Sechs Mythen zu Steuern bei Kryptos
Die Finanzämter interessieren sich mehr und mehr für deine Krypto-Aktivitäten. Welche Fehler du unbedingt vermeiden solltest, fassen die Steuerexperten Christopher Arendt und Felix Siegel für dich zusammen.

Wer bei Kryptowährungen nur an Kursgewinne denkt, übersieht schnell einen Aspekt, der ebenso explosiv sein kann: das Steuerrecht.
Ganz gleich, ob du Bitcoin, Ethereum oder andere Token hältst: Das Finanzamt interessiert sich zunehmend für deine Krypto-Transaktionen und wertet bereits Informationen einzelner Kryptotrading-Plattformen und deren Trader aus. Wir klären deshalb sechs häufige Krypto-Mythen in Bezug auf Steuern auf.
Mythos 1: Krypto-Gewinne sind immer steuerfrei
Falsch. Verkaufst du Krypto-Anlagen, die du privat hältst, innerhalb eines Jahres nach Anschaffung, sind Gewinne grundsätzlich steuerpflichtig – gemäß Paragraf 23 Einkommensteuer-Gesetz (EstG) als so genannte „private Veräußerungsgeschäfte“. Dabei gilt eine Freigrenze von 1.000 Euro.
Das bedeutet: Bis 1.000 Euro Gewinn musst du keine Steuern zahlen. Ab 1.001 Euro aber musst du auf alle Krypto-Gewinne Einkommensteuer zahlen. Nach Ablauf der einjährigen Spekulationsfrist sind Veräußerungsgewinne dagegen steuerfrei.
Achtung: Auch ein Tausch – etwa Bitcoin gegen Ethereum oder gegen ein Non-Fungible Token (NFT) – stellt eine Veräußerung dar. Jeder Trade kann somit einen steuerpflichtigen Vorgang auslösen. Und: Die Frist beginnt nach jedem Tausch von vorn.
Bei zentralen Handelsplattformen (zum Beispiel Coinbase, Kraken) zählt dabei das Transaktionsdatum auf der Plattform, bei dezentralen Anwendungen ist hingegen das Wallet-Datum maßgeblich.
Mythos 2: Bei Staking & Co. muss ich steuerlich nichts beachten
Falsch. Wenn du deine Coins verleihst und dafür Belohnungen erhältst, etwa indem du Staking-Pools nutzt oder Lending betreibst, dann entstehen meist sonstige Einkünfte (Paragraf 22 Nummer 3 EStG).
Beim passiven Staking – also dem Bereitstellen von Token zur Validierung ohne eigene Blockerstellung – liegt ein Leistungstausch vor: Du verzichtest zeitweise auf die Nutzung deiner Token und erhältst dafür zusätzliche Coins.
Beim Mining oder Forging (Proof of Stake) kann es sich je nach Umfang um gewerbliche Tätigkeiten handeln (Paragraf 15 EStG).
Entscheidend ist, ob du Mining oder Forging regelmäßig und mit der Absicht betreibst, damit Geld zu verdienen. Wenn du also kontinuierlich in diese Aktivitäten investierst, mit dem Ziel, Gewinne zu erzielen – zum Beispiel durch den Betrieb eigener Hardware oder durch die Teilnahme an größeren Netzwerken – könnte das als gewerbliche Tätigkeit angesehen werden.
Wenn du hingegen nur hin und wieder mit kleinen Summen experimentierst, könnte es als Hobby durchgehen. Die erhaltenen Belohnungen (Block Rewards, Transaktionsgebühren) gelten aber in jedem Fall als steuerpflichtig.
Mythos 3: Airdrops sind ein steuerfreies Geschenk
Nicht unbedingt. Als Airdrops bezeichnet man Coins, die meist kostenlos an User vergeben werden. Sie sind dann steuerpflichtig, wenn du dafür eine Leistung erbringst. Das kann sein, dass du an Marketingaktionen teilnimmst, Inhalte auf sozialen Medien teilst oder Daten über dich preisgibst.
In solchen Fällen musst du den erhaltenen Wert als „sonstige Einkünfte“ in der Steuererklärung erfassen. Bekommst du die Airdrops dagegen ohne etwas dafür zu tun, kann nach Einschätzung der Finanzverwaltung eine steuerpflichtige Schenkung vorliegen. Diese musst du dem Finanzamt binnen drei Monaten nach Kenntnis des Airdrops schriftlich anzeigen.
