Europas Anleger auf der Hut - Immobilienbranche im Fokus

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Frankfurt (Reuters) - Zins- und Konjunktursorgen haben die Stimmung an Europas Aktienmärkten zum Wochenanfang weiter eingetrübt.

Der Dax rutschte am Montag um rund ein Prozent auf bis zu 15.404 Punkte ab; der EuroStoxx50 gab gleich stark auf bis zu 4165 Zähler nach. Die Aussicht auf länger anhaltende hohe Zinssätze und die Schwäche der von China abhängigen Aktien zogen die Kurse nach unten. Auch an der Wall Street deuteten die US-Futures auf einen eher trüben Start in die Woche hin.

"Die enttäuschten Hoffnungen auf baldige Zinssenkungen durch die US-Notenbank Fed dürften die Stimmung an der Börse noch eine ganze Weile belasten", konstatierte Jochen Stanzl, Marktanalyst vom Brokerhaus CMC Markets. "Die Investoren preisen das höhere Risiko für eine harte Landung der US-Wirtschaft in die Kurse ein."

AUSVERKAUF BEI ANLEIHEN

Die Aussicht auf weiter steigende Zinsen kurbelte erneut den Ausverkauf am Anleihemarkt an. Im Gegenzug sprangen die Renditen zehnjähriger Bundesanleihen auf bis zu 2,809 Prozent und damit auf ein Zwölf-Jahres-Hoch. Börsianer treibe nun vor allem die Frage um, wie viele Anleger sich wegen immer stärker lockenden Alternativen wie Anleihen oder Geldmarktfonds aus dem Aktienmarkt verabschieden könnten, sagte Jürgen Molnar, Stratege vom Brokerhaus RoboMarkets. "Die Aussichten für die Wirtschaft sind alles andere als rosig, womit auch die Fantasie für steigende Unternehmensgewinne zunehmend schwindet."

Während steigende Zinsen vor allem den Immobilien- und in Folge dann auch den Finanzsektor belasteten, setzten dem produzierenden Gewerbe die steigenden Energiekosten zu. In den Chefetagen der deutschen Wirtschaft hat sich die Stimmung den fünften Monat in Folge verschlechtert. Allerdings fiel der Ifo-Index nur noch minimal um 0,1 auf 85,7 Zähler und damit weniger stark als befürchtet. Dennoch blieben viele Fachleute skeptisch, ob in diesem Jahr eine Rezession noch vermieden werden kann.

AUF UND AB IN IMMOBILIENBRANCHE

Die Zinssorgen rückten auch die Immobilienbranche erneut in den Fokus der Anleger. Vereinzelt machten Börsianer rund um den Wohnungsgipfel in Berlin auch Hoffnungsschimmer aus. "Die Reglementierung kommt wohl nicht so schlimm wie befürchtet", sagte ein Händler. Um die kriselnde Baubranche zu stabilisieren, beschloss die Bundesregierung zahlreiche Maßnahmen. So sollen eigentlich ab 2025 geplante strengere Klimaschutzvorgaben zur Dämmung neuer Häuser nun nicht kommen, wie Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck der Nachrichtenagentur Reuters sagte.

Bei den Einzelwerten ging es unterdessen beim kriselnden schwedischen Immobilienkonzern SBB steil nach oben. Die Titel, die seit Anfang 2022 rund 95 Prozent an Wert eingebüßt hatten, stiegen in Stockholm zeitweise um bis zu 40 Prozent. Anleger atmeten nach einem Barmittelzufluss von rund acht Milliarden Kronen (rund 675 Millionen Euro) auf. "Die Tatsache, dass die SBB acht Milliarden Kronen freisetzt, muss in einem sehr positiven Licht gesehen werden", sagte Carlsquare-Analyst Bertil Nilsson. "In einer Krise kommt es fast nur darauf an, Liquidität zu haben, und die SBB bekommt sie jetzt."

Weitere Zahlungsschwierigkeiten ließen dagegen den chinesischen Immobilienkonzern Evergrande erneut abstürzen. Der auf einem riesigen Schuldenberg sitzende Bauträger teilte am Sonntagabend mit, dass er wegen der laufenden Untersuchung der Behörden bei einer Tochterfirma keine neuen Schulden aufnehmen könne. Dies ist ein herber Rückschlag für einen Umschuldungsplan, zu dem der Umtausch in neue Schuldverschreibungen mit Laufzeiten von zehn bis zwölf Jahren gehörte.

Auch an den Rohstoffmärkten hinterließ die Aussicht auf ein anhaltend hohes Zinsniveau Bremsspuren. Der Preis für Kupfer gab rund ein Prozent auf 8148 Dollar nach. Investoren fürchteten, dass die hohen Zinsen die Konjunktur weiter bremsen und die Nachfrage nach dem für die Bauwirtschaft wichtigen Metall dämpfen werde. Auf die Stimmung drückten zudem steigende Kupfer-Lagerbestände.

(Bericht von Stefanie Geiger, redigiert von Hans Seidenstücker. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)

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