Heiko Böhmer: Sommerrallye?

Heiko Böhmer · Uhr
Quelle: Maria Markevich/Shutterstock.com

Von den Tiefs Mitte Juni haben sich die Indizes deutlich abgesetzt. Tatsächlich erleben wir in diesen Tagen eine technische Gegenreaktion auf diese massiven Rückgänge. Doch kann dieser Trend die Kurse noch deutlich weiter nach oben tragen und erleben wir sogar noch eine Sommerrallye?

Tatsächlich gibt es erst einmal Entlastung durch die wieder laufende Gasversorgung mit der Nord Stream 1 Pipeline. Hier ist der drohende Gasnotstand erst einmal abgewendet worden. Aber grundsätzlich gilt für die Gasversorgung bei uns: Ein kompletter Lieferstopp aus Russland ist immer noch möglich. Das sorgt ironischerweise derzeit für eine massiv steigende Nachfrage bei mobilen Elektroheizungen für das eigene Zuhause. Ausgerechnet an den heißesten Tagen des Jahres sind es nicht die Klimageräte, die kaum lieferbar sind sondern vielmehr die Elektroheizungen. Hier ist schon erkennbar, was über zwei Jahre Krise von Corona über Ukraine-Krieg bei den Verbrauchern ausgelöst haben: Mittlerweile werden die möglichen Gefahren früher erkannt und dann entsprechend vorgesorgt

Potenzial an den Börsen beschränkt

Doch zurück zur Börse – hier bleibt das weitere Potenzial beschränkt – eben auf eine Sommerrallye. Der massive Stimmungsumschwung mit nachhaltigen Zuwächsen ist doch an einige Bedingungen geknüpft. Dazu gehört ohne Frage eine Lösung im Ukraine-Krieg. Hinzu kommt eine Entspannung bei der Inflation, die derzeit ebenfalls noch nicht erkennbar ist. Gleichzeitig müssten sich auch die konjunkturellen Erwartungen wieder klar verbessern. Dieses Signal ist aktuell nicht erkennbar. Zuletzt waren die Konjunkturerwartungen für die Euro-Zone und speziell auch für Deutschland wieder deutlich abgesackt. Dabei wird der Blick auf die Konjunktur in 6 Monaten gerichtet. Hier sind die Erwartungen zuletzt noch einmal eingebrochen und erreichen jetzt ein Niveau wie zum Höhepunkt der globalen Finanzkrise.

Stimmung teilweise schlechter als zur globalen Finanzkrise 2008/2009

Dies ist ein gutes Stichwort – denn viele Stimmungsindikatoren notieren aktuell auf Niveaus wie es sie zuletzt zur globalen Finanzkrise 2008/2009 gegeben hat. Das gibt auch die aktuelle BofA Umfrage „Global Fund Manager Survey“ wieder. Hierbei werden einige hundert Fondsmanager zu ihrer Einschätzung befragt. Das Ergebnis war im Juli wirklich ernüchternd. Der Bericht steht unter dem Motto: „Wir sind so beraish, das ist schon wieder bullish.“

Tatsächlich sind einige Einschätzungen sogar auf historischen Tiefständen und damit noch niedriger als zur globalen Finanzkrise. Besonders im Fokus steht immer der Cashbestand der globalen Fondsmanager. Das ist ein gutes Risikomaß. Liegt der Wert hoch, gehen die Fondsmanager ein geringes Risiko ein. Genau das ist derzeit der Fall. Mit einer Cash-Quote von 6,1 Prozent erreicht dieser Faktor nach einem Anstieg von 5,6 Prozent im Vormonat den höchsten Wert seit Oktober 2001.

Der Blick auf die Bilanzen der Unternehmen stimmt zudem auch nicht sehr hoffnungsvoll. So notiert die Erwartung für eine Verbesserung der globalen Gewinne nach Einschätzung der globalen Fondsmanager derzeit auf einem Allzeittief. Damit liegen die Gewinnerwartungen noch niedriger als zum Höhepunkt der globalen Finanzkrise 2008/2009. Das Gleiche gilt auch für die globalen Wachstumserwartungen. Auch die fallen auf ein Allzeittief und damit ist auch erklärbar, warum die Aktienquote bei den globalen Managern insgesamt derzeit eher niedrig ausfällt. Tatsächlich ist der Anteil der Fondsmanager, die derzeit Aktien übergewichten so gering wie zuletzt zur globalen Finanzkrise im Oktober 2008.

Die Rezession steht bevor – auch in den USA

Die Gefahr einer Rezession sehen wir schon seit März dieses Jahres. Nun ist es Konsens und man kann sagen, dass die Rezession eingepreist ist. Bei den letzten Hochpunkten bei diesem Indikator im April 2020 und auch im März 2009 erlebten wir die Wendepunkte an den Aktienmärkten und danach ging es 2009 stetig und im Jahr 2020 sogar kurzfristig kräftig nach oben.

Die Rezession wird sich in der Euro-Zone und sehr wahrscheinlich auch in den USA schon bald manifestieren. In wenigen Tagen erscheinen die ersten Schätzungen zum Wirtschaftswachstum in den USA im zweiten Quartal. Laut der Nowcast-Vorhersage der Atlanta Fed ist die US-Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal um 1,6 Prozent zurückgegangen. Nach dem Rückgang von 1,5 Prozent im ersten Quartal wäre damit die Rezession bestätigt, die bei zwei Quartalen in Folge mit negativen Wachstumsraten vorliegt. 

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