Inflation fällt überraschend - "Auf Schmusekurs"

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Berlin (Reuters) - Der Inflationsdruck in Deutschland hat im Juni trotz zwischenzeitlich stark gestiegener Ölpreise infolge des Israel-Iran-Krieges überraschend nachgelassen.

Waren und Dienstleistungen kosteten durchschnittlich nur noch 2,0 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt am Montag zu seiner ersten Schätzung mitteilte. Dazu trugen billigere Energie und langsamer steigende Lebensmittelpreise bei. Im April und Mai lag die Teuerungsrate noch bei jeweils 2,1 Prozent. Von Mai auf Juni stagnierten die Preise.

"Die Inflation ist weiterhin auf Schmusekurs", sagte der Chefvolkswirt der DekaBank, Ulrich Kater. Die zeitweise hohen Rohölpreise während der Eskalation des Israel-Iran-Konflikts hätten nichts daran geändert. "Mittlerweile sind die Ölpreise bereits wieder deutlich gefallen", sagte Kater. Der Iran hatte zwischenzeitlich mit der Schließung der für den Öltransport wichtigen Straße von Hormus gedroht. Auch in der zweiten Jahreshälfte dürfte die Teuerungsrate nach Prognose von Experten um die Zwei-Prozent-Marke herum schwanken.

Deutlich billiger wurde im Juni Energie: Sie kostete 3,5 Prozent weniger als ein Jahr zuvor (Mai: -4,6 Prozent). Nahrungsmittel verteuerten sich um 2,0 Prozent (Mai: +2,8 Prozent). Dabei fiel die Entwicklung teils sehr uneinheitlich aus: Gemüse verbilligte sich etwa in Nordrhein-Westfalen um 4,2 Prozent, während Obst um 10,8 Prozent teurer wurde. Dienstleistungen kosteten im Schnitt 3,3 Prozent mehr (Mai: +3,4 Prozent). Die Teuerungsrate ohne die schwankungsanfälligen Preise für Nahrungsmittel und Energie, oft auch als Kerninflation bezeichnet, sank auf 2,7 (Mai: +2,8) Prozent.

"HOCHINFLATION IST VORBEI"

"Insgesamt darf man wohl feststellen, dass die Zeiten der Hochinflation zunächst vorbei sind", sagte der Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank, Cyrus de la Rubia. "Die Gründe reichen vom starken Euro, der für niedrigere Importpreise sorgt, über ein größeres Angebot an Gütern aus Asien, die diese in den USA nicht mehr loswerden, bis zur schwachen Konsumnachfrage." Mittel- bis langfristig sei der Kampf gegen die Inflation aber noch nicht beendet. Strukturelle Faktoren wie Demografie, Klimawandel und Deglobalisierung bestünden fort. "Dazu kommen die Ausgabenpläne der neuen Bundesregierung, die zu einer höheren Kapazitätsauslastung und damit auch mehr Preissetzungsmacht aufseiten der Unternehmen führen werden", sagte de la Rubia.

Das Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) für den Währungsraum ist zwei Prozent. Die nach europäischen Standards berechnete deutsche Teuerungsrate liegt aktuell mit 2,0 Prozent genau auf dieser Zielmarke. Die Währungshüter haben wegen des nachlassenden Preisdrucks zuletzt sieben Mal in Folge ihren Leitzins gesenkt. "Die deutsche Vorgabe signalisiert der EZB, ihren Job erledigt zu haben", sagte der Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank, Alexander Krüger.

Die EZB dürfte sich in ihrem Kurs bestätigt fühlen, fügte VP-Bank-Chefvolkswirt Thomas Gitzel hinzu. "Der noch immer deutliche Anstieg der Dienstleistungspreise dürfte die EZB aber vorerst vor weiteren Zinssenkungen abhalten", sagte Gitzel. "Für einen weiteren geldpolitischen Lockerungskurs müssten auch im Bereich der Service-Preise die Ampeln auf Grün stehen."

(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Klaus Lauer, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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