Ceconomy deutlich im Plus ++ Thyssen und Tata sind sich einig ++ Trump und Seehofer drücken DAX ins Minus

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Tritt er zurück oder bleibt er im Amt? Das Hick-Hack um Bundesinnenminister Horst Seehofer sorgt weiter für schlechte Stimmung im Deutschen Leitindex. Am späten Sonntag-Abend hat Seehofer seinen Rücktritt von allen Ämtern angeboten, was er heute früh bestätigte: „Ich habe gesagt, dass ich beide Ämter zur Verfügung stelle, dass ich das in den nächsten drei Tagen vollziehe“, sagte Seehofer.

Als „Zwischenschritt“ werde man an diesem Montag aber ein Gespräch mit der CDU führen, „in der Hoffnung, dass wir uns verständigen“. „Alles Weitere“ werde anschließend entschieden. Das Ende der Regierungsstreitigkeiten zwischen Merkel und Seehofer ist damit weiter offen. Die Bundeskanzlerin hat sich in der Zwischenzeit die Rückendeckung ihrer Partei geholt. Daher dürfte Angela Merkel ihrem Innenminister nicht mehr viel entgegenkommen. Lenkt Seehofer jetzt nicht ein Stück weit ein, dann dürfte er wohl heute seinen Abschied verkünden. Das Gespräch zwischen Merkel und Seehofer ist für 17 Uhr angesetzt.

Wie es dann weiter geht zwischen den Unions-Parteien ist völlig offen. Bis zu einem Ende der Regierung ist alles möglich. Die Situation drück stark auf die Gemüter der Anleger. Der DAX startet heute mit über einem Prozent im Minus, da neben den Unionsstreitigkeiten noch Donald Trump am Wochenende zusätzliches Öl ins Feuer gegossen hat.

Der US-Präsident richtete am Sonntag scharfe Angriffe gegen die EU. „Die EU ist möglicherweise so schlimm wie China“, sagte der Präsident in einem Interview des Senders Fox News. Europa verkaufe Autos in die USA, sagte er und nannte den Markennamen Mercedes. Die US-Hersteller hätten es viel schwerer, ihre Produkte in die EU zu verkaufen. Die USA hätten gegenüber der EU ein Handelsdefizit von 151 Milliarden Dollar.

Wie die Europäische Union hat unterdessen auch der US-Nachbar Kanada entschiedene Gegenmaßnahmen eingeleitet. Seit Sonntag gelten Zölle auf Einfuhren für Stahl- und Aluminiumprodukte aus den USA. Außenministerin Chrystia Freeland hatte angekündigt, es gehe um Waren im Wert von umgerechnet zehn Milliarden Euro. „Kanada hat keine Wahl, als mit einer maßvollen, gegenseitigen Dollar-für-Dollar-Antwort zurückzuschlagen“.

Mittlerweile hat sich BMW zu möglichen Strafzöllen auf europäische PKW geäußert. Der deutsche Autobauer warnt in einem Schreiben an US-Handelsminister Wilbur Ross vor solchen Zöllen. „Die heimische Produktion von Automobilen hat keinen ersichtlichen Zusammenhang mit der nationalen Sicherheit der USA“, heißt es darin. „Es scheint, dass der Zweck der Androhung dieser Zölle ist, bestimmte wirtschaftliche Ziele zu erreichen.“ Die Erhebung von Zöllen sei nicht dazu geeignet, das Wirtschaftswachstum der USA zu erhöhen und dadurch die Wettbewerbsfähigkeit anzukurbeln.

Auch die US-Autoindustrie spricht sich vehement dagegen aus. Sollte die Regierung die Handelsschranken für Autohersteller erhöhen, so berge dies Risiken, die auch in den USA der Wettbewerbsfähigkeit schaden und zu Jobverlusten führen könnten, warnte der größte US-Autohersteller General Motors. Zuvor hatte bereits der Lobbyverband Auto Alliance, zu dem neben GM auch Branchengrößen wie Ford Toyota oder Volkswagen zählen, vor hohen Kosten für Verbraucher gewarnt. „Zölle auf Autos und Autoteile erhöhen die Preise für Kunden, sie vermindern die Auswahl und laden Handelspartner zu Vergeltungsmaßnahmen ein“, hieß es in dem Appell.

ThyssenKrupp schmiedet die Nummer zwei in Europa

Die Essener und Tata schließen sich angesichts weltweiter Überkapazitäten beim Stahl zusammen und gründen den zweitgrößten Stahlkonzern Europas. Nach über zweijährigen Verhandlungen unterzeichneten beide Unternehmen am Samstag die Verträge für ein Stahl-Gemeinschaftsunternehmen. Damit ist auch der Weg frei für einen weiteren Umbau bei ThyssenKrupp. Die Strategie solle bis Mitte Juli vorgelegt werden, kündigte das Unternehmen am Samstag vor Investoren in Essen an.

Über die Details des Gemeinschaftsunternehmens wollen Thyssenkrupp-Chef Heinrich Hiesinger und der Chef der Tata-Stahlsparte, Natarajan Chandrasekaran, am Montag in Brüssel informieren. Entstehen soll Europas zweitgrößter Stahlkonzern nach ArcelorMittal mit rund 48 000 Mitarbeitern, einem Umsatz von über 17 Milliarden Euro und Werken in Deutschland, Großbritannien und den Niederlanden.