Mythos 4: Bei Bitcoins im Betriebsvermögen gilt die Haltefrist von einem Jahr
Nein. Hältst du Kryptowerte im Betriebsvermögen, spielt die Spekulationsfrist keine Rolle: Jeder Verkauf, Tausch oder Transfer mit Gegenleistung führt zu steuerpflichtigen Einkünften – unabhängig von der Haltedauer. Das gilt auch für Token, die du durch Mining, Staking oder Airdrops erhalten hast. Die Bewertung erfolgt zum Marktwert im Zeitpunkt des Zuflusses.
Zudem wird jeder Tauschvorgang buchhalterisch erfasst: Die erlangten Token gelten als „angeschafft“, die hingegebenen als „veräußert“. Besonders im gewerblichen Umfeld kann das schnell komplex werden.
Mythos 5: Wenn ich Kryptos vererbe, merkt es keiner
Du möchtest Kryptowährungen an Kinder oder Partner weitergeben – zu Lebzeiten oder im Todesfall? Dann solltest du das Thema Erbschaft- und Schenkungsteuer ernst nehmen. Kryptowerte gelten als „sonstiges Vermögen“ und sind damit grundsätzlich erbschafts- und schenkungsteuerpflichtig - sofern die Freibeträge überschritten werden (zum Beispiel 400.000 Euro bei Kindern, 500.000 Euro bei Ehepartnern).
Kritisch wird es, wenn bei Krypto-Anlagen kein Testament vorhanden ist: Bei der Testamentsgestaltung kommt es auf die Formulierung an. Wenn du als Erbe keinen Zugriff auf den Private Key hast, kann das Erbe zwar „technisch wertlos“ sein, weil du de facto nicht an die Coins kommst. Steuerlich kann das aber trotzdem als Erwerb gelten.
Das Finanzamt darf schätzen, wenn es Hinweise auf ein Vermögen gibt. Du musst dann glaubhaft machen, dass du keinen Zugang zu den Tokens hast. Eine ordentliche Nachlassplanung – inklusive gesichertem Zugang zum Private Key – ist hier essenziell.
Mythos 6: Beim Kryptohandel muss ich nichts dokumentieren
Das kann teuer werden. Denn: Das Bundes-Finanzministerium (BMF) legt großen Wert auf nachvollziehbare Transaktionsverläufe. Das hat es im Schreiben von März 2025 nochmals hervorgehoben: Wer seine Wallet nicht ordentlich dokumentiert, riskiert Nachfragen, Schätzungen oder sogar Strafzuschläge.
Steuerreports von Drittanbietern sind zulässig – wenn sie vollständig, plausibel und konsistent aufgebaut sind. Auch Tageskurse werden akzeptiert, solange du sie gleichmäßig verwendest.
Fehlende Nachweise wegen verlorener Zugänge oder nicht gespeicherter Wallets sollen zulasten der Steuerpflichtigen wirken. Insbesondere die Qualität der Trading-Reports, deren Verfügbarkeit (auch nachträgliche) sowie der Standort der Trading-Plattform solltest du bei der Wahl der Trading-Plattform unbedingt berücksichtigen.
Fazit: Kryptowährungen sind kein steuerfreier Raum – im Gegenteil
Die Finanzverwaltung versteht die Blockchain inzwischen besser als viele Anleger. Mit dem Schreiben des Bundesfinanzministeriums von März 2025 ist klar: Es gibt kaum noch steuerliche Graubereiche.
Dokumentiere daher zeitnah jeden Trade, achte auf Fristen und lasse im Zweifel deine Krypto-Aktivitäten steuerlich einordnen. Die nachträgliche Aufarbeitung deiner Trades ist ein enormer Aufwand und in vielen Fällen wirst du dann die Anforderungen der Finanzverwaltung nicht mehr erfüllen können.
Denn eines ist sicher: Dein Krypto-Gewinn ist (oft) auch ein Fall fürs Finanzamt – und wer hier nicht vorbereitet ist, zahlt am Ende drauf.
Über die Autoren: Christopher Arendt ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht bei Acconsis in München. Seit mehreren Jahren beschäftigt er sich mit dem Thema Kryptowährungen & Steuern. Als Anwalt betreut er Mandanten zu Fragen von der korrekten Behandlung von Krypto-Einkünften über die Ausgabe neuer Coins bis hin zur Selbstanzeige wegen Nichtangabe von Krypto-Gewinnen.
Felix Siegel ist Steuerberater bei Acconsis in München.