PKW-Absatz: BMW, Daimler und VW erneut mit zweistelligen Rückgängen ++ Zalando: Jahresprognose angehoben ++ Sartorius: Ausblick wird erhöht ++ Nordex: Auftragseingänge halbieren sich

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Der Zinsentscheid der EZB steht heute im Tagesverlauf an. Allerdings dürfte die heutige Zinssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) nicht viel Neues bringen - dass erwarten jedenfalls die Bankvolkswirte. Die EZB dürfte ihre Corona-Krisenpolitik aus Nullzins, Wertpapierkäufen und Langfristkrediten im Wesentlichen bestätigen. Denkbar halten einige Fachleute allenfalls Erleichterungen für die unter der Null- und Negativzinspolitik leidenden Banken. Der EZB-Rat wird seine Entscheidungen an diesem Donnerstag verkünden, gefolgt von einer Online-Pressekonferenz.

Die EZB hat auf die Corona-Krise wie auch viele andere Zentralbanken mit einschneidenden Maßnahmen reagiert. Ein Kernstück ihrer Krisenpolitik ist ein spezielles Anleihekaufprogramm namens PEPP. Auf ihrer jüngsten Zinssitzung Anfang Juni wurde das Programm von 750 Milliarden auf 1,35 Billionen Euro ausgeweitet. Ein zweiter Hauptbestandteil des Krisenkurses besteht in extrem günstigen Langfristkrediten (TLTRO III) an die Geschäftsbanken, die sich bereits reichlich eingedeckt haben.

Im Extremfall können die Banken mit der Kreditaufnahme bei der EZB Geld verdienen und so die Belastungen aus dem negativen Einlagensatz mehr als ausgleichen. Dennoch können sich Fachleute vorstellen, dass die EZB für zusätzliche Entlastung sorgt. Derzeit müssen die Banken das sechsfache ihrer Mindestreserve nicht mit dem negativen Einlagensatz bezahlen (Tiering). Dieser Satz könnte angehoben werden, vermuten einige Experten.

Der Grund dafür liegt in der Krisenpolitik der EZB: Weil die Zentralbank in hohem Tempo Staatsanleihen kauft und Langfristkredite gewährt, steigen die Guthaben der Banken bei der Notenbank (Überschussliquidität). Dafür werden an sich höhere „Strafzinsen“ fällig, wie der negative Einlagensatz an den Märkten auch genannt wird. Wird ein höherer Anteil der Gelder freigestellt, entlastet das den Bankensektor. Die Investmentbank Jefferies kann sich eine Anhebung auf das neun- oder zwölffache der Mindestreserve vorstellen.

Ein Thema auf der Pressekonferenz könnte auch das Volumen des Wertpapierkaufprogramms PEPP werden. Aus dem jüngsten Sitzungsprotokoll der EZB ging hervor, dass die Notenbank den Umfang des Programms eher als Obergrenze denn als beabsichtigtes Kaufvolumen betrachtet. Diese Auffassung haben mehrere Notenbanker auf öffentlichen Auftritten bekräftigt. Fachleute interpretieren diese Hinweise so, dass die EZB die Käufe bei rascher Konjunkturerholung zurückfahren könnte. „Sollte die EZB zu dem Schluss kommen, dass nicht der gesamte Umschlag benötigt wird, müsste das Kauftempo merklich sinken“, heißt es in einem Kommentar der Commerzbank.

Eine andere Thematik auf der Pressekonferenz dürfte der EU-Gipfel sein, der einen Tag später beginnt. Hauptthema des politischen Gipfels ist der von der EU-Kommission geplante und zwischen den EU-Staaten strittige Corona-Aufbauplan. Die EZB hat mehrfach weitere fiskalische Unterstützung in der Corona-Bekämpfung gefordert, damit der Geldpolitik weniger Lasten aufgebürdet werden.

Dax vor EZB-Entscheid wie gewohnt etwas vorsichtig

Der deutsche Leitindex ist wie gewohnt vor dem Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank etwas vorsichtig. Das deutsche Börsenbraometer liegt 15 Minuten nach Handelsstart mit 0,57 Prozent im Minus und steht bei 12.856,62 Punkten

Daimler schlägt sich am besten - VW-Absatz geht um fast ein Viertel zurück

Der europäische Automarkt hat auch im Juni unter den Folgen der Coronavirus-Pandemie gelitten. In der Europäischen Union (EU) wurden insgesamt 949.722 Pkw neu zugelassen, das waren 22,3 Prozent weniger als im Vorjahresmonat, wie der zuständige Branchenverband Acea am Donnerstag in Brüssel mitteilte. Im Mai waren die Zulassungszahlen noch um über die Hälfte abgesackt, nachdem der europäische Automarkt im Zuge der sich zuspitzenden Virus-Krise im April förmlich zusammengebrochen war. Aufgrund der Lockerungen in vielen Ländern und der Wiederöffnung der Autohäuser nach dem Lockdown fiel das Minus nun deutlich geringer aus. Trotz der Verbesserung gegenüber dem Mai habe sich die Nachfrage im Juni aber noch nicht komplett erholen können, hieß es.

