Deutsche Bank und Commerzbank weiter im Aufwind ++ Gerry Weber hat immer noch Probleme ++ Anleger bleiben vor EZB-Entscheid zurückhaltend

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Die asiatischen Börsen haben sich eindeutig mehr über ein Entspannungssignal im Handelsstreit zwischen den USA und China gefreut. An der Wall Street zogen die Kurse zwar nach Bekanntgabe der Nachricht an, allerdings konnten die US-Indizes die zunächst gute Stimmung nicht bis zum Handelsende aufrecht erhalten. Der Dow Jones gab fast alle Gewinne wieder ab.

Der Wirtschaftsberater von Präsident Donald Trump, Larry Kudlow, bestätigte, dass die USA eine chinesische Delegation zu weiteren Gesprächen zur Lösung des Streits eingeladen hätten. US-Finanzminister Steven Mnuchin habe neue Handelsgespräche mit China vorgeschlagen. Es gebe Informationen, wonach die Spitze der chinesischen Regierung Gespräche führen wolle, sagte Kudlow am Mittwoch dem Sender Fox Business: „Ich glaube immer, dass Gespräche in den meisten Fällen besser sind als nicht zu sprechen, also sehe ich das als ein Plus an.“

Der deutsche Leitindex freute sich über die neuen Gespräche und sprang kurz vor Handelsende noch über die Marke von 12.000 Punkten. Mit der Freude scheint es heute aber schon wieder vorbei zu sein. Heute steht die EZB-Zinsentscheidung an. Vorher möchten sich die Anleger wohl nicht zu weit aus dem Fenster lehnen.

Große Überraschungen dürfte Mario Draghi allerdings nicht parat haben. Er dürfte sich weiterhin in ganz kleinen Schritten auf eine Normalisierung der Geldpolitik zubewegen. Volkswirte erwarten, dass die Währungshüter ihren Ankündigungen aus dem Juni Taten folgen lassen und das Volumen der umstrittenen Anleihenkäufe von Oktober an auf 15 Milliarden Euro pro Monat halbieren werden.

Ein Ende des, vor allem in Deutschland, umstrittenen Programms zum Erwerb von Staats- und Unternehmensanleihen peilt die Notenbank zum Jahresende 2018 an. Die Phase ultraniedriger Zinsen soll „mindestens über den Sommer 2019“ andauern – so lautet die aktuelle Sprachregelung des EZB-Rates. Daran dürfte sich nach Einschätzung von Volkswirten auch nichts ändern, wenn das höchste Entscheidungsgremium der EZB am Donnerstag in Frankfurt berät.

Die Ergebnisse der Sitzung des EZB-Rates werden am frühen Donnerstagnachmittag veröffentlicht. Bis dahin dürfte der DAX so gut wie auf der Stelle treten. Das tut er ja auch schon zum Handelsstart. Mit 12.034,13 startet er mit einem Plus von 0,02 Prozent in den Handelstag.

Deutsche Banken weiterhin im Fokus

Die Nachrichtenlage für beide deutschen Geldhäuser bleibt weiterhin positiv. Nachdem Gerüchte über einen Ausstieg des chinesischen Großinvestor HNA zunächst auf den Kurs gedrückt hatten, sorgen jetzt neue Gerüchte für eine Belebung des Kurses. Ein chinesischer Staatsfonds und andere Großanleger haben laut einem Pressebericht Interesse an der Deutsche-Bank-Beteiligung des klammen chinesischen Mischkonzerns HNA bekundet. HNA habe deshalb Kontakt mit dem Staatsfonds China Investment Corporation gehabt, ebenso mit den Finanzkonzernen Citic Group, China Merchants Group und China Everbright Group, berichtete das „Wall Street Journal“ unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen. Auch aus Europa und den USA habe es Interesse gegeben.

Die Commerzbank profitiert heute von einer Kaufempfehlung der UBS. Die Schweizer Großbank hat das Finanzinstitut nach dem massiven Kursrutsch im Jahresverlauf von „Neutral“ auf „Buy“ hochgestuft und das Kursziel auf 10,20 Euro belassen. Das aktuelle Bewertungsniveau reflektiere lediglich die derzeitige Rendite auf das materielle Eigenkapital, schrieb Analyst Daniele Brupbacher in einer Studie. Die Aussicht auf steigende Langfristzinsen und Kostenvorteile würden neben anderen Chancen vernachlässigt.

Während die Deutsche Bank nur leicht zulegt, startet die Aktie der Commerzbank mit einem Plus von 1,2 Prozent in den Handelstag.

Gerry Weber bleibt ein Problemfall

Der Modehändler hat in den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres 2017/18 einen Konzernumsatz in Höhe von 575,1 Millionen Euro erzielt und liegt damit -7,3 Prozent unter dem Vorjahr. Laut Unternehmensangaben waren dafür eine ganze Menge an Gründen ursächlich. Wie zum Beispiel die anhaltende Strukturschwäche im deutschen und europäischen stationären Textilhandel, der überaus heiße Sommer, Nachlaufeffekte aus den Standortschließungen im Zusammenhang mit dem abgeschlossenen Programm FIT4GROWTH sowie geplante Anpassungen im Zuge der Umstellung des GERRY WEBER-Geschäftsmodells durch das im Juni angekündigte Performance-Programm. Die deutlichen Umsatzeinbußen hat sich auch auf die Ergebnisentwicklung ausgewirkt. So gab das Konzernergebnis vor Abschreibungen, Zinsen und Steuern (EBITDA) nach neun Monaten bereinigt um etwa 14 Prozent ab auf 31,0 Millionen Euro.  Das bereinigte operative Ergebnis (EBIT) fiel ins Minus auf -1,6 Millionen Euro nach einem Plus von 2,3 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum. In den aktuellen Ergebniszahlen sind jeweils planmäßige Einmalaufwendungen in Höhe von rund 7 bzw. rund 8 Millionen Euro aus dem Performance-Programm nicht enthalten.

Dann wäre die Zahlen noch ein Stück schlechte ausgefallen. Bei Gerry Weber wird nach den Zahlen zum dritten Quartal erneut umgedacht, da die bislang eingeleiteten Masnahmen nicht zu greifen scheinen. „Wir verändern gerade unsere Denk- und Arbeitsweise grundlegend - ohne Tabus“, sagte Ralf Weber, Vorstandsvorsitzender der Gerry Weber AG. Wir werden sehen wann ein Umdenken der Anleger einsetzt.

Kurz und knapp:

Bayer: Kein Tag ohne neue Analystenmeinung zu den Leverkusenern. Heute hat die Privatbank Berenberg hat das Kursziel für Bayer von 113 auf 107 Euro gesenkt, die Einstufung aber auf „Buy“ belassen. Die Leverkusener hätten zuletzt mit ihrem Ausblick für 2018 enttäuscht, schrieb Analyst Alistair Campbell in einer am Donnerstag vorliegenden Studie. Er passte seine Schätzungen nach unten an. Nun komme es auf die Ziele für das kommende Jahr an, die allerdings noch auf sich warten lassen dürften. Die Aktie hält Campbell aber weiter für deutlich unterbewertet.

Continental: Die britische Investmentbank HSBC hat das Kursziel für den Automobilzulieferer von 225 auf 170 Euro gesenkt, die Einstufung aber auf „Hold“ belassen. Analyst Henning Cosman kürzte in einer am Donnerstag vorliegenden Studie seine Schätzungen für das bereinigte operative Ergebnis (Ebit) bis 2020 infolge der jüngsten Gewinnwarnung. Der Autozulieferer und Reifenhersteller sei niedrig bewertet, aber es fehlten die Kurstreiber.

Delivery Hero: Der Betreiber von Plattformen zur Essensbestellung veröffentlich heute sein Zahlenwerk mit einer neuen Formulierung: Die Umsatzerlöse stiegen um 47,7 Prozent like-for-like auf 356,9 Millionen Euro und bereinigt um Währungseffekte um 60,5 Prozent. Die bereinigte EBITDA-Marge lag bei -15,4 Prozent übereinstimmend mit vorhergehender Veröffentlichung und im Rahmen der Erwartungen des Managements.

Die „Like-for-like“-Zahlen beinhalten nicht die Ergebnisse aus dem verkauften Geschäft in Indien. Weitere Zahlen liefert Delivery Hero heute in der Pressemitteilung nicht. Nur noch einen positiven Ausblick. „Wir sind sehr zufrieden mit dem Start des dritten Quartals“, sagte Unternehmenschef Niklas Östberg am Donnerstag bei der Vorlage der Zahlen für das erste Halbjahr.

Die Anleger sind mit den Zahlen nicht zufrieden. Die Aktie liefert ein Minus von fast 5 Prozent.

Von Markus Weingran

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