ThyssenKrupp soll daran mit einem Anteil von 50 Prozent beteiligt sein. Erwartet werden jährlich wiederkehrende Synergien in Höhe von 400 bis 500 Millionen Euro. Das Gemeinschaftsunternehmen mit dem Namen ThyssenKrupp Tata Steel B.V. soll seinen Sitz in den Niederlanden haben.

„Mit dem Joint Venture sichern wir uns langfristig eine wettbewerbsfähige Position in der europäischen Stahlindustrie – mit einem überzeugenden industriellen Konzept und auf Basis einer klaren strategischen Logik“, sagte Hiesinger. „Damit erhalten wir langfristig Arbeitsplätze und erhalten Wertschöpfungsketten in europäischen Schlüsselindustrien.“

Freenet steigt bei Ceconomy ein

Der Mobilfunkanbieter steigt bei der MediaMarktSaturn-Mutter Ceconomy ein. Über eine Kapitalerhöhung sichert sich das TecDax -Unternehmen rund 9 Prozent an dem Betreiber der beiden großen Elektronikhändler, wie beide Unternehmen am Freitag überraschend nach Börsenschluss mitteilten.

Ceconomy will den Erlös aus der Kapitalerhöhung in Höhe von rund 277 Millionen Euro zur Stärkung der eigenen Bilanz verwenden und damit die eigene Strategie weiter umsetzen. Die Freenet-Tochter Mobilcom-Debitel verkauft seit über 25 Jahren in den Elektronikmärkten eigene Mobilfunkverträge. „Auch perspektivisch versprechen wir uns dadurch wichtige Impulse – sowohl für unser Mobilfunkgeschäft als auch für das TV- und Digital-Lifestyle-Business“, sagte Freenet-Chef Christoph Vilanek.

Freenet ist ein großer Mobilfunkanbieter ohne eigenes Netz, der Leitungen bei den Netzbetreibern Vodafone und Deutsche Telekom anmietet und damit eigene Mobilfunkverträge verkauft. Das Unternehmen war zuletzt auch in das Geschäft mit Fernsehübertragungen über Antenne und das Internet eingestiegen.

Für die Beteiligung zahlt Freenet mehr als die Ceconomy-Aktie zuletzt wert war. Pro Aktie legt Freenet 8,50 Euro auf den Tisch, der Schlusskurs lag im Xetra-Hauptgeschäft am Freitag bei 7,138 Euro. „Wir haben die Gelegenheit genutzt, in einem Schritt mit knapp 10 Prozent zu einem angemessenen Preis einzusteigen“, sagte Vilanek.

Ceconomy erhöht mit dem Schritt das eigene Kapital um 10 Prozent unter Ausschluss des Bezugsrechts der Altaktionäre. Die Mehrheitsaktionäre Haniel, die Meridian Stiftung, Beisheim sowie der Aufsichtsrat hießen den neuen Großaktionär willkommen, sagte Ceconomy-Vorstandschef Pieter Haas. Abgeschlossen werden soll die Transaktion bis August dieses Jahres.

Am Kapitalmarkt kommt die Maßnahme heute gut an. Die zuletzt stark unter Druck geratene Aktie ist heute heiß begehrt bei den Anlegern. Sie liegt fast zweistellig im Plus.

Kurz & knapp:

Allianz: Europas größter Versicherer will mit neuen Produkten gegen den schrumpfenden Markt für Lebensversicherungen ankämpfen: Eine für junge Kunden entwickelte Police soll eine ähnliche Flexibilität bieten wie ein Sparbuch – ohne fixe Ein- und Auszahlungstermine. „Wir haben intensive Kundenbefragungen durchgeführt und festgestellt, dass es eine Zielgruppe gibt, die wir nicht systematisch erreichen: Jüngere Menschen, die großen Wert auf Flexibilität legen und ein voll digitales Angebot wollen“, sagte Volker Priebe, Vorstand der Allianz Leben.

Nestlé: Der aktivistische Investor Third Point macht weiter Druck beim Nahrungsmittelkonzern. Die von Dan Loeb gegründete Gesellschaft kritisiert in einem online publizierten Report und in einem Brief an das Management den „konfusen strategischen Kurs“ („muddled strategic approach“) von Nestlé. Das Unternehmen bewege sich zudem zu langsam bei der Abtrennung von nicht strategischen und wenig rentablen Firmenteilen. Weiter schlägt Third Point die Aufteilung von Nestlé in die drei Sparten Getränke, Gesundheit und Lebensmittel vor. Damit könnte die Bürokratie bei Nestlé verringert werden, so die Begründung.

Konsum: Der britische Handelskonzern Tesco und sein französischer Rivale Carrefour bündeln ihre Kräfte im Einkauf. Die Supermarkt-Ketten wollen künftig gemeinsam mit den Lieferanten für ihre Eigenmarken-Produkte verhandeln, wie sie am Montag mitteilten. Das Bündnis sei zunächst auf drei Jahre angelegt und solle binnen zwei Monaten abgeschlossen werden. Supermarkt-Ketten in Europa sind zuletzt mehrfach Allianzen eingegangen, um ihre Kosten im Wareneinkauf zu senken. So hatten vergangene Woche die Real-Mutter Metro sowie Auchan Retail, Casino Guichard-Perrachon und die Schiever Group eine solche Kooperation bekanntgegeben. Tesco und Carrefour wollen künftig gemeinsam auch solche Produkte einkaufen, die nicht für den Weiterverkauf gedacht sind.

Von Markus Weingran / dpaAFX

Foto: photocosmos1 / shutterstock.com

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