Wegen der Corona-Krise verzeichneten alle EU-Märkte mit Ausnahme Frankreichs den Angaben zufolge weiterhin klare Rückgänge. Dass Frankreich bei den Neuzulassungen auf ein Plus von 1,2 Prozent kam, sei auf seit Anfang Juni begonnene Maßnahmen der französischen Regierung zurückzuführen, den Verkauf von emissionsarmen Fahrzeugen anzukurbeln. Die anderen großen EU-Märkte Spanien (minus 36,7 Prozent), Deutschland (minus 32,3 Prozent) und Italien (minus 23,1 Prozent) mussten dagegen alle erneut deutliche Einbußen im zweistelligen Prozentbereich hinnehmen.

Keine der großen Automarken konnte sich dem allgemeinen Trend entziehen. Der VW-Konzern kam bei den Neuzulassungen auf ein Minus von 24,8 Prozent, für BMW ging es um 18,9 Prozent sowie für Daimler um 16 Prozent abwärts. Der französische PSA-Konzern mit Marken wie Peugeot, Citroen und Opel musste einen Rückgang um 28,3 Prozent hinnehmen. Während es für Renault um 15,7 Prozent bergab ging, kam der italienisch-amerikanische Autobauer Fiat Chrysler auf ein Minus von 28,4 Prozent.

Seit Jahresbeginn bezifferte sich das Minus bei den EU-Neuzulassungen den Angaben zufolge auf 38,1 Prozent: Insgesamt wurden 4,28 Millionen Pkw zugelassen. In den vier wichtigsten EU-Märkten verzeichnete das heftig von der Pandemie gebeutelte Spanien (minus 50,9 Prozent) den deutlichsten Einbruch im bisherigen Jahresverlauf, gefolgt von Italien (minus 46,1 Prozent) und Frankreich (minus 38,6 Prozent). In Deutschland sanken die Neuregistrierungen in den ersten sechs Monaten um 34,5 Prozent.

Zalando: Es läuft und läuft und läuft

Der Internet-Modehändler Zalando hat nach einem erfolgreichen zweiten Quartal seine Jahresprognose angehoben. Das Umsatzwachstum dürfte 2020 bei 15 bis 20 Prozent liegen, teilte das Unternehmen am Mittwochabend in Berlin mit. Anfang Mai hatte Zalando noch ein Ziel von 10 bis 20 Prozent ausgegeben. Das bereinigte Ebit (Ergebnis vor Zinsen und Steuern) soll nun 250 bis 300 Millionen Euro erreichen (zuvor: 100 bis 200).

Anleger reagierten erfreut. Der Aktienkurs von Zalando legte auf der Handelsplattform Tradegate in einer ersten Reaktion um fast vier Prozent zu.

Im zweiten Quartal lag das Umsatzwachstum der Mitteilung zufolge bei 26 bis 28 Prozent. Die Erlöse erreichten somit 2,01 bis 2,05 Milliarden Euro nach 1,60 Milliarden Euro im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Das bereinigte Ebit lag im gleichen Zeitraum zwischen 200 und 220 Millionen Euro (Q2 2019: 101,7 Millionen). Das endgültige Zahlenwerk will Zalando am 11. August vorlegen.

Kurz & knapp:

Nordex: Der Windkraftanlagenhersteller hat die Corona-Pandemie voll zu spüren bekommen. Zwischen April und Ende Juni bestellten Kunden 217 Windenergieanlagen für Projekte mit einer Leistung von zusammen 888 Megawatt, wie das Unternehmen am Donnerstag in Hamburg mitteilte. Im Vergleich zum Vorjahr ist dies ein Rückgang um 56 Prozent. Über die ersten sechs Monate ging der Auftragseingang im Bereich Projekte – ohne Servicegeschäfte – um 17 Prozent auf 2,5 Gigawatt zurück. „Die globale Wirtschaft wird weiterhin erheblich von der Corona-Pandemie beeinträchtigt, das trifft natürlich auch auf uns, unsere Kunden und Zulieferer zu“, sagte Unternehmenschef José Luis Blanco.

