Ha Duong: Celsius Post Mortem und warum DeFi-Kreditgeber zu den Profiteuren zählen

BIT Capital · Uhr
Quelle: ImageFlow/Shutterstock.com

Crypto-Assets haben ein turbulentes Halbjahr hinter sich. Die Verluste bei Bitcoin und Co. wurden bereits vielfach besprochen. Doch nicht nur Coins wurden hart durch die Volatilität des Marktes getroffen. 

Zahlreiche Crypto-Unternehmen mussten angesichts gesunkener Umsatzmöglichkeiten Wachstumspläne einstampfen und Kosten einsparen. Marktführer Coinbase verkündete den Abbau jeder fünften Stelle. Doch während Coinbase auf ein bewährtes Geschäftsmodell vertrauen kann, traf es andere Marktteilnehmer weitaus gravierender. 

Der Crypto-Lender Celsius zählte mit fast 2 Mio. Nutzern und einem geschätzten verwalteten Vermögen von 20 Mrd. USD im Höchststand sowie vergebenen Krediten in Höhe von 8 Mrd. USD zu einem viel beachteten Player im Crypto-Markt. Nutzer konnten mit Hilfe von Celsius hohe Zinsen auf ihre Crypto-Assets und Stablecoins verdienen oder Kredite aufnehmen. Den Verleihern wurden Jahresrenditen im zweistelligen Bereich versprochen.

Doch während Celsius ein rasantes Geschäftswachstum verzeichnen konnte, machte das Management folgenschwere Fehler. So stellte Celsius in seiner Kommunikation zwar die Risikominimierung in den Vordergrund, agierte im Kern jedoch nahezu wie ein aggressiver Hedgefonds. Als fatal erwies sich die Entscheidung, liquide Mittel der Kreditgeber in illiquide Mittel und Anlagen zu investieren. 

Die volle Auswirkung dieser gefährlichen Entscheidung bekam Celsius im Mai 2022 zu spüren. Beeinflusst durch Hacks, den Zusammenbruch von TerraUST und Luna und einem Risk-Off-Marktsentiment kam es zu einem Kursrutsch fast aller Cryptocoins und Celsius bekam ein regelrechtes Bank-Run-Szenario zu spüren. 

Um seine Liquidität zu gewährleisten, stoppte Celsius in einer drastischen Maßnahme im Juni daraufhin erstmals Auszahlungen an Kunden. In einem letzten Rettungsversuch wurde durch die Rückzahlung überbesicherter Kredite noch eine Summe von über einer Milliarde USD zurückgewonnen. Doch auch dieser Schritt war vergebens. Mit einer Bilanzlücke von rund 1,3 Mrd. USD blieb Celsius Mitte Juli nur noch der Schritt in die Insolvenz. 

Wie konnte es so weit kommen? Ein entscheidender Faktor ist, dass Crypto-Lender wie Celsius nicht den gleichen Regularien wie konventionelle Finanzinstitute unterliegen. Standards, wie etwa die Eigenkapitalvorschriften durch Basel III, die nach der Finanzkrise 2008 für Banken erlassen wurden, greifen nicht im selben Maße. Nachdem zuletzt nicht nur Celsius und Nuri, sondern auch milliardenschwere Crypto-Hedgefunds wie Three Arrows Capital schlagartig in den Bankrott gerutscht sind, wird einmal mehr deutlich, dass der Crypto-Markt noch Nachholbedarf in Fragen von Regulatorik und Anlegerschutz hat. 

Ein weiterer Grund sind ein geradezu blauäugiges Risiko-Management und riskante Spekulationen mit Wertanlagen und illiquiden Investments. Makroökonomische Faktoren, Wettbewerb, Liquidität, aber auch Laufzeitrisken, Kreditrisiken und Smart-Contract-Risiken wurden konsequent unterschätzt. Spekulative Geschäfte wie der Rückkauf des eigenen CEL-Token und Liquiditätsbereitstellung in DeFi beschleunigten den Absturz schlussendlich. 

Dennoch gilt es auch die positiven Aspekte des Falls für das DeFi-Ökosystem zu beachten. Celsius war ein Marktteilnehmer, der auf intransparente Strukturen in einem zentralisierten Modell gesetzt hat. Ein klarer Widerspruch zum voll transparenten On-Chain-Ansatz von DeFi, der die riskanten Managemententscheidungen zwangsweise öffentlich gemacht hätte, bevor ein Schaden für viele Anleger unvermeidbar wurde.  

Interessant ist zudem die Tatsache, dass Celsius DeFi-Kredite priorisiert hat und Auszahlungen an DeFi-Kreditgeber zu allererst vornahm. Die in Code festgehaltenen und automatisierten DeFi-Protokolle waren die ersten, die von Celsius bedient wurden. Andere Kreditgeber hatten das Nachsehen. Ein weiterer Beleg dafür, dass Transparenz und Struktur der Blockchain die Anleger zukünftig vor dubiosen Geschäftsmodellen schützen können. 

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