Kutzers Zwischenruf

Was wird aus den Märkten, wenn …?

Hermann Kutzer · Uhr
Quelle: solarseven/Shutterstock.com

Mit „vorsichtig-optimistisch“ lassen sich die Prognosen der Profis für das neue Jahr zusammenfassen. Nur ganz vereinzelt werden euphorisch-optimistische Stimmen laut. Noch seltener sind Crash-Kassandras zu hören. Das heißt aber nichts. Es wäre nicht das erste Mal, wenn sich die Mehrheit der Propheten irren würde. Klar ist, worauf es jetzt ankommt. Und das fassen die Strategen von Allianz Global Investors wie folgt zusammen: Um auf einen nachhaltigen Wachstumspfad zurückzukehren und die Inflation wieder auf das Zielniveau der Zentralbanken zu bringen, wird die Weltwirtschaft auf dem Weg zurück ins Gleichgewicht einen mehrjährigen zyklischen und strukturellen Anpassungsprozess durchlaufen müssen.

Hans-Jörg Naumer, Director Global Capital Markets & Thematic Research, geht davon aus, dass die globalen Finanzmärkte auch im ersten Halbjahr 2023 von einem Tauziehen zwischen Rückenwind durch die nachlassende Inflationsdynamik und Gegenwind durch die zunehmenden Rezessionsrisiken bewegt werden dürften. Während in der Vergangenheit Zeiten rückläufiger Inflation mit einer starken Performance risikobehafteter Vermögenswerte einhergingen, war in einem rezessiven Umfeld das Gegenteil der Fall. Die Kombination aus anhaltenden geopolitischen Spannungen, erhöhter Inflation, bestehenden Abwärtsrisiken für die Weltwirtschaft und in die Enge getriebenen Zentralbanken sollte die Anleger in das neue Jahr hinein weiterhin vor Herausforderungen stellen – bevor es dann mit der konjunkturellen Trendwende auch zu einer Wende an den Aktienmärkten kommen kann.

Zunächst dürften die Börsen schwankungsanfällig bleiben. Dies bietet Investoren aber in Schwächephasen die Gelegenheit, ihr Aktienportfolio auf einen neu beginnenden Zyklus auszurichten. Konkrete Empfehlungen: „Income“-Strategien mit tragfähigen und hohen Dividendenausschüttungen, diversifiziert über viele Sektoren, sollten eine Rolle spielen, genau wie Themeninvestments, beispielsweise im Bereich Dekarbonisierung. Mit den gestiegenen Renditen werden Staatsanleihen für Anleger schrittweise wieder interessanter, vor allem in den USA. Insbesondere die Kombination aus nachlassenden Inflationssorgen, aber aufkommenden Wachstumssorgen könnte Staatsanleihen interessant machen.

Allerdings sollte ein Einstieg in Schritten erfolgen, solange weitere Zinserhöhungen der Zentralbanken wahrscheinlich sind. Mir fällt auf (und das ist ein ganz persönlicher Eindruck!), dass in praktisch allen Börsenanalysen und -vorhersagen unverändert Geldpolitik, Inflation und Konjunktur im Vordergrund stehen. Kein Wunder. Doch scheuen die meisten Börsenstrategen – nicht nur Europäer – vor einer hohen Gewichtung des Ukraine-Kriegs zurück. Ich bin gewiss kein ängstlicher Typ, die russische Aggression ist aber so nah, dass man eine weitere Eskalation zumindest nicht ausschließen kann.

Das Verhalten Putins (zuletzt die von ihm selbst vorgeschlagene, aber nicht eingehaltene Waffenruhe) und andererseits die jüngsten Waffenlieferungen (bzw. entsprechende Zusagen) der Nato sind Signale des Kriegsrisikos. Denn auch Nachbarländer können in den Konflikt einbezogen werden. Ich bin besorgt: Der schreckliche Krieg auf europäischem Boden könnte schlimmstenfalls noch zunehmende Eigendynamik entwickeln, deren Folgen wir uns kaum vorstellen können. Geben Sie Ihren Optimismus trotzdem nicht auf, geschätzte Anleger, aber stellen Sie sich darauf ein, dass Gold wichtiger werden könnte als der Dax!

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