CTS Eventim:  Laut dem Ticketvermarkter und Veranstaltungsspezialisten hält eine Tochtergesellschaft – der Konzertveranstalter Barracuda – Einlagen bei der Commerzialbank Mattersburg im Burgenland AG, der durch die österreichische Finanzmarktaufsicht FMA die Fortführung des Geschäftsbetriebes untersagt wurde. Daher sei auch die Auszahlung der Einlagen der Tochter in Höhe von rund 34 Millionen Euro aktuell nicht möglich. Die genauen Auswirkungen ließen sind allerdings noch nicht beurteilen, hieß es von CTS Eventim weiter. Ob womöglich eine Einmalbelastung verbucht werden muss, ist also noch unklar.

Flatex: Die Corona-Krise hat dem Online-Broker im ersten Halbjahr Rekordzahlen beschert. Der Umsatz stieg im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nach vorläufigen Zahlen um 55 Prozent auf 100 Millionen Euro, wie das Unternehmen am Donnerstag in Frankfurt mitteilte. Unter dem Strich stand mit 22 Millionen Euro sogar mehr als zweieinhalb Mal so viel Gewinn wie ein Jahr zuvor. Dabei spielten dem Unternehmen nach früheren Angaben die Turbulenzen an den Aktienmärkten infolge der Coronavirus-Pandemie in die Karten – diese trieben die Aktivitäten der Kunden nach oben.

SNP: Der Softwareanbieter und IT-Berater hat sich mit einer Kapitalerhöhung frisches Geld für weiteres Wachstum verschafft. Insgesamt seien 610 000 neue Aktien zum Stückpreis von 46 Euro verkauft worden, teilte das Unternehmen am späten Mittwochabend mit. Insgesamt fließen SNP somit brutto 28 Millionen Euro zu. Der Schlusskurs im Xetra-Hauptgeschäft hatte bei 48,50 Euro gelegen. Früheren Angaben zufolge soll der Nettoemissionserlös aus der Kapitalerhöhung zum einen der Finanzierung der Wachstumsstrategie dienen und zum anderen zur Verbesserung der Eigenkapitalausstattung verwendet werden.

Wacker Neuson: Der Baumaschinenhersteller kommt offenbar besser durch die Corona-Krise als von Experten befürchtet. Im zweiten Quartal brachen zwar Umsatz und operatives Ergebnis im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein, Wacker Neuson verwies jedoch darauf, dass die Kennziffern oberhalb der durchschnittlichen Analystenschätzungen lägen, die für das Unternehmen erhoben worden seien. Während die Erlöse laut Mitteilung bei 386 Millionen Euro liegen dürften (Vorjahr: 517,2), rechnet der Baumaschinenhersteller beim Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) mit 21 bis 22 Millionen Euro, nach 55,2 Millionen Euro ein Jahr zuvor. Die entsprechende Marge wird zwischen 5,3 und 5,8 Prozent erwartet (Vorjahr: 10,7 Prozent).

Richemont: Der Umsatz des Luxusgüterkonzerns Richemont ist im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2020/2021 um fast die Hälfte eingebrochen. Die vielen Ladenschließungen in Folge der Corona-Krise sowie der Einbruch des Tourismus hätten zu prozentual zweistelligen Umsatzrückgängen in fast allen Regionen geführt. Mit 1,99 Milliarden Euro war der Konzernumsatz denn auch 47 Prozent niedriger als ein Jahr zuvor, wie der Hersteller von Luxusuhren wie Vacheron Constantin, Jaeger Le Coultre am Donnerstag in Genf mitteilte. Damit verfehlte das Unternehmen die mittlere Analystenschätzung. Allerdings war die Spanne der Prognosen breit, was darauf hinweist, wie schwierig die Folgen der Corona-Pandemie zu bewerten sind. Die Aktien fielen zum Handelsstart um rund 3 Prozent. Ausgenommen vom starken Rückgang der Erlöse war laut der Mitteilung unter anderem das Geschäft in China. Hier erzielte Richemont sogar ein Umsatzplus von 47 Prozent. Besonders betroffen waren hingegen die Regionen Europa mit minus 59 Prozent sowie Japan (minus 62 Prozent) und Amerika (minus 60 Prozent). Einen konkreten Ausblick für den weiteren Geschäftsverlauf gab Richemont wie üblich nicht ab.

Redaktion onvista / dpa-AFX

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