Türkei schließt sich Südafrikas Klage gegen Israel wegen Genozids an

Reuters · Uhr

Istanbul/Den Haag (Reuters) - Die Türkei hat sich der von Südafrika vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag erhobenen Klage gegen Israel wegen Völkermordes angeschlossen.

Der türkische Außenminister Hakan Fidan teilte auf X mit, dass die Türkei den formellen Antrag am Mittwoch gestellt habe. "Die internationale Gemeinschaft muss ihren Teil dazu beitragen, den Völkermord zu stoppen und den notwendigen Druck auf Israel und seine Unterstützer auszuüben". Die Türkei werde alle Anstrengungen unternehmen, dies zu tun, fügte Fidan hinzu. Das Gericht wird die endgültige Entscheidung über die Zulassung des Antrags treffen. Fidan hatte in dieser Woche eine entsprechende Erklärung seines Landes angekündigt.

Die Spannungen zwischen der Türkei und Israel haben sich seit Beginn des Krieges im Gazastreifen erheblich verschlechtert. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnete die Hamas als Befreiungsorganisation und drohte Israel unlängst mit militärischer Einmischung.

Die Türkei hatte bereits im Mai mitgeteilt, sie werde sich Südafrikas Klage anschließen. Das Land hatte im Dezember 2023 vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) ein Verfahren gegen Israel wegen Verstoßes gegen die Völkermordkonvention eingeleitet, die sowohl Südafrika als auch Israel unterzeichnet haben. Der IGH ist das höchste Rechtsorgan der Vereinten Nationen (UN) und wird auch Weltgericht genannt. Er wurde 1945 zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Staaten eingerichtet. Seine Entscheidungen sind bindend, der IGH hat aber keine Möglichkeit, sie durchzusetzen.

Israel hat den Vorwurf des Genozids an der Bevölkerung im Gazastreifen als haltlos zurückgewiesen und argumentiert, der Militäreinsatz in dem Palästinenser-Gebiet diene seiner Selbstverteidigung, denn er richte sich gegen die Kämpfer der radikalen Hamas. Diese hatten den Süden Israels am 7. Oktober überraschend angegriffen und nach israelischen Angaben 1200 Menschen getötet sowie mehr als 250 Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Das israelische Militär startete umgehend eine großangelegte Offensive. Bei den seither andauernden israelischen Angriffen auf den Gazastreifen wurden nach Angaben der dortigen Gesundheitsbehörde mindestens 39.600 Palästinenser getötet.

Im Januar hatte der Gerichtshof Israel angewiesen, sicherzustellen, dass seine Truppen keine völkermörderischen Handlungen gegen Palästinenser im Gazastreifen begehen. Israel müsse mehr humanitäre Hilfe zulassen und alle Beweise für Verstöße sichern.

Im Mai hatte Südafrika angesichts der israelischen Offensive gegen die Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens erneut den IGH angerufen. Im Rahmen seiner Völkermordklage forderte Südafrika per Eilantrag, die israelische Offensive in Rafah umgehend zu beenden. Südafrika argumentierte, Israel habe frühere Gerichtsentscheidungen ignoriert und verletzt. Der IGH forderte von Israel angesichts der katastrophalen Lage für die Zivilbevölkerung in Rafah den Stopp der Militäroffensive und die Öffnung des Grenzüberganges in Rafah für die humanitäre Versorgung. Die israelische Regierung weigerte sich, dem höchsten UN-Gericht zu folgen und argumentierte, Israel verteidige seine Bevölkerung und sein Territorium auch in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht.

(Bericht von Tuvan Gümrükcü geschrieben von Sabine Ehrhardt und Birgit Mittwollen. Redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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