Regierung fürchtet weiteres Rezessionsjahr - 2025 soll Wende bringen

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- von Christian Krämer

Berlin (Reuters) - Die Bundesregierung rechnet 2024 mit einem weiteren Rezessionsjahr.

"Der Aufschwung verzögert sich also ein weiteres Mal", sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck am Mittwoch in Berlin. Deutschland müsse sich aus dem Problem herauskämpfen. Dieses Jahr dürfte das Bruttoinlandsprodukt um 0,2 Prozent schrumpfen und nicht wie bisher erwartet um 0,3 Prozent zulegen. 2023 hatte es bereits ein Minus von 0,3 Prozent gegeben.

Die Wirtschaft forderte einen Befreiungsschlag und sparte nicht mit Kritik. "Zwei Rezessionsjahre in Folge gab es in Deutschland bislang nur einmal. Das war 2002 und 2003, während der letzten Strukturkrise", sagte Martin Wansleben von der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK). "Faktisch tritt die Wirtschaftsleistung seit fünf Jahren auf der Stelle." Das Bruttoinlandsprodukt liege gerade mal einen halben Prozentpunkt über dem Wert vor der Corona-Pandemie. "Die Investitionen haben noch nicht einmal das Niveau von 2019 erreicht."

Nach den Rezessionen 2002 und 2003 reagierte die damalige rot-grüne Regierung mit umfassenden Arbeitsmarktreformen, die Experten zufolge die Wende einleiteten. Damals habe es eine vergleichbare Verunsicherung und auch eine ähnlich hohe Sparquote der Verbraucher gegeben, sagte Habeck. Er räumte auch ein, dass die Ampel-Regierung mit ihren häufigen Streitigkeiten dazu beigetragen habe. "Das wäre nicht zu leugnen."

Der Verband der Familienunternehmer forderte, die Unternehmenssteuern müssten gesenkt, die Energiepolitik neu aufgestellt und die Sozialversicherungen reformiert werden. "Keine andere Industrienation steckt in der Rezession fest, dieser Niedergang ist hausgemacht", so Verbands-Präsidentin Marie-Christine Ostermann. Die Habeck-Bilanz sei größtenteils desaströs. Er dürfe nicht schweigen zu der "Explosion der Lohnzusatzkosten", also steigenden Beitragssätzen in der Pflegeversicherung und für das Rentensystem.

TRENDWENDE 2025?

Habeck sagte, ab Anfang 2025 sei angesichts steigender Löhne und wieder normalerer Inflationsraten Besserung in Sicht. Die Regierung müsse ihre Wachstumsinitiative - 49 Einzelmaßnahmen zur Stärkung des Standorts - konsequent umsetzen. Ideal wäre ein Schulterschluss mit der Union als größten Oppositionspartei, um stärker an einem Strang zu ziehen und weitergehende Maßnahmen auch im Bundesrat durchzubekommen. Man dürfe aber Zweifel haben, dass dies gelingen werde. Die Wachstumsinitiative, zu der etwa verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten und mehr Arbeitsanreize gehören, werde sich positiv auswirken. Ein größerer Effekt wäre aber wünschenswert. Beim Wachstumschancengesetz waren die geplanten Entlastungen für die Wirtschaft durch Unions-geführte Länder im Bundesrat verringert worden, um die Haushalte der Länder zu schonen.

Für 2025 und 2026 rechnet die Bundesregierung nun mit Wachstumsraten von 1,1 und 1,6 Prozent. Bis dahin dürfte die aktuelle Schwächephase noch anhalten. Danach sollen sich auch steuerliche Entlastungen und die Maßnahmen der Regierung zur Standortstärkung auszahlen. Der private Konsum dürfte dieses Jahr nur leicht zulegen, 2025 und 2026 dann stärker. Die Exporte dürften dieses Jahr erneut leicht zurückgehen, 2025 und 2026 dann aber wieder klar steigen. Habeck sagte, es sei dieses Jahr mit durchschnittlichen Lohnabschlüssen von fünf Prozent zu rechnen, nächstes Jahr dann noch von mehr als drei Prozent.

Die Inflationsrate wird sich in Deutschland den neuen Prognosen zufolge um die von der EZB angestrebten Marke von zwei Prozent einpendeln. 2023 waren die Verbraucherpreise noch ungewöhnlich kräftig um 5,9 Prozent gestiegen. Sorgen bereitet weiterhin die Lage am Bau. Hier rechnet die Regierung erst 2026 wieder mit steigenden Anlageinvestitionen, nach einem wohl sehr schwachen Jahr 2024 und einer Stabilisierung 2025.

Die Bundesregierung brachte am Mittwoch ein weiteres Paket zum Abbau von Bürokratie auf den Weg. "Zum Beispiel erleichtern wir die digitale Rechnungsstellung von Steuerberatern", sagte Justizminister Marco Buschmann (FDP). Zusammen mit anderen Maßnahmen zur stärkeren Digitalisierung und zum Abbau von Mitteilungspflichten werde die Wirtschaft so pro Jahr um 420 Millionen Euro entlastet.

(Mitarbeit von Maria Martinez. Redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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