Europas Anleger fassen nach starken Firmenbilanzen wieder Mut

Frankfurt (Reuters) - Ermutigt von starken Firmenbilanzen sind die Anleger am Donnerstag an die europäischen Aktienmärkte zurückgekehrt.
Der Dax etablierte sich über der psychologisch wichtigen Marke von 19.000 Punkten, die er am Dienstag unterschritten hatte, und lag am Vormittag 1,1 Prozent im Plus bei 19.215 Punkten. Der EuroStoxx50 gewann 1,2 Prozent auf 4794 Zähler.
Anleger blendeten die jüngsten Belastungsfaktoren angesichts erfreulicher Zahlen von Großkonzernen wie Siemens, Deutsche Telekom und ASML aus. Die Angst der Anleger in Europa vor einer restriktiven Handelspolitik in der neuen Amtszeit des künftigen US-Präsidenten Donald Trump hatte den Börsen zuletzt zugesetzt.
ROHSTOFFPREISE FALLEN - NOTENBANKEN IM BLICK
Spekulationen auf eine sinkende Nachfrage aus China und ein steigender Dollar belasteten die Rohstoffpreise. Die Industriemetalle Kupfer und Zink verbilligten sich um 1,9 Prozent. Die Ankündigungen der Führung in Peking für den angeschlagenen Immobilien-Sektor reichten den Anlegern nicht aus. Angesichts der Zolldrohungen Trumps dürfte China mit weiteren Konjunkturpaketen abwarten wollen, sagte Deutsche-Bank-Chefanlagestratege Ulrich Stephan. Hinweise zur Agenda 2025 dürfte die jährliche zentrale Wirtschaftsarbeitskonferenz im Dezember geben. Gold fiel um 1,1 Prozent auf 2545 Dollar je Feinunze. Der US-Dollar legte weiter zu, was Gold für ausländische Käufer teurer machte. Der Dollar-Index stieg um 0,5 Prozent auf ein Ein-Jahres-Hoch von 107 Punkten.
Ökonomen sind der Ansicht, dass Trumps Handelspläne die Inflation anheizen und den Zinssenkungszyklus der US-Notenbank möglicherweise verlangsamen könnten. Anleger warteten deswegen gespannt auf eine Rede von Fed-Chef Jerome Powell im texanischen Dallas. Zudem legt die Europäische Zentralbank (EZB) die Protokolle ihrer Sitzung im Oktober vor. Damals hatten die Währungshüter um EZB-Chefin Christine Lagarde die dritte Zinssenkung im laufenden Jahr vollzogen.
SIEMENS AUF REKORDHOCH
Klarer Favorit im Dax waren die Papiere von Siemens, die bis zu neun Prozent auf ein Rekordhoch von 195,50 Euro zulegten. Das vierte Quartal lief besser als befürchtet: Der Industriegewinn schrumpfte zwar um sieben Prozent auf 3,12 Milliarden Euro und lag damit aber über der Konsensprognose der Analysten von 3,0 Milliarden Euro. Der Aktienkurs profitiere von "einem starken vierten Quartal, einem soliden Ausblick und einem viel besser als erwarteten Dividendenvorschlag", sagte Analyst Simon Toennessen von der Investmentbank Jefferies.
Auch bei der Deutschen Telekom zeigten sich die Anleger mehr als zufrieden. Die Papiere kletterten um 3,7 Prozent auf 28,87 Euro. Damit standen sie so hoch wie seit mehr als 23 Jahren nicht mehr. Die Investitionen in die Infrastruktur zahlen sich für den Konzern aus. Das Gewinnziel für 2024 wurde leicht angehoben. Für gute Stimmung im Technologiesektor sorgte ein Kurssprung von ASML um 4,4 Prozent in Amsterdam. Der europäische Branchenindex gewann 1,8 Prozent. Durch einen anhaltend hohen Bedarf an Maschinen zur Produktion hochmoderner Computerchips verspricht sich der niederländische Konzern ein kräftiges Wachstum.
Ebenfalls gut an kamen die Sanierungspläne von Burberry. Die Aktien des britischen Luxushändlers legten in London 14,7 Prozent zu. Der Konzern will nach einem Verlust in der ersten Hälfte seines Geschäftsjahres die Trendwende mit einem neu gesetzten Fokus auf zeitlose Klassiker wie seine berühmten Trenchcoats schaffen.
Die Aktien des hessischen Solartechnikunternehmens SMA Solar brachen nach einer Prognosesenkung für 2024 um bis zu 20,8 Prozent ein. "SMA kämpft, um zu überleben, da die Konkurrenz aus China brutal ist", sagte ein Händler.
(Bericht von Anika Ross, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)