Stürzt mit Nahles die Groko und dann die Börse?

Jessica Schwarzer · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Nichts ist mehr sicher in Berlin. Die SPD ist führungslos, die CDU zumindest führungsschwach. Fraglich, ob die Große Koalition das überlebt. Doch was passiert im Fall der Fälle mit dem Dax?

Andrea Nahles kämpfte für die Große Koalition, als sie niemand gewollt hat. Und sie hat sich durchgesetzt. So richtig arrangiert haben sich mit dieser Regierung wohl die wenigsten Sozialdemokraten. Nun ist Nahles weg – zurückgetreten vom Amt der SPD-Parteichefin, zurückgetreten vom Amt der SPD-Fraktionsschefin im Bundestag, überhaupt hat sie ihre politische Laufbahn – inklusive Bundestagsmandat – für beendet erklärt. Und nun? Unsicherheit. Zumindest politisch. Die Börse interessiert dieses persönliche und parteipolitische Drama wenig. Noch. Oder nie?

Was, wenn die Groko zerbricht? Wenn die Gegner des Bündnisses mit CDU/CSU sich unter den Sozialdemokraten durchsetzen? Und von diesen Gegnern gibt es viele. Was ist dann? Mit Blick auf Dax & Co. stellt sich diese Frage wohl kaum. Denn auch das wird die Börse kaum interessieren. Ebenso wie die jüngste Europawahl. Auch Neuwahlen auf Bundesebene wären erstmal ein „Non Event“. Es sei denn, die Populisten am rechten und linken Rand würden extrem erstarken. Wenn AfD oder Linke mehrheitsfähig wären, eine Koalition ohne sie nicht mehr möglich wäre, dann würde es wohl schon ein wenig ruckeln an den Märkten. Aber nach der Europawahl rechnet damit aktuell wohl niemand.

Trotzdem wandelt sich die politisch Landschaft in Deutschland. Volksparteien auf Allzeittief oder doch zumindest in der Krise, schwierige Koalitionsverhandlungen – so sähe der nächste Wahlausgang wohl aus. Das würde den Dax aber kaum bewegen. Auch nach der letzten Bundestagswahl hielten sich die Ausschläge in Grenzen, waren eigentlich kaum zu spüren. Erst wurde Jamaika, also ein Bündnis zwischen den Unionsparteien, Grünen und FDP verhandelt. Nach dem Ende dieser Verhandlungen war es dann eine große Koalition, irgendwie von allen ungeliebt, aber wohl doch Wählerwille. Die Börse hat auch das wenig beeinflusst.

Mittlerweile ist die politische Stimmung eine andere. Aber auch das Ergebnis der Europawahl hat den Dax kaum reagieren lassen. Solange in Deutschland mehrheitlich diejenigen Parteien gewählt werden, die eher zur Mitte zählen, die Grundgesetz und Wirtschaftsordnung stützen, ist es der Börse egal, ob CDU, Gründe oder irgendwann vielleicht mal wieder die SPD die Regierung führen.

Es heißt nicht umsonst: Politische Börsen haben kurze Beine. Wahlergebnisse beeinflussen die Kurse eben nur kurz. Es sein denn, es ändert sich das wirtschaftliche Umfeld massiv. Das ist übrigens – ganz ohne Wahlen – nach der dreifachen Katastrophe von Fokushima passiert. Damals verkündete Bundeskanzlerin Angela Merkel den schnellen Atomausstieg und die Geschäftsmodelle von Eon, RWE und Co. erodierten. Das waren politische Börsen mit sehr langen Beinen. Doch das passiert selten. Auch die Geldpolitik von der US-Notenbank Fed und der EZB beeinflusst die Märkte massiv, ebenso wie der Handelskonflikt zwischen den USA und China und die drohenden Autozölle.

Aber eine platzende Regierungskoalition und eine Bundestagswahl haben wohl kaum das Zeug dazu. Solange Deutschland nämlich ein stabiler und verlässlicher Partner in Europa bleibt, müssen Anleger sich keine Sorgen machen. Ändert sich das, weil sich die politischen Vorzeichen in Deutschland massiv verändern, sieht es sicher anders aus. Doch das ist zumindest aktuell nicht zu befürchten.

Titelfoto: vlastas / Shutterstock.com

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