Hängepartie im Rechtsstreit um US-Zölle - "Alles noch nicht ausgemacht"

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Washington/Berlin (Reuters) - Die Schlacht um die Rechtmäßigkeit der von US-Präsident Donald Trump betriebenen Zollpolitik wogt hin und her und schürt Unruhe an den Börsen.

Das Hickhack in der US-Justiz ließ die wichtigsten Indizes in Asien abrutschen und sorgte für schwankende Kurse im Dax. Der deutsche Leitindex eröffnete am Freitag nahe der Null-Marke, arbeitete sich aber nach oben und lag zuletzt fast ein Prozent im Plus. Der Dollar-Index rückte nach den Verlusten vom Donnerstag leicht vor, während der Euro fast ein halbes Prozent nachgab. "Das Zollchaos in den USA ist das beherrschende Thema an den Finanzmärkten", so das Resümee der Volkswirte Ralf Umlauf und Ulrich Wortberg von der Landesbank Hessen-Thüringen.Nachdem am Mittwoch ein US-Bundesgericht den Großteil der von Trump verhängten Zölle für ungültig erklärt hatte, setzte am Donnerstag ein Berufungsgericht diese Blockade vorerst aus. Der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europaparlament, Bernd Lange (SPD), verwies darauf, dass das Berufungsgericht nicht per se positiv im Sinne der Zollpolitik Trumps entschieden habe. Es habe vielmehr die Zölle temporär stehen lassen und sich eine Zeit der Überprüfung gegeben: "Insofern ist das alles noch nicht ausgemacht", sagte Lange im Deutschlandfunk.

Beobachter des Geschehens schließen nicht aus, dass am Ende als letzte Instanz der Oberste Gerichtshof der USA entscheiden muss. "Dieser könnte im Sinne Trumps urteilen. Falls nicht, könnte Trump versuchen, seine Zollpolitik auf anderen Wegen durchzusetzen", meint Ökonom Christoph Balz von der Commerzbank. Die US-Regierung erwägt laut einem Pressebericht bereits eine Übergangslösung, um Zölle auf weite Teile der Weltwirtschaft zu erheben. Grundlage könnte ein bestehendes Gesetz sein, das Zölle von bis zu 15 Prozent für 150 Tage vorsieht, berichtete das "Wall Street Journal" unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen.

Die Regierung habe noch keine endgültige Entscheidung getroffen und könne mit der Umsetzung etwaiger Pläne warten, hieß es in dem Bericht weiter. Das Bundesberufungsgericht hatte die von Trump gegen Handelspartner erlassenen umfangreichen Zölle wieder in Kraft gesetzt. Das vorherige Urteil eines Handelsgerichts wurde mit sofortiger Wirkung ausgesetzt. Die Kläger sind bis zum 5. Juni zu einer Stellungnahme aufgefordert, die US-Regierung bis zum 9. Juni. Die überraschende Entscheidung des US-Gerichtshofs für Internationalen Handel vom Mittwoch hätte die Einführung von Trumps Zöllen für die meisten US-Handelspartner gestoppt oder zumindest verzögert.

"UNSICHERHEIT BLEIBT HOCH"

Das Hickhack um die Zölle sorgt aus Expertensicht für Verunsicherung, nicht nur an der Börse, sondern auch in der Wirtschaft: "Die Unsicherheit, wie es mit den Zöllen weitergeht, bleibt hoch, was beispielsweise dazu führen könnte, dass Unternehmen Investitionsentscheidungen auf Eis legen", meinte Commerzbank-Ökonom Balz. So könnten die Gerichte Trumps Zölle doch noch für rechtmäßig erklären. Alternativ könnte Trump ähnliche Zölle mit anderen Begründungen einführen, so der Experte. Dann würde ihm aber vermutlich ein Teil der Flexibilität verloren gehen, wie in den vergangenen Wochen Zölle "nach eigenem Gutdünken" festzulegen oder zu ändern. Die Verhandlungen über Handelsabkommen - etwa mit der EU - sollten weitergehen, erklärte Balz.

Europaparlamentarier Lange sagte, er habe bei seinen Gesprächen in den USA "Nervosität über die sehr chaotische Zollpolitik" Trumps verspürt. Mit Blick auf den Rechtsstreit in den Vereinigten Staaten fügte er im Deutschlandfunk hinzu: "Ich denke, wir werden noch ein bisschen warten müssen, bis eine letztendliche Entscheidung getroffen wird." Es sei jedoch völlig klar, dass laut der US-Verfassung die Handels- und Zollpolitik in der Hand des Kongresses liege und "nicht in der Willkür des Präsidenten". Er gehe aber davon aus, dass Trump versuche, die "chaotische Zollpolitik" weiterzuführen, um Druck auszuüben. Die EU müsse trotz "des Theaterdonners" ruhig bleiben und sachlich an einer Verständigung mit den USA arbeiten: "Und dann, wenn es eben nicht möglich sein sollte, auch eine klare Gegenreaktion formulieren", fügte der SPD-Politiker hinzu.

Die Trump-Regierung setzt Zölle als zentralen Bestandteil ihrer Handelsstrategie ein. Die Maßnahmen haben sowohl zu internationalen Verhandlungen als auch zu rechtlichen Streitigkeiten geführt.

(Bericht von Costas Pitas, Summer Zhen, Samuel Indyk, Gram Slattery und Susan Heavey. Geschrieben von Reinhard Becker und Zuzanna Szymańska, Mitarbeit Klaus Lauer Redigiert von Christian Rüttger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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