Lichtblick bei deutschen Exporten - "Aber alles andere als berauschend"

Berlin (Reuters) - Die deutschen Exporteure spüren weiter etwas Aufwind.
Die Ausfuhren stiegen im April um 1,6 Prozent zum Vormonat auf 136,5 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Dies ist der dritte Anstieg seit Jahresanfang und der kräftigste seit Januar. Ökonomen hatten nur mit einem Wachstum von 1,1 Prozent gerechnet. "Das Plus bei den Exporten ist zwar ein Lichtblick, ist aber angesichts des dürftigen Jahresverlaufs alles andere als berauschend", sagte Außenwirtschaftschef Volker Treier von der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK). "Die internationale Wettbewerbsposition der Unternehmen ist angekratzt." Die Nachfrage aus China bleibe zu schwach.
Das Exportgeschäft mit den EU-Mitgliedstaaten kletterte im April um 1,2 Prozent auf 74,1 Milliarden Euro, im Handel mit Euro-Partnern gab es ein Plus von 1,8 Prozent. Wichtigster Zielmarkt für Waren "Made in Germany" bleiben die USA. Dorthin wurden Waren im Wert von 14,2 Milliarden Euro geliefert - kalender- und saisonbereinigt 1,2 Prozent weniger als im März 2024. Die Exporte nach China stiegen um 0,8 Prozent auf 8,4 Milliarden Euro und die nach Großbritannien kletterten um 15,4 Prozent auf 7,4 Milliarden Euro.
"Noch immer können aufgrund der Lieferschwierigkeiten liegengebliebene Aufträge in den Versand gegeben werden", sagte Chefökonom Thomas Gitzel von der VP Bank. Der Auftragsbestand sei noch immer verhältnismäßig hoch. "Dies erklärt, warum die Exporte trotz der schwachen Auftragseingänge noch immer robust wachsen." Dennoch steht bei den gesamten Ausfuhren nach den ersten vier Monaten 2024 ein Minus von 0,3 Prozent binnen Jahresfrist zu Buche. Die Exporte nach Russland brachen um fast 26 Prozent ein.
"NICHT HÜ UND NICHT HOTT – WIRTSCHAFT TRITT AUF DER STELLE"
Die Importe legten im April um 2,0 Prozent zu, auf 114,5 Milliarden Euro. Hier waren Beobachter von plus 0,6 Prozent ausgegangen. Die Stimmung in der deutschen Exportindustrie hat sich laut dem Münchner Ifo-Institut zuletzt aufgehellt. Die Exporterwartungen stiegen im Mai auf plus 0,3 Punkte, von minus 1,5 Punkten im April. "Positive und negative Antworten gleichen sich fast aus", sagte Umfrageleiter Klaus Wohlrabe jüngst. Die Exportwirtschaft entwickele insgesamt noch keine große Dynamik.
Auch die gesamte deutsche Konjunktur kommt nur langsam aus der Krise. "Nicht Hü und nicht Hott – die deutsche Wirtschaft tritt weiter auf der Stelle", sagte DIHK-Experte Treier. "Eine schwache Binnenkonjunktur und strukturelle Probleme wie Personalengpässe, hohe Kosten und bürokratische Hürden bremsen die Industrie aus." Auch LBBW-Fachmann Jens-Oliver Niklasch rechnet nur mit einer allmählichen Belebung und weiteren Rückschlägen. "Das zweite Quartal wird eher einen Tick schlechter gelaufen sein als das erste Quartal." Anfang 2024 hatte das Bruttoinlandsprodukt um 0,2 Prozent zugelegt, während die Wirtschaft Ende 2023 noch um 0,5 Prozent geschrumpft war.
Belastet vom kriselnden Bausektor sank derweil die Produktion deutscher Unternehmen im April weiter. Industrie, Bau und Energieversorger stellten zusammen 0,1 Prozent weniger her als im Vormonat, wie das Statistikamt erklärte. Fachleute hatten mit einem Plus von 0,3 Prozent gerechnet.
(Bericht von Klaus Lauer, redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)