Verwaltungsgebühren vielen gemanagten Fonds auf der Kostenseite schon immer überlegen, legt der Vermögensverwalter Fidelity nun noch einen drauf: Seit dem ersten August gibt es dort nun die beiden weltweit ersten Indexfonds (auf Aktien) ganz ohne Gebühren.

Eine klare Kampfansage an die Konkurrenz. Die Aktien des weltweit größten Fondsanbieters und der klaren Nummer 1 im ETF-Geschäft, Blackrock, reagierten prompt und fielen am selben Tag um 4,7 Prozent.

Die Zeiten werden wahrlich nicht uninteressanter, nicht nur für Fondsmanager.

Foto: Ivan Marjanovic / Shutterstock.com

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