Konjunktursorgen setzen Börsen erneut zu

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Frankfurt (Reuters) - Anhaltende Sorgen um die globale Konjunktur haben die Anleger an den Aktienmärkten am Dienstag vorsichtig gestimmt.

Der deutsche Leitindex Dax baute am Vormittag seine anfänglichen Gewinne wieder ab und notierte knapp im Minus bei 15.792 Punkten. Sein europäisches Pendant, der EuroStoxx50, blieb kaum verändert bei 4279 Zählern. In den USA schob die Erwartung wichtiger Wirtschaftszahlen im weiteren Tagesverlauf die Börsen dagegen etwas nach vorne. Die Futures für die wichtigsten Wall-Street-Indizes lagen leicht im Plus.

Für schlechte Laune in Europa sorgte eine Rede der EZB-Chefin Christine Lagarde beim jährlichen geldpolitischen Forum im portugiesischen Sintra. Die Europäische Zentralbank (EZB) wird laut Lagarde angesichts der weiterhin hohen Inflation von ihrem Straffungskurs vorerst nicht abrücken. Es sei auch unwahrscheinlich, dass die Währungshüter in naher Zukunft mit absoluter Überzeugung erklären könnten, dass die Leitzinsen ihren Höchststand erreicht haben.

Die Zinssorgen schürten neue Rezessionsängste, sagte Portfoliomanager Hani Redha vom Vermögensverwalter PineBridge. "Die Konjunkturdaten werden sich weiter verschlechtern, weil die Geldpolitik gestrafft wird, und vorübergehende Rückenwinde wie die abflauende Energiekrise und die Erholung Chinas nach der Corona-Krise dürften nur eine kurzzeitige Wirkung auf den Markt haben."

INVERSE RENDITEKURVE VERTIEFT SICH

So wetteten immer mehr Bond-Anleger auf eine tiefgreifende Konjunkturabschwächung. Der viel beachtete Rendite-Abstand - im Fachjargon Spread genannt - zwischen zwei- und zehnjährigen Bundesanleihen stieg auf 0,844 Prozentpunkte und übertraf damit sein am Freitag erreichtes 31-Jahres-Hoch. Experten sprechen hier von einer "inversen Renditekurve", weil üblicherweise kürzer laufende Titel wegen des kleineren Risikos niedriger verzinst werden als Langläufer. Unter Experten gilt eine solche Entwicklung als Vorbote einer Rezession.

Auch die Ölpreise konnten ihre früheren Gewinne nicht halten. Die makroökonomische Sorgen drückten die Nordsee-Rohölsorte Brent und die leichte US-Sorte WTI um jeweils rund ein Prozent nach unten auf 73,37 beziehungsweise 68,56 Dollar (159 Liter) pro Barrel.

SIEMENS ENERGY SCHLÄGT VORSICHTIGEN ERHOLUNGSKURS EIN

Die Analysten von Goldman Sachs bezeichneten die Marktreaktion auf die jüngsten Probleme bei Siemens Energy als "übertrieben" und hievten damit die Aktie ins Plus. Die Experten empfehlen die Papiere zum "Kauf". Die Titel des Münchner Elektro- und Energietechnikherstellers rücken um zwei Prozent vor und bauen damit einen Teil der Verluste der vergangenen Tage ab. Die Aktie ist seit Freitag um mehr als 30 Prozent abgestürzt. Die Probleme bei den bereits installierten Windkraftanlagen an Land sind größer als erwartet.

Gedämpfte Geschäftsaussichten in den USA belasteten dagegen den Dialysekonzern Fresenius Medical Care. FMC-Aktien fielen am Dienstagvormittag um knapp fünf Prozent und waren damit größter Verlierer im Nebenwerteindex MDax. In den USA war zuvor bekanntgeworden, dass die Erhöhung der Erstattungssätze für Dialysedienstleistungen durch die staatliche Krankenversicherung Medicare für Senioren wohl geringer als erwartet ausfällt.

Eine Drosselung der Produktion von E-Autos im Volkswagen in Emden setzte der Aktie zu. Die Papiere des Autobauers verloren gut zwei Prozent und waren damit Schlusslicht im Dax. Ein Konzernsprecher sagte Reuters, dass Volkswagen "sein Geschäft aktiv steuert" und sich dabei auf die Rentabilität und nicht auf das Volumen konzentriert. Zuvor hatte die Nachrichtenagentur dpa-AFX unter Berufung auf den Volkswagen-Betriebsrat in Emden berichtet, der Konzern wolle die Produktion in den nächsten zwei Wochen kürzen, weil die Nachfrage geringer sei als ursprünglich erwartet.

(Bericht von Zuzanna Szymanska, redigiert von Christian Rüttger. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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