Vermittlungsausschuss macht Weg frei für Bürgergeld

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Berlin (Reuters) - Der Weg für die geplante Umwandlung von Hartz IV in ein Bürgergeld ist frei.

Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat beschloss am Mittwochabend einen zuvor zwischen Ampel-Koalition und der Union ausgehandelten Einigungsvorschlag. "Sie sehen einen sehr glücklichen Arbeitsminister - Hartz IV geht, das Bürgergeld kommt", sagte der zuständige Ressortchef in der Bundesregierung, der SPD-Politiker Hubertus Heil. "Ich halte diesen Kompromiss für vertretbar", sagte CDU-Chef Friedrich Merz. Er gehe nun davon aus, dass zumindest alle CDU-geführten oder -mitregierten Bundesländer am Freitag im Bundesrat zustimmen würden.

Der erste Vermittlungsausschuss dieser Legislaturperiode war nötig geworden, weil die Ampelregierung aus SPD, Grünen und FDP zwar eine Mehrheit im Bundestag hat, aber im zustimmungspflichtige Bundesrat auf die Union angewiesen war. Die Anforderungen an die Bürgergeld beziehende Menschen werden in dem Kompromiss nun gegenüber den ursprünglichen Plänen der Ampel-Koalition auf Druck der Union hin verschärft. Verstöße gegen Mitwirkungspflichten können demnach von Beginn an mit Leistungskürzungen sanktioniert werden. Auch die Vermögensfreibeträge und die sogenannte Karenzzeit, in der die Angemessenheit einer Wohnung nicht geprüft wird, werden verringert. Die Unions-Fraktion stimmte dem Ergebnis des Vermittlungsausschusses noch am späteren Abend ohne Gegenstimme bei einer Enthaltung zu.

"Das Kernstück ist, dass wir Menschen endlich besser und langfristig in Arbeit bringen", sagte Heil. "Das ist eine Frage der Fairness und der Vernunft: Den Menschen wird ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht, und wir gehen damit auch gegen Fachktäftemangel vor." Auch die FDP äußerte sich zufrieden. Partei-Vize Johannes Vogel sagte, die Entscheidung sei "für unser Land und die Menschen eine sehr gute Nachricht". Er betonte: "Zu oft müssen wir heute in der Grundsicherung um Aufstiegschancen im Dunkeln suchen, und mit den besseren Zuverdienstregeln beim Bürgergeld machen wir das Licht an." Die neuen Regeln "stärken die Aufstiegschancen unabhängig von der Herkunft". Kanzler Olaf Scholz hatte bereits in der Regierungserklärung im Bundestag am Vormittag von einer guten Lösung gesprochen.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt begründete die Zustimmung der Union damit, dass ein Systembruch verhindert worden sei. "Es bleibt Hartz IV, es ist mehr ein Update und keinesfalls eine Abschaffung", sagte er nach der Fraktionssitzung. Die neue Sozialleistung werde nur "fälschlicherweise" als Bürgergeld bezeichnet.

Für den Bundesrat sprach der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) von einem "guten Kompromiss" und betonte: "Fortbildung und Qualifizierung haben künftig Vorrang." Es gehe nunmehr nicht mehr um die Vermittlung in den nächstbesten Job, der viele Betroffene bei nächster Gelegenheit wieder zum Job-Center zurückgeführt habe.

Das Vermittlungsergebnis soll am Freitag von Bundestag und Bundesrat beschlossen werden, damit die Reform zum 1. Januar 2023 in Kraft treten kann. Damit verbunden sind auch höhere monatliche Zahlungen als bisher an Hartz-IV-Beziehende. Im Bundesrat dürfte zumindest Bayern nicht zustimmen, weil die Freien Wähler als Koalitionspartner der CSU die Reform weiter ablehnen. Dennoch gilt eine Mehrheit in der Länderkammer als sicher.

(Bericht von Alexander Ratz, Andreas Rinke und Holger Hansen, redigiert von Birgit Mittwollen. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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