Kolumne

Der Fall „CZ“: Was der Abgang des CEO von Binance für den Krypto-Sektor bedeutet

decentralist.de · Uhr
Quelle: Iryna Budanova/Shutterstock.com

Von einem einfachen kanadischen Staatsbürger chinesischer Abstammung zu einem der reichsten Menschen der Erde in weniger als einem Jahrzehnt – Changpeng Zhao, besser bekannt als „CZ“, der ehemalige CEO von Binance, repräsentiert eine der bemerkenswertesten Erfolgsgeschichten im digitalen Zeitalter. Doch sein Niedergang, begleitet von einer rekordverdächtigen Strafzahlung von 4,3 Milliarden US-Dollar, zeigt, in welche stürmischen Gewässer der Sektor mittlerweile vorgedrungen ist, denn die Aktion der US-Regierung kann als nichts anderes, denn als deutliche Machtdemonstration und Warnung gegen den gesamten Krypto-Sektor gesehen werden.

Eine Erfolgsstory - bis zum kritischen Punkt

Binance, in nur sechs Jahren von CZ und seinem Team aus dem Nichts geschaffen, wurde zum größten zentralisierten Handelsplatz für Kryptowährungen weltweit. Die Krypto-Börse vereint den mit Abstand größten Teil des Handelsvolumens auf sich und hat sich dementsprechend zu einem der einflussreichten Player im Sektor etabliert. Auf dem Weg an die Spitze stand für den – nun ehemaligen – CEO Changpeng Zhao und das restliche Team hinter Binance die Nutzerfreundlichkeit, Qualität des Produkts und innovative Anwendungen im Bereich des dezentralen Finanzmarktes immer im Fokus. Das war einer der Grundpfeiler für den rasanten Erfolg der Plattform und hat dafür gesorgt, dass viele Millionen Menschen ihren Weg in die Welt der Kryptowährungen gefunden haben.

Weniger hat das allerdings für die regulatorische Zusammenarbeit mit den jeweiligen Staaten gegolten, in die Binance im Laufe der Jahre expandiert ist. Nie wirklich illegal, hat Binance sich jedoch zumindest entlang einer regulatorischen Grauzone bewegt, was Lizenzen für Finanzdienstleistungen und Handel mit Vermögenswerten betrifft. In der mehrjährigen Phase des steilen Wachstumspfades, in der der Krypto-Sektor sich weitestgehend unbeachtet von den regulatorischen Instanzen zu einem ernstzunehmenden Markt entwickelt hat, konnte Binance relativ unbescholten diesen Pfad der Expansion mitgehen.

Doch mittlerweile ist der Punkt erreicht, an dem der Sektor auf der internationalen politischen wie wirtschaftlichen Bühne unübersehbar geworden ist und nun ernsthafte Bestrebungen in Gang gesetzt wurden, den Krypto-Markt regulatorisch in den Griff zu bekommen. Das hat auch Binance zu spüren bekommen. Im Jahr 2023 haben – neben einigen entsprechenden Behörden in anderen Ländern – sowohl die US-Börsenaufsicht SEC als auch die Commodity Futures Trading Commission CFTC Klage gegen das Unternehmen eingereicht. 

Hammerschlag der US-Regierung

Die CFTC hat Binance, Zhao und den ehemaligen Chief Compliance Officer, Samuel Lim, beschuldigt, einen illegalen Handel betrieben und ein Schein-Compliance-Programm geführt zu haben, welches gegen das Commodity Exchange Act verstößt. Die SEC hält mehrere von Binance angebotene Tokens für Wertpapiere, die hätten registriert werden müssen. Binance hatte bereits in der Vergangenheit aufgrund seines aggressiven Wachstums und seiner oft fehlenden Genehmigung für das Betreten bestimmter Märkte intensive regulatorische Prüfung erfahren.

Nun kam es zu einer Einigung mit dem US Department of Justice, Changpeng Zhao und Binance: CZ hat zugestimmt, von seiner Position zurückzutreten und sich schuldig zu bekennen, gegen US-amerikanische Vorschriften zur Geldwäschebekämpfung verstoßen zu haben. Dies ist Teil einer Vereinbarung, die es Binance ermöglichen könnte, weiterhin zu operieren. Binance wird sich ebenfalls schuldig bekennen und Strafen in Höhe von insgesamt 4,3 Milliarden Dollar zahlen. Im Rahmen der Einigung wird Zhao seine Mehrheitsbeteiligung an Binance behalten, jedoch keine Führungsposition im Unternehmen übernehmen dürfen. Die Abmachung schließt eine mögliche spätere Verurteilung mit ein. 

Es wird mit zweierlei Maß gemessen

Die massive Geldstrafe, die CZ und Binance auferlegt wurde, steht in scharfem Kontrast zu den relativ milden Sanktionen, die etablierte Finanzinstitute und ihre Führungskräfte für vergleichbare oder gar schwerere Vergehen erhalten haben. Die Pressekonferenz der Finanzministerin Janet Yellen und anderer hochrangiger Vertreter der CFTC, DOJ und weiteren involvierten Behörden mutete an wie eine Art öffentlicher Prozess, in dem die Übeltaten von Changpeng Zhao medienwirksam angeprangert wurden. Ein ähnliches Tamtam gegenüber Führungskräften von Großbanken hat man bei den diversen Skandalen wie bspw. der Finanzkrise 2008 nicht beobachten können.  

Nicht zuletzt stößt dabei sauer auf, dass bei den vergangenen Skandalen großer Geldhäuser es meistens die Kunden gewesen sind, die den Kürzeren gezogen haben, während bei Binance genau das nicht der Fall ist. Fehlende Lizenzen und andere rechtlich fragwürde Praktiken einmal beiseite: Mit den Kundengeldern hat es auf der Plattform nie relevante Probleme gegeben. Dieser Unterschied in der Behandlung deutet auf eine tiefgreifende Diskrepanz im Umgang mit den traditionellen Finanzakteuren und den neuen Teilnehmern im großen Spiel der Finanzmärkte hin.

Es geht nicht um Gesetze, sondern um Macht

Die Botschaft, die diese Disparität sendet, ist klar: Die Erschaffung eines parallelen Finanz-, Politik- und Wirtschaftssystems, das auf der Blockchain-Technologie basiert, stellt eine erhebliche Bedrohung für das bestehende System dar. Die drakonischen Maßnahmen gegen CZ und Binance könnten als Versuch gesehen werden, diese aufstrebende Bedrohung einzudämmen.

Man darf dabei nie den Kontext aus den Augen verlieren: Das Dollar-System ist immer noch die größte Instanz der Macht auf dem globalen Spielfeld. Doch die Risse sind zuletzt größer geworden, durch die neue Bankenkrise in den USA, die Verwerfungen an den Anleihemärkten und die Bestrebungen einiger Nationen, sich langsam aber sicher vom Dollar zu entkoppeln. Das wissen auch die Entscheidungsträger an der Wallstreet – genau, wie um den Umstand, dass Bitcoin als mögliche Alternative interessanter wird. Der ernsthafte Vorstoß von BlackRock in den Sektor durch den Antrag für die Zulassung eines Bitcoin-, sowie eines Ethereum-Spot-ETFs ist Beweis genug.

Binance als mit Abstand größter Marketmaker in diesem Sektor ist eine unerwünschte Konkurrenz, da das Unternehmen außerhalb des Wirkungsbereichs der Wallstreet steht. Der Angriff dürfte im Endeffekt rein strategischer Natur gewesen sein. Paradoxerweise könnte dies durchaus positive Effekte auf die Preisentwicklung für Bitcoin haben, da der Weg für die Zulassung eines Bitcoin-ETFs nun endgültig frei sein dürfte. Es ist fragwürdig, ob die US-Sparte von Binance sich halten wird. Wahrscheinlicher ist ein kompletter Rückzug des Unternehmens aus dem US-Geschäft, da jederzeit der nächste Angriff kommen könnte, sei es durch die SEC, die CFTC oder welcher US-Behörde auch immer.

Was Investoren aus dieser Sache mitnehmen können

Mit dem steigenden Wert hinter Bitcoin und dem restlichen Krypto-Sektor steigt auch der Machtkampf der großen Player um die Kontrolle des Sektors. Der Fall Binance zeigt das eindrucksvoll. Nicht mitzureden haben dabei wie immer die Kunden, die den Konsequenzen dieser Machtkämpfe im Zweifel schutzlos ausgeliefert sind. Doch genau hier liegt der große Unterschied, der durch die Eigenheit der Krypto-Welt zum ersten Mal zum Tragen kommt: Man braucht keine zentralisierten Player, um die Möglichkeiten dieser Welt zu nutzen und sein eigenes virtuelles Vermögen zu verwalten.

Der Fall CZ unterstreicht die Notwendigkeit, über den eigenen Ansatz in der Krypto-Welt nachzudenken. Es geht nicht nur darum, "long Bitcoin" zu gehen, sondern auch darum, die Kontrolle über die eigenen digitalen Vermögenswerte zu behalten. Die Verwendung von Wallets, in denen Nutzer ihre privaten Schlüssel kontrollieren, ist ein Schritt in Richtung der ursprünglichen Vision von Satoshi Nakamoto – einer Welt, in der finanzielle Autonomie und Freiheit von zentralisierten Mächten möglich ist.

In diesem Sinne ist der Fall von CZ nicht nur ein Fall von persönlichem Aufstieg und Fall, sondern auch ein Weckruf für die Krypto-Community, sich auf die Grundprinzipien der Dezentralisierung und Selbstbestimmung zurückzubesinnen. Der Machtkampf wird ohne Zweifel weitergehen, doch das Schöne an der Idee hinter Bitcoin und Co. Ist, dass das Fundament dieser Welt gänzlich unberührt von diesen Machtkämpfen und zentralisierten Kontrollinstanzen funktioniert, wächst und gedeiht